Heinrich IV.,

italienisch Enrico IV., König (seit 1056), Kaiser (seit 1084), * Goslar (?) 11. 11. 1050, † Lüttich 7. 8. 1106, Sohn von 3), Vater von 5); 1054 zum König gewählt. Für ihn regierte nach dem Tod des Vaters (1056) zunächst seine Mutter Agnes von Poitou. Sie gab die Herzogtümer Schwaben an Rudolf von Rheinfelden, Kärnten an Berthold II. von Zähringen, Bayern an Otto von Northeim, die bald die gefährlichsten Gegner des Königtums wurden. 1062 erzwang Erzbischof Anno II. von Köln mit der Entführung des Königs einen Regentenwechsel. Die Fürsten regierten das Reich, neben Anno v. a. Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen (1066 gestürzt).
Beim Versuch, die zerrüttete Königsmacht wiederherzustellen, den Heinrich in Sachsen ansetzte, erlitt er Rückschläge. Er musste 1073 aus der Harzburg fliehen und im Vertrag von Gerstungen 1074 der Schleifung der Harzburgen durch die aufständischen Sachsen zustimmen. Mithilfe der süddeutschen Fürsten warf er in der Schlacht bei Homburg an der Unstrut (13. 6. 1075) die Sachsen nieder.

In Italien hatte das Reformpapsttum durch die verfallene Reichsautorität an Einfluss gewonnen. Über die Besetzung des Mailänder Erzbistums geriet Heinrich 1073 mit Papst Alexander II. in Konflikt. Nach kurzfristiger Annäherung Heinrichs an Alexanders Nachfolger Gregor VII., verursacht durch die sächsischen Unruhen, geriet ihr Verhältnis wegen Mailand und der Politik Gregors gegenüber den deutschen Reichsbischöfen in eine offene Krise. Gregor drohte Heinrich mit Absetzung, Heinrich seinerseits ließ Gregor durch eine Synode (Worms, 24. 1. 1076) absetzen, worauf Gregor ihn bannte und Heinrichs Untertanen vom Treueid entband (15. 2.; erste Absetzung eines Römischen Königs durch den Papst). Fürsten und Bischöfe verließen im ® Investiturstreit den König und beschlossen in Trebur (Oktober 1076) seine Absetzung, wenn er sich nicht mit der Kirche aussöhnte. Um die Verbindung zwischen Fürsten und Papst zu verhindern, ging Heinrich nach Italien und erzwang in ® Canossa die Lösung vom Bann (27. 1. 1077, konnte zwar die Wahl des schwäbischen Herzogs Rudolf von Rheinfelden zum Gegenkönig nicht verhindern (15. 3. 1077), vermochte sich jedoch gegen ihn und dessen Nachfolger Hermann von Salm (gewählt 1081) zu behaupten. Gregor bannte ihn März 1080 erneut, worauf Heinrich den Papst absetzen und Erzbischof Wibert von Ravenna als Klemens III. wählen ließ (Juni 1080). Heinrich zog 1081 nach Italien, besetzte Rom 1084 und ließ sich Ostern 1084 zum Kaiser krönen, musste aber alsbald vor den Normannen weichen.

Seit 1090 war Heinrich erneut in Italien. Eine deutsch-italienische Koalition stellte ihm seinen Sohn Konrad als Gegenkönig entgegen und sperrte ihm 1093—97 den Rückweg nach Deutschland. Nach seiner Rückkehr ließ er 1098 Konrad ächten und seinen zweiten Sohn (Heinrich V.) zum König wählen. Die Aussöhnung mit der Kirche blieb unerreichbar, weil Heinrich an der Verfügung über die Reichsbistümer festhielt. 1104 erhob sich auch Heinrich (V.) gegen ihn, nahm ihn gefangen und erzwang im Dezember 1105 die Abdankung. Im Februar 1106 entkam der Kaiser, starb aber, im Begriff, den Kampf gegen den Sohn aufzunehmen. Erst nach der Lösung vom Bann wurde er 1111 im Dom zu Speyer bestattet.

Literarische Behandlung: Seit dem Antiklerikalismus des Vormärz wurden v. a. die Spannungen zwischen Kaiser und Papst und der 'Gang nach Canossa' thematisiert (F. Rückert, 'Kaiser Heinrich IV.', 1844, Drama; F. von Saar, 'Kaiser Heinrich IV. Ein deutsches Trauerspiel', 2 Teile, 1865—67; E. von Wildenbruch, 'Heinrich und Heinrichs Geschlecht', 1895, Drama; P. Ernst, 'Canossa', 1908, Drama; L. Pirandello, 'Enrico IV.', 1922).

Literatur:


Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., übersetzt von F. Schmale (31974);
J. Vogel: Gregor VII. und Heinrich IV. nach Canossa (1983);
E. Boshof: Heinrich IV. Herrscher an einer Zeitwende, herausgegeben von G. Franz (21990).

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