Zeittafel
(zur
Kurzübersicht der Herzöge
und Könige von Böhmen)
Um
400
vor Christus |
Die
keltischen Boier wandern in den böhmisch-mährischen Raum
ein. |
Um
60
vor Christus |
Die
Markomannen, ein Teilstamm der Elbgermanen (Sweben,
Sueben) drängen vom mittleren und oberen Main her nach Böhmen
ein, während der selben Zeit wandert der Teilstamm der Quaden
nach Mähren ein.
9
v. Chr. Germanisches Markomannenreich unter Marbod
in Böhmen
Markomannen,
lateinisch Marcomanni ['Bewohner einer Mark'], elbgermanischer
Stamm, erstmals 58 v. Chr. im Heer des Ariovist genannt, siedelte
zunächst im Maingebiet. Nach einer Niederlage gegen die Römer
unter Drusus (9 v. Chr.) und der Besetzung ihres Landes wurden
die Markomannen von König Marbod nach
Böhmen geführt, wo sie den Mittelpunkt eines mächtigen
Völkerbundes bildeten.
Viele Grabfunde in Böhmen (u. a. Fürstengräber)
belegen ihr hoch stehendes Kunsthandwerk, das weit nach Norden
wirkte. Bereits im 1. Jahrhundert sind wohl markomann. Stammesteile
nach Mähren abgewandert. Mit den verwandten Quaden
fielen die zwischen oberer Elbe und Donau wohnenden Markomannen
170 tief ins Römische Reich ein und verwickelten die Römer
in den Markomannenkriegen (166—180)
in schwere Kämpfe. Nach dem 4. Jahrhundert wurden sie kaum
noch genannt und gingen in den germanischen Stämmen Böhmens
auf, die eventuell den Kern der Baiern bildeten.
Andere Stammesteile siedelten sich — nach archäologischen
Zeugnissen — im 5. Jahrhundert im Rhein-Main-Gebiet an.
Literatur:
H. W. Böhme in: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums
Mainz, Band 22 (1975).
Marbod,
lateinisch Marobodulus, König der Markomannen, † Ravenna
um 37 n. Chr.; stammte aus einem markomann. Fürstengeschlecht,
trat als junger Mann zeitweilig in römischem Kriegsdienste.
Um 9 v. Chr. führte er sein Volk aus dem Maingebiet nach
Böhmen und gründete hier eine Herrschaft, um die sich
zahlreiche andere Stämme gruppierten. Er unterstützte
den Cherusker Arminius nicht in dessen Kampf gegen Rom; dieser
griff ihn daraufhin 17 n. Chr. selbst an. Nachdem ihm Kaiser Tiberius
Hilfe verweigert und der abtrünnige gotische Adlige Catualda
seine Residenz erobert hatte (19 n. Chr.), brach Marbods Reich
zusammen. Er floh zu den Römern, die ihm Ravenna als Wohnsitz
zuwiesen.
Quaden,
lateinisch Quadi, elbgermanischer Stamm, der zuerst 21 n. Chr.
an der March bezeugt ist. Noch im 1. Jahrhundert dehnte sich das
quad. Siedlungsgebiet über Waag und Gran aus. Die nördlich
des Donaulimes lebenden Quaden gehörten zum Reich des Marbod,
standen vom 1. bis zum 3. Jahrhundert in einem Klientelverhältnis
zum Römischen Reich (u. a. bis 50 n. Chr. das Reich des quad.
Herrschers Vannius), beteiligten sich aber maßgeblich an
den Markomannenkriegen (166—180). Im 4. Jahrhundert wurden
Quaden und Sarmaten mehrfach von den Römern besiegt. Seit
Anfang des 5. Jahrhunderts schlossen sich Teile der Quaden den
Wanderungen anderer Germanenstämme an. Die letzten Quaden
zogen wohl mit den Langobarden im 6. Jahrhundert nach Italien.
