Die älteste geschichtliche Nachricht von dem Grenzwaldstück zwischen Böhmen und Mähren, auf dem später der Schönhengstgau entstehen sollte, bringt der Chronist und Prager Domdechant Cosmas zum Jahre 981. Er weiß zu berichten, dass damals der Fürst Slavnik gestorben ist (Vater des hl. Adalbert, des 2. Prager Bischofs). - Sein Herrschaftsbereich erstreckte sich über das östliche Böhmen und reichte bis zum Bächlein Zwitta (Svitava) in der Mitte des Grenzwaldes.- Die Grenzburg seines Reiches war die hier unter dem Walde gelegene Burg Luthomisl (Leitomischl). Er nennt "Die unter dem Wald liegende Burg Leitomischl". Mit dieser Angabe steigt der Grenzwald vor uns auf, in dem nach Cosmas die Zwitta die Mitte des Waldes bildete. Die Burg Leitomischl bewachte das Landestor. Nach seinem Tode fiel sein Besitztum an die Premysliden. Schon im 1. Jahrtausend unserer Zeitrechnung wurde der dichte Grenzwald von zwei wichtigen Handelswegen durchquert, die von Mähren nach Böhmen führten. Nach geschichtlichen Quellen führte von der Burg und Maut Wratislav, dem späteren Hohenmauth (heute: Vysoke Myto), ein Handelsweg nach Süden. Der nach dem Dorf Strenitz benannte Trstenicer Steig verzweigte in zwei Wege, von denen der eine nach Ölmütz, der andere nach Brünn führte. Er verlief durch das Zwittatal, Stangendorf, Karlsbrunn, Hopfendorf, Strenitz, Leitomischl und weiter nach Prag. Wo heute Strenitz liegt, mag eine Mautstation und das Landestor gewesen sein.

Im Bereich des Grenzwaldes verlief ein Stück der europäischen Hauptwasserscheide. Das von Urwald bedeckte Bergland war mit Sümpfen und Morasten durchsetzt, ein Umstand der die Unwirtlichkeit und Durchquerung noch erschwerte. Zu einem intensiven Landesausbau ist es bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts im Grenzwald nicht gekommen, weil er aus militärischen Gründen nicht gerodet werden durfte.
In den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts gaben die böhmischen Könige den lang gehüteten Grenzwald zwischen Böhmen und Mähren am Osstor der böhmischen Festung deutschen Siedlern zur Rodung frei, da Böhmen und Mähren 1029 politisch vereinigt worden war. Die Grenze war durch den Grenzwald leichter zu verteidigen gewesen, da man die schmale Pfade gut überwachen und gegebenenfals sehr gut durch Holzverhaue gegen anrückende Streitkräfte verteidigen konnte
In dem damals von Siedlungen weitgehend freien Waldgebiet dürften die bereits erwähnten Wege (Trstenicer Steig), die durch den Wald führten, eine wichtige Rolle gespielt haben. Sie waren die Leit- und Richtlinien, auf denen um die Mitte des 13. Jahrhunderts die deutschen Siedler in den Wald vordrangen.

Die Kolonisation hat sich friedlich vollzogen. Die deutschen Siedler waren von premyslidischen Königen, Fürsten und von Bischöfen ins Land gerufen worden. Es handelt sich also um Landgabe durch Könige, Fürsten, Klöster und Grundherren an deutsche Siedler und nicht um Landnahme durch die Deutschen. In harter Arbeit übernahmen sie die Urbarmachung und Erschließung des ihnen zugeteilten Landes.
Es war eine Rodung aus wilder oder grüner Wurzel.

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Geschichte der Stadt Zwittau