Markomannenkriege,
die Kämpfe zwischen meist germanischen Stämmen nördlich
der mittleren Donau und dem Römischen Reich in den Jahren
166—180, die vermutlich durch soziale und wirtschaftliche
Veränderungen bei den Germanen ausgelöst wurden. Nach
einem abgewehrten Einfall von Langobarden und Obiern nach Pannonien
(166—167) erfolgte 170 ein verheerender Vorstoß der
Markomannen und Quaden bis Oberitalien. Die seit 172 massiv einsetzende
römische Offensive unter Kaiser Mark Aurel richtete sich
zuerst gegen diese grenznahen Stämme, dann auch gegen benachbarte
Burer und Sarmaten. Die wichtigsten Episoden der verlustreichen
Kämpfe, die von Mark Aurels Sohn und Nachfolger Commodus
beendet wurden, sind auf der Mark-Aurel-Säule in Rom dargestellt.
Als Folge der Markomannenkriege erhielten Regensburg und Albing
(später Enns-Lorch) je ein Legionslager.
Baiern,
Bajuwaren, lateinisch Baiovari|i, germanischer Stamm, der sich
im 5. und 6. Jahrhundert aus verschiedenen, nach Bayern eingewanderten
Bevölkerungsgruppen herausbildete. Während im 4. und
5. Jahrhundert angeworbene Elb-, später Ostgermanen als römische
Söldner in den raetischen Donaukastellen (u. a. Neuburg,
Günzburg) stationiert waren, ließen sich freie Elbgermanen
aus Böhmen (lateinisch Boiohaemum) in großer Zahl nördlich
der Donau nieder ('Friedenhain-Pøeštovice-Gruppe').
Sie wurden gleichfalls seit dem frühen 5. Jahrhundert von
den Römern zum Dienst an der Grenze herangezogen. Nach der
Auflösung der römischen Militärorganisation 476
wanderten diese 'Boiovarii' nach Südbayern ein. Schon Mitte
des 5. Jahrhunderts besiedelten ® Alemannen das Donautal.
Unter Theoderich dem Großen, der als Nachfolger Roms Raetien
bis 536 beherrschte, nahm die alemannische Zuwanderung ins heutige
Südbayern stark zu. In fränkischer Zeit (nach 536) bildete
sich aus den bereits sesshaften elbgermanisch-böhmischen
und alemannischen sowie aus neu zugewanderten langobardischen
Bevölkerungsteilen der Baiernstamm (um 550 ersterwähnt),
wobei die ursprünglich aus Böhmen stammenden 'Boiovarii'
mit Schwerpunkt um Regensburg namengebend wurden. Reste einer
romanischen Vorbevölkerung hielten sich noch lange in den
Grenzkastellen und im Alpenvorland (Walchen-Namen).
Die
Baiern lebten in kleinen Weilern, aber auch in größeren
Dörfern (z. B. Kirchheim bei München) an den Rändern
der großen Flussauen. Im späten 6. Jahrhundert begann
ein stärkerer Landesausbau ('innere Kolonisation'), der bis
800 im Süden die Alpentäler und im Osten den Wienerwald
erreichte. Die Grenzen im Westen lagen am Lech, im Nordgau (Oberpfalz)
stießen sie an jene der Franken. Beziehungen der bajuwarischen
Stammesherzöge, der ® Agilolfinger (Mitte 6. Jahrhundert
bis 788), zum langobardischen Herrscherhaus Ende des 6. Jahrhunderts
brachten um 600 erste christliche Missionare aus Aquileja zu den
Baiern (Solnhofen); seit dem frühen 7. Jahrhundert setzte
die fränkische Mission ein; es entstanden kleine Holzkirchen
(Staubing, heute zu Kelheim; Herrsching), die als Eigenkirchen
einer nicht sehr zahlreichen adeligen Oberschicht gelten. In der
'Lex baiuvariorum' (6. Jahrhundert) werden die vornehmsten dieser
Adelsfamilien aufgeführt.
Die
ländlich-bäuerlichen Grundlagen der heutigen bairischen
Volkskultur sind noch erkennbar. In der Tracht mischen sich 'Älplerisches'
und 'Jagerisches' (Lodenjoppe, Lederhose, Hirschhornknöpfe
und Gamsbart des Mannes, Dirndl und Lodenkleidung der Frau). Im
vielfältigen Brauchtum zeugen u. a. Wallfahrtsritte (Leonhardi-
und Georgiritte) und die jährlichen Rennen, z. B. in Rottal,
für die Tradition in der Pferdezucht. Für die Volksmusik
ist das Jodeln und das mehrstimmige, oft improvisierte Singen
(Schnaderhüpferl) mit Zither- und Hackbrettbegleitung kennzeichnend.