„Vor dem 13. Jahrhundert gab es in Mähren wenig Städte im heutigen Sinne des Wortes” wie Carl Lick in seinem Buch "Zur Geschichte der Stadt Zwittau und ihrer Umgebung" ausführt. „Weite Landstrecken waren unbewohnt und Ackerbau und Viehzucht, die nahezu einzigen Erwerbsquellen der Bewohner, wurden ausschließlich in den fruchtbaren Ebenen des flachen Landes ausgeübt. Die Bauern, die in den Dorfansiedlungen des Flachlandes wohnten, waren ebenso unfrei wie die Bewohner der Burgflecken, die in gewissem Sinne unsere heutigen Städte vertraten. Im Grunde genommen waren aber auch diese Burgflecken nichts anderes, als Dorfansiedlungen, die um die befestigten Punkte des Landes, die Burgen herum, entstanden und in welchen sich, angelockt durch die Sicherheit, welche die Burg gewährte, einzelne Handelsleute, Handwerker u.s.w. niederließen. In den Burgen saßen die die landesherrlichen Beamten, die Burgverweser oder Kastellane und diese drückten das Volk in unerhörter Weise. Da vonden Geldstrafen, die sie in Ausübung der landesherrlichen Gewalt den Untergebenen auferlegten, ein bestimmter Antheil in ihre eigenen Taschen floss, so hatten die Kastellane natürlicherweise das größte Interesse daran, recht oft und recht ausgiebig mit Geldstrafen vorzugehe. Eine derartige Handhabung des landesherrlichen Hoheitsrechtes musste zu den größten Grausamkeiten führen und es ereigntete sich gar nicht selten der Fall, dass die Unterthanen, da sie sich anders nicht zu helfen mwussten, einfach davonliefen und einen ganze Dorfansiedlung im Stich ließen. So schenkte, um ein Beispiel aus unserer Nähe anzuführen, König Wladislaw II. dem Leitomischler Kloster ein Dorf, bezüglich dessen es in der Schenkungsurkunde vom Jahre 1167 heißt, dass ’die Untergebenen enliefen, weil sie die Gewaltthätigkeiten der Kastellane nicht mehr ertragen konnten.’ Der Landesherr wusste also ganz gut, was vorging im Lande, allein er war zu schwach, Abhilfe zu schaffen. Die Macht des Adels, dem ja die Hofbeamten nahezu ausnahmslos angehörten, war bereits derart angewachsen, dass sie selbst dem Königthume gefährlich wurde. Dass unter solchen Verhältnissen die Unzufriedenheit im Lande immer größer wurde, liegt auf der Hand und nehmen wir dazu, das infolge des Mongolen-Sturmes (1241) weite, ehedem wohl bebaute Landgebiete verwüstet und die Bewohner vertrieben oder getötet waren, so haben wir in großen Zügen ein Bild von Verhältnissen, wie sie innerhalb größerer Zeitabschnitte sich herauszubuilden pflegen und die gebietersich eine Neuordnung der Dinge verlangen. Diese Neuordnung erfolgte auch in einer Weise, die einem vollständigen Umschwunge in den bestehenden Verhältnisse gleichkam und auf die weitere Entwicklung des Landes Mähren den nachhaltigsten Einfluss ausübte. Schon früher hatten einzelne mährische Herrscher es versucht, durch arbeitstüchtige und ackerbaukundige d e u t s c h e Colonisten dem Lande in vermehrtem Maße ein neues, lebenskräftiges Element zuzuführen und so auf die hebung des allgemeinen Wohlstandes hinzuarbeiten. In ausgiebigerem Maße und mit dem größten Ergolge wurde jedoch dieses Mittel erst von König Ottokar II. angewendet, dem es sich allerdings zunächst darum handelte, sich in einem kräftigen, wohlhabenden und selbstbewussten Bürgerstand eine verlässliche Stütze gegenüber dem immer übermüthiger sich geberdenden Adel zu schaffen, und der daher das hauptgewicht auf die Anlegung von S t ä d t e n nach deutschem Vorbild und unter ausdrücklicher Verleihung des deutschen Rechtes legte. Gerade die Einführung des deutschen Rechtes in den neu gegründeten Städten und Ansiedlungen war es in erster Reihe, die den Umschwung in den Bestehenden Verhältnissen