Bandl-, Holzhacker- und Kronentanz sind neben dem Schuhplattler
berühmt. In zahlreichen ® Bauerntheatern lebt noch das
Volksschauspiel des Barock fort. In der Sachkultur äußert
sich die Lust an Form, Farbe und Dekor in der Fassaden-, Hinterglas-
und Möbelmalerei, im Schmuck besonders der Leitkühe
beim Almabtrieb, bei den Festwagen der Leonhardifahrten, in Festtrachten
und bei den 'Maibäumen'.
|
Um
406 nach Christus |
Die
Quaden sind mit den Vandalen nach Westen gezogen, in Mähren
aber wurden die Langobarden ansässig, die später nach
Ungarn und 568 nach Italien (Lombardei) weiterwanderten. |
6.
Jhdt.
nach
Christus |
Rund
600 Jahre nachdem die Markomannen den böhmisch-mährischen
Raum besiedelt hatten, stoßt im Laufe des 6. Jhdt.von Osten
her ein weiteres Volk vor; die Awaren ,
die sich auf eine ihnen tributpflichtige slawische Bevölkerung,
darunter der Stamm der Tschechen, stützten. Sie besetzen
Böhmen und Mähren. Im Jahre 592 stießen sie bei
Aguntum erstmals mit den Baiern unter Tassilo I. (592-610) zusammen.
Trotz des sehr früh einsetzenden Einflusses der deutschen
Kultur konnten sich die Besonderheiten der tschechischen Volkskultur
erhalten. Seit der Gegenreformation sind sie überwiegend
katholisch. Besondere Volksgruppen sind die Hannaken in Mittelmähren,
die Horaken und Podhoraken in den östlichen Randgebieten
Mährens, die Choden in Südwestböhmen und die nach
ihrer Herkunft Walachen genannten Bewohner der Beskiden.
Awaren,
asiatisches Nomadenvolk, anthropologisch stark gemischt (mongolide
neben europiden Typen), dessen ursprünglichen Wohnsitze wohl
in Westturkestan gelegen haben. 552 n. Chr. von den Türken
bedrängt, wichen einzelne Stammesgruppen der Awaren nach
Westen aus und wurden 558 Foederaten von Byzanz. Unter ihnen waren
wohl auch Gruppen, die nur den Namen der gefürchteten Awaren
annahmen (Pseudawaren). 566 von den Langobarden unter Alboin zu
Hilfe gerufen, schlugen die Awaren unter Khagan (Khan) Bajan die
in Ungarn lebenden Gepiden entscheidend und ließen sich
im Karpatenbecken nieder. 568 wanderten daraufhin die Langobarden
nach Italien aus. Seitdem waren die Awaren für etwa 250 Jahre
Alleinherrscher in Pannonien. Die ständigen Kämpfe mit
Byzanz endeten 626 vor Konstantinopel mit einer Niederlage der
Awaren, von der sie sich nicht mehr erholten. Im späten 7.
Jahrhundert kam es zu weiteren Zuwanderungen aus Westasien. 791/803
wurde das Reich der Awaren von Karl dem Großen endgültig
vernichtet, und die Awaren gingen ethnisch in den sie umgebenden
Slawen und in den im 9. Jahrhundert zuwandernden Magyaren auf.
Die zunächst nomadisch lebenden Awaren wurden in Pannonien
sesshafte Großviehzüchter, bei denen der Ackerbau aber
ständig an Bedeutung gewann. Kulturell standen sie unter
spürbarem byzantinischem Einfluss. Die mit Reflexbogen (
Bogen), Reitersäbel und Stoßlanze bewaffneten Reiterkrieger
der Awaren galten lange Zeit als unbesiegbar. Sie vermittelten
den Europäern u. a. den Gebrauch des eisernen Steigbügels.
|
623-658 |
Im Jahre 626 schüttelten die Slawen unter ihrem fänkischen
König Samo die Herrschaft der Awaren ab. Nach dem Tod des Samo
665 mussten die slawischen Fürsten jedoch erneut den Awaren
Gefolgschaft leisten. |
|
Unter
Herzog Tassilo III. (740-794) erhoben sich die Bayern gemeinsam
mit den Kärntner Slawen erfolgreich gegen die Awaren.
Nach dem Sieg der Franken gegen die Awaren im Jahre 791 hatten die
Awaren ihre Rolle als politischer Machtfaktor in Mitteleuropa verloren. |
805 |
Herrschaft
Karls des Großen. |
833
|
Mojmir
I., Fürst der Mährer, begründet das Großmährische
Reich (907 untergegangen). |
863
|
Die
Slawenapostel Kyrill und Method missionieren im böhmischen
Raum. |
|
Die
Slawenapostel Kyrill und Method missionieren im böhmischen
Raum. |
894 |
Zerfall
des Großmährischen Reiches nach dem Tode Svatopluks (894).
Das slowakische Gebiet kommt zu Ungarn. Przemysliden
(Premyslovci) auf dem Thron Böhmens (1306 im Mannesstamm erloschen).
Ein böhmischer Staat entsteht. |
860-921 |
Ludmilla:
Heilige, Herzogin von Böhmen, geb. um 860, gest. 15.9. 921
auf Burg Tetin bei Beraun. Fest: 16.9. - Gemahlin des ersten christlichen
Přemysliden-Herzogs Boriwoj von Böhmen. Mit ihm zusammen
wurde sie von Methodios getauft. Sie hat sehr auf die Pflege des
christlichen Glaubens in der Herrscherfamilie gesehen. F. Seibt
hat sie daher genannt eine »Hüterin christlicher Tradition
in der Přemysliden-Famimlie«. (LThK2 Bd. VI, Sp. 1179).
Während der Regentschaft ihrer Schwiegertochter Drahomira übte
sie eine großen Einfluß aus auf den künftigen Fürsten
Wenzel. Drahomira und die heidnische Reaktion
im Lande veranlassten, daß Ludmilla auf ihrem Witwensitz Tetin
bei Beraun erdrosselt worden ist. Ihr Grab findet sich in der Georgskirche
zu Prag. In der Kunst wird sie dargestellt mit Schleier oder Strick
um den Hals. Auch eine Märtyrerpalme findet sich dann und wann
in ihrer Hand. Sie gilt auch als Patronin der Erzieher und Mütter. |
|
Přemysliden (Fürsten)-
herrschaft.
Wenzel I. Přemysl, Herzog von
Böhmen
Vazlav (Wenzel, Wenzezlaus, Venceslaus), Herzog von Böhmen,
Märtyrer, Heiliger (Fest am 28. September, Gedächtnis
der Übertragung der Gebeine am 4. März). * etwa 903/905,
† 28. September 929 (Cosmas von Prag) oder 939 (Widukind von
Corvey) in Altbunzlau/Starß Boleslav.
Er entstammte dem Geschlecht der Přemysliden. Seine Eltern waren
Herzog Vratislav und dessen Gemahlin Drahomira. Unter dem Einfluß
seiner Großmutter, der hl. Ludmilla,
erhielt er eine gründliche christliche Erziehung an der Lateinschule
von Budeú. Nach dem Tode Vratislavs übte seine Mutter
Drahomira die Vormundschaft aus. Ihre stark auf sie selbst bezogene
Regentschaft führte zu Unruhen in Böhmen, denen die hl.
Ludmilla zum Opfer fiel. Bald danach, etwa um 925, wurde Wenzel
selbst Regent von Böhmen. Wenzel erkannte die Oberhoheit des
deutschen Königs Heinrich I. an. Die Christianisierung und
die Bemühungen Wenzels um eine Milderung der Untertänigkeit
des Volkes, ferner darum, die Gerichtsbarkeit der Grundherren an
feste Normen zu binden, und vielleicht noch weitere Faktoren führten
wohl zu dem Entschluß den jungen Monarchen umzubringen. Dafür
wurde auch Wenzels jüngerer Bruder Boleslav
gewonnen. Dieser lud Wenzel auf das Schloss in Altbunzlau ein, wo
er ihn tötete. Als Boleslav I. wurde er der Nachfolger seines
Bruders. Bald nach dessen Tod begannen die Gläubigen, Wenzel
als Martyrer zu verehren. Noch unter Boleslav I. wurde sein Leib
in die von ihm selbst errichtete Kirche St. Veit überführt.