herbeiführte. Es setzte nämlich an die Stelle der bisherigen persönlichen Unfreiheit ein geregeltes Besitzverhältnis und gewährleistete den einzelnen Gemeinden unter frei gewählten Richtern eine Bewegungsfreiheit, die der bisherigen slavischen Rechtsform vollständig fremd war. In den auf diese Art angelegten Städten brachten deutsche Ansiedler Handel und Gewerbe in kürzester Zeit zu nie geahnter Blüte und so entstand in den Stadtbewohnern ein, in den gesellschaftlichen Verhältnissen des Landes bisher unbekannter n e u e r Machtfaktor, ein freier und selbstbewusster, in Kern und Wesen deutscher Bürgerstand. Dieser Zeit und diesen eben geschilderten Verhältnissen verdanken ihr Entstehen u.A. die Städte P o l i t s c h k a (angelegt im Jahre 1256) durch Conrad von Löwendorf), H o h e n m a u t h,  W i l h e l m s w e r t (das heutige Wildenschwert), B ö h m i s c h T r ü b a u,  L a n d s k r o n und auf mährischer Seite G e w i t s c h, und eben dieser Zeit verdankt auch das heutige Z w i tt a u seine Entstehung.
Es konnte nicht fehlen, dass das Beispiel, welches Ottokar zunächst in seinen königlichen Städten gab, auch bei größeren Grundherren, in deren Besitz sich ausgedehnte, bisher aber wenig oder gar nicht ausgenützte Landgebiete befanden, in der Richtung Nachahmung fand, dass man daran gieng (sid), diese Landgebiete planmäßig zu colonisieren und diesem Behufe mit tüchtigen A c k e r b a u e r n zu besiedeln. Im Gegensatz zu König Ottokar II., der das Hauptgewicht auf die Anlegung von Städten legte, handelte es sich also hier mehr um l ä n d l i c h e Colonisation, also um die Anlegung von Dorfansiedlungen, doch entstand dort, wo derartige Colonisierungsarbeiten in größerem Umfange vorgenommen wurden, als Mittelpunkt für den neu anzulegenden Bezirk, in der Regel auch eine dem G r u n d h e r r e n unterthänige S t a d t.
Hier war es nun der als Staatsmann wie als Kirchenfürst gleich ausgezeichnete Ölmützer Bischof B r u n o, aus dem deutschen Grafengeschlecht Schaumburg (Schauenburg) und H o l s t e i n, der auf dem Gebiete der Colonisierung in Mähren das Größte vollbrachte, was die mährische Geschichte kennt. Bruno früher Domherr zu Magdeburg und Domprobst zu Lübeck und Hamburg wurde im Jahre 1241  B i s c h o f z u Ö l m ü t z. Unter den Besitzungen der Ölmützer Kirche befanden sich auch ausgedehnte Waldgebiete an der polnisch-ungarischen und a n  d e r   b ö h m i s c h-m ä h r i s c h e n  G r e n z e. Das letztere Gebiet umfasste nahezu den ganzen heutigen Gerichtsbezirk Zwittau, sowie die angrenzenden Thele der Gerichtsbezirke Mährisch Trübau, Gewitsch und Boskowitz. Eine der vornehmsten Sorgen Bruno's war es, diese meistentheils noch im Urzustande befindlichen unbewohnten und weing oder gar nicht ertragbringenden Waldgebiete zu besiedeln und durch Umwandlung in Ackerland für die Kirche ertragbringend zu gestalten. Er kannte aus seiner eigenen Heimat die Heilsamen Folgen deutscher Colonisten-Arbeit, denn schon sein Großvater hatte Westfalen und Holländer zur Colonisierung nach Schlesweig-Holstein berufen. Es erscheint daher nur natürlich, dass er auch zu dieser seiner Culturarbeit in M  ä h r e n Deutsche berief.
So entstand inmitten des uralten Grenzwaldgebietes, hart an der böhmisch-mährischen Grenze, die heutige Stadt Zwittau. Dass für Bruno die Anlegung der Stadt in erster Reihe die Absicht ausschlaggebend war, für die Verwaltung der ausgedehnten bischöflichen Besitzungen in hiesiger Gegend einen Mittelpunkt zu schaffen, ergibt sich aus der ganzen Sachlage. So wurde zunächst die Stadt angelegt, während die Ortschaften, wenn auch zumeist kurz nachher, so doch s p ä t e r entstanden." (Quelle6)