Wenzel wurde zum Landespatron für das ganze böhmische
Volk. Seine Verehrung breitete sich nach und nach von Böhmen
und Mähren auch nach Deutschland aus. Unter Kaiser Karl IV.
wurde V. das Symbol der Klammer der Reichstradition, die Böhmen
umschließt. Die Krone des Königreiches Böhmen wurde
als »St.-Wenzels-Krone« zum staatsrechtlichen Symbol
der staatlichen Eigenständigkeit Böhmens innerhalb des
Heiligen Römischen Reiches und später der Habsburger Monarchie.
|
935-972 |
Boleslav
I. Přemyslide (der Grausame),
Herzog von Böhmen 935-972 organisiert ein zentralistisches
Staatswesen in Böhmen-Mähren. |
972-999
|
Boleslav
II., Přemyslide, (der Fromme),
Herzog von Böhmen |
973 |
Gründung des Bistums Prag (1344 Erzbistum) |
1012 |
Boleslaw
Chrobry, Piasten, König
von Polen, Herzog von Böhmen. Die Polen erobern 1012 Schlesien
und Mähren. |
1012
- 1033 |
Oldrich,
Přemyslide,
Herzog von Böhmen |
1034—55 |
Bretislaw
I., Přemyslide, Herzog von
Böhmen (1034—55), * um 1005, † 10. 1. 1055; aus
dem Haus der Premysliden, eroberte 1029 Mähren von Polen zurück.
1038 oder 1039 nutzte er die Nachfolgekrise in Polen aus, stieß
weit nach Norden vor und besetzte Schlesien, das er bis 1050 behielt.
1041 zwang ihn Kaiser Heinrich
III. zur Anerkennung der Oberhoheit des Heiligen Römischen
Reiches. |
1055-1061
|
Spytihnev
II., Přemyslide 1031-28.1.1061,
Herzog von Böhmen 1055-1061
Erstgeborener Sohn des Herzogs Bretislav I. von Böhmen und
der Judith von Schweinfurt, (Tochter von Markgraf Heinrich I.)
Übernahm
die Regierung nach dem Tod des Vaters (10. Januar 1055). Zur Stärkung
der Zentralgewalt suchte er gewaltsam seinen Brüdern die
Teilfürstentümer in Mähren zu entziehen, hatte
aber nur zum Teil Erfolg und mußte nach einigen Jahren seinem
Bruder Vratislav II. den Olmützer Teil zurückgeben.
Dass Spytihnev II., wie Cosmas von Prag überliefert, die
Deutschen aus dem Lande vertrieb, ist unwahrscheinlich; derselbe
Chronist berichtet nämlich auch, dass Spytihnev II. die slavischen
Mönche des Klosters Sazava durch Deutsche ersetzte. Von Papst
Nikolaus II. erwarb Spytihnev II. das Recht, gegen Zahlung von
100 Pfund Silber jährlich die bischöfliche Mitra zu
tragen. Spytihnev II. gilt als Gründer des Kollegiatkapitels
von Leitmeritz und der romanischen St. Veits-Basilika auf der
Prager Burg. Als Gemahlin Spytihnevs erwähnen die Quellen,
die seine außerordentliche Frömmigkeit betonen, Hidda
aus dem Hause WETTIN. |
1086
|
Vratislav
I.,Přemyslide, wird König
von Böhmen für seine Person.
Beziehungen der Staufer zu den Premysliden. |
1174
|
Dekret
des Herzog Sobieslaw II.
„Ich
Sobieslaw, Herzog von Böhmen, mache allen Gegenwärtigen
und Kommenden kund, daß sich die Deutschen, so unter der
Burg von Prag siedeln, in meine Gunst und unter meinem Schutz
nehme und ich will, daß diese Deutschen eine besondere,
von den Böhmen unterschiedene Nation bleiben sollen, wie
sie sich auch in ihren Gesetzen und Bräuchen von diesen Unterscheiden.
Ich ermächtige diese Deutschen, entsprechend den Gesetzen
und der Rechtsordnung der Deutschen zu leben, wie sie dessen sich
schon seit den Zeiten meines Großvaters, des Königs
Wratislaw, erfreuten.
Wer aber diesem Gebot zuwiderhandelt, der sei verflucht in alle
Ewigkeit.“
Sobieslaw
II. gegeben auf meiner Burg zu Prag i. J. 1174 nach unseres Heilands
und Seligmachers Geburt.
Der
komplette Text hier!
|
1182
|
Errichtung
der Markgrafschaft Mähren |
1198
|
Ottokar I. erhält die erbliche Königswürde. Könige
von Böhmen im Heiligen römischen Reich deutscher Nation.
Ottokar I. (Otakar I.) Přemyslide,
Ottokar I., Böhmischer König (seit 1198), * um 1155,
† 15. 12. 1230, Sohn Wladislaws II, Vater von Wenzel
I. und Großvater von Přemysl Otakar
II.. Ottokar I erwirkte durch wechselnde Parteinahme im staufisch-welfischen
Thronstreit 1198 bei König Philipp
von Schwaben, 1203 beim Papst und 1212 bei Kaiser Friedrich
II. die Bestätigung des Erbkönigtums für Böhmen,
das er auch kulturell und wirtschaftlich Kolonisation, Städtewesen)
förderte. Im Zuge seiner ausgreifenden Ehepolitik heiratete
sein Sohn Wenzel I. (seit 1228 Mitkönig)
im Jahr 1216 die Stauferin Kunigunde
(* 1199?, † 13.9.1248, Tochter von Philipp von Schwaben
und der Irene von Byzanz (Tochter von Kaiser Isaak Angelos) und
Enkelin des Kaisers Friedrich (III.) I. Barbarossa).
Die jüngste Tochter von Ottokar I. Agnes
von Böhmen wurde 1989 heilig gesprochen. |
1216 |
Mit
dem Privileg der Primogenitur (1216) sicherte Friedrich
II. (Staufer), Kaiser (seit 1220) das Königtum in Böhmen-Mähren.
Böhmen wird Königreich (erblicher Königstitel; Kurwürde) |
1228/30 |
Wenzel
I., 'der Einäugige' Přemyslide
tschechisch Václav I., König von Böhmen (seit
1228/30),
* 1205 Prag
oo mit der Stauferin Kunigunde
von Schwaben * 1199 † 13.9.1248 (Enkelin von Friedrich (III.)
I. Barbarossa)
† 23. Sept. 1253 bei Beraun
[] Prag Agneskloster
– Schwiegersohn des Römischen Königs Philipp
von Schwaben und Sohn von Ottokars I. Přemysl.
1216,
noch zu Lebzeiten seines Vaters, wurde Wenzel I. zum König
gewählt (Krönung 1228 im Prager St. Veitsdom).
Er stritt mit dem Bruder um Mähren und behauptete eine böhmische
Vormachtstellung. Erst der frühe Tod seines jüngeren
Bruders Premysl († 1239), der als Markgraf Mähren verwaltete,
verheiratet mit einer ANDFECHSERIN, einer Schwester der zweiten
Frau Herzog Friedrichs, beendete die innerdynastischen Spannungen,
so dass seine Politik auf die Ausdehnung seines Landes richten
konnte.
Nach
der Verurteilung durch den Kaiser fielen nun von allen Seiten
die Gegner in die Länder des babenbergischen Herzogs Friedrichs
ein: der Böhmen-König Wenzel in das nördliche Nieder-Österreich,
nach dem ja schon sein Vater Ottokar I. Verlangen getragen hatte.
Die Stadt Wien öffnete König Wenzel ihre Tore. Als Kaiser
FRIEDRICH beide Herzogtümer seiner Kontrolle unterstellte,
kam es im Februar - März 1238 zu einem Ausgleich zwischen
König Wenzel und Herzog Friedrich II. von Österreich.
Friedrich sollte das Land Österreich nördlich der Donau
an Böhmen abtreten. Tatsächlich setzte sich König
Wenzel in dem vor kurzem als planmäßige Stadt mit Rechteckplatz
gegründeten Laa an der Thaya fest. Außerdem wurde eine
neuerliche eheliche Verbindung vereinbart zwischen Nachkommen
des Babenbergischen Hauses und den PREMYSLIDEN. Die Nichte des
Herzogs Friedrich, Gertrud, Tochter seines 1228 verstorbenen Bruders
Heinrich aus der Ehe mit Agnes von Thüringen, sollte mit
dem ältesten Sohn König Wenzels, Wladislaw, Markgraf
von Mähren, verlobt werden. Damit waren ja, wie sich später
zeigen wird, Ansprüche auf die beiden Herzogtümer vertretbar.
Die Abtretung des nördlichen Landesteiles an Böhmen
war nie erfolgt. Außerdem pochte König Wenzelauf die
Einhaltung der Eheabsprache mit Gertrud. Ein bestehendes Ehehindernis,
ein gemeinsamer Ur-Ur-Großvater, wurde vom Papst durch Dispens
behoben. Gerichtet war diese Genehmigung freilich gegen Kaiser
FRIEDRICH II., der sich selbst ehelich mit Gertrud verbinden wollte.
Unmittelbar nach dem Tode Herzog Friedrichs II. († 15.6.1246)
war es der Böhmen-König Wenzel, der seinen Sohn Wladislaw
mit Gertrud vermählte - den man auch in Österreich als
künftigen Herzog ansah. Aber schon nach einigen Monaten,
am 3. Januar 1247 starb Wladislaw.
Schwerer wog der Gegensatz zum König von Böhmen, der,
nun den Mißerfolg von Verona ausnützend, mit Gewalt
seinen Lieblingsplan, die Vermählung seines Sohnes Wladislaw
mit Gertrud durchsetzen wollte und seinen Neffen Ulrich von Kärnten
Anfang 1246 in Österreich einfallen ließ. Aber Herzog
Friedrich besiegte die Eindringlinge bei Staatz, machte viele
Gefangene, darunter auch den jungen SPANHEIMER Herzogssohn Ulrich.
Seine organisatorische Fähigkeit zeigte Wenzel I. beim Mongoleneinfall
unter Batu Khan im Jahre 1241; Wenzel konnte sie zwar vertreiben,
Böhmen kam im Gegensatz zu Schlesien und Ungarn weitgehend
von den Mongolen ungeschoren davon, die Schäden in Mähren
waren aber durch den Einfall groß, Mähren wurde damals
schwer verwüstet.
Während des langjährigen Streits zwischen Papsttums
und Kaiser Friedrich II. wechselte
Wenzel I. mehrmals die Partei, unterstützte aber weder den
Kaiser noch den Papst entscheidend. Er wählte 1237 König
KONRAD IV. mit, trat jedoch 1238/39 mit Österreich einer
antikaiserlichen Koalition bei, zu der auch Brandenburg und Bayern
gehörte, deren Thronkandidat König Abel von Dänemark
war. Wenzel schloß 1240 Frieden mit Kaiser FRIEDRICH II.,
blieb jedoch in der Folgezeit schwankend und fiel 1246 endgültig
von ihm ab. Es ging auch um die Erbfrage in Österreich und
Steiermark, das er entgegen den kaiserlichen Interessen zu gewinnen
versuchte.
Die wirtschaftlichen und sozialen Wandlungen in der 1. Hälfte
des 13. Jh. waren der Hintergrund für die große Adelsrebellion
in den Jahren 1248-1249. Eine
Rolle spielten auch die Auseinandersetzungen um die Wiederbesetzung
des Bistums Olmütz (Olomouc), wobei Wenzel den neuernannten
Bischof Bruno von Schaumburg
(Schauenburg) das päpstliche Lager unterstütze, während
ein Teil des böhmischen Adels offen für den Kaiser Partei
ergriff, und den zum Thronfolger aufgerückten ehrgeizigen
und ungeduldigen Sohn Wenzels und Kunigundes, Premysl
Otakar II., der staufisch gesinnt war, am 31.12.1247 zum „jüngeren“
König erhob. Der Vater-Sohn-Konflikt konnte nur mit Mühe
und der Hilfe außerböhmischer Freunde (er wurde von
WILHELM von Holland unterstützt und erkannte ihn gegen Bestätigung
aller Privilegien und Reichslehen als König an) erst nach
2-jährigen bewaffneten Auseinandersetzungen zugunsten Wenzels
beigelegt werden, wozu die Entwicklung im Reich und der Kampf
um das babenbergische Erbe in Österreich beitrugen. Nach
dem unerwarteten Hinscheiden Friedrichs des Streitbaren im Jahre
1246, der keine männlichen Erben hinterließ, war nämlich
das politisch, wirtschaftlich und strategisch bedeutsame Herzogtum
vakant.
Die
zähen Bemühungen der böhmischen Politik, zuerst
einen Teil des nördlichen Österreich und nach 1246 (nach
dem Tod des letzten BABENBERGERS