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In den Hussitenkriegen im 15. Jahrhundert (1419-1436) hatten umliegende Gebiete furchtbar zu leiden. Auch Zwittau wurde 1424 zerstört. Im Gegensatz zu Leitomischl - noch 1346 war Leitomischl eine deutsch besiedelte Stadt, kein Tscheche war im Rat vertreten. 1421 war es umgekehrt, kein Deutscher war mehr im Rat der Stadt - blieb Zwittau und Umgebung vorwiegend deutschstämmig besiedelt. Den Hussiten wurden 1436 in den feierlich verkündeten Kompaktaten in Iglau religöse Zugeständnisse gemacht. Der Kaiser gab in einem Schreiben an Prag und die übrigen Städte Böhmens die Versicherung, dass keine von ihnen gezwungen werden sollte, die geflüchteten Bewohner, seien sie weltlich oder geistlich, wieder aufzunehmen und ihnen den früheren Besitz zurückzugeben. Damit war einer großen Zahl der vertriebenen Bewohnern die Rückkehr in die Heimat verwehrt. Der Schönhengstgau, das vorher an einen geschlossenen deutschen Sprachraum grenzte, hatte sich dadurch in eine Sprachinsel verwandelt.

Nach 1850 verwandelte sich Zwittau in ein wichtiges industrielles Zentrum. Wegen seiner großen Textilindustrie nannte man es auch das mährische Manchester oder das Manchester des Ostens. Die Umgebung blieb überwiegend bäuerlich.

Das Weberhandwerk in Zwittau und im Schönhengstgau/Mähren

Im Schönhengstgau, wo Schafhaltung und Flachsanbau sehr verbreitet waren, kam den Tuchmachern und Leinenwebern eine große Bedeutung zu. Bereits im Mittelalter stand in Zwittau die Tuchmacherei und Leinenweberei in hoher Blüte. Es gab dort schon früh einen Markt. Ein zweiter Markttag an Lichtmess kam im Jahre 1486, und ein dritter Markttag an St. Martin kam im Jahre 1564 hinzu. Bereits in dieser Zeit gab es einen Garn-, Flachs und Wollmarkt.

Im ältesten Stadtbuch von Zwittau von 1525 wird eine Tuchmacherzunft und einige Jahre später eine Leinenweberzunft erwähnt. Die Handwerkszünfte mit ihren festen strengen Regeln beherrschten das gesamte städtische Leben bis ins 18. Jahrhundert. Dörfer, die in der Bannmeile von Zwittau lagen, durften weder Handwerk noch Geschäfte betreiben. Dies war allein den Bürgern der Stadt vorbehalten. Die Stadt sollte der wirtschaftliche Mittelpunkt, die Dörfer rein bäuerlich sein. Im Jahre 1739 fiel die Bannmeile. Das Handwerk konnte sich nun ohne Zunftzwänge in den nahem Dörfern niederlassen. Nun klapperten auch dort die Webstühle in den Stuben und brachten zusätzlichen Verdienst. Bedingt durch die Erbteilung, dass nur einer den Hof erben konnte und keine Realteilung vorgenommen wurde, wie es in anderen Gegenden üblich war, blieb den weiteren Kindern nur Knecht oder Magd auf den Höfen zu werden oder ein Handwerk zu erlernen. Vielfach wurde ein geringes Lehrgeld verlangt. Oft erhielten die Lehrlinge bereits einen kleinen Lohn. Die Webergesellen waren überwiegend ledig und gingen nach der Lehre ein Jahr auf „Wanderschaft“, um dann Meister zu werden. Im Schönhengstgau blieben sie meistens im Umkreis ihres Heimatortes. Die verheirateten Gesellen waren meist verarmte Meister, die sich als „Hausknappen“ verdingten. Sie arbeiteten überwiegend im Stück- und Teillohn.
Auf dem Lande wurde die Weberei meist als Nebenerwerb zur Landwirtschaft betrieben.

Zwittau hatte schon 1784 eine Poststation. Auf den Straßen begegneten sich die schweren Fuhrmannswagen, die Garn und Wolle zur Weiterverarbeitung in die Städte brachten und große Ladungen von Tuchen und Leinwand in alle Teile Österreichs bis weit nach Ungarn beförderten.

In den Jahren 1845 und 1849 wurden die Eisenbahnstrecken Ölmütz-Prag und Wien-Böhmisch-Trübau gebaut. Damit begann die industrielle Entwicklung. In Zwittau entstanden Fabriken mit Spinnmaschinen und mechanischen Webstühlen. Die Handweberei ging nach ihrem Höhepunkt 1845 schnell zugrunde. Nur wenige der 200 städtischen Betrieben gelang die Umstellung auf fabrikmäßige mechanische Baumwollweberei. Diese wurden aber bald große Fabriken und machten Zwittau zum „Manchester des Ostens“.

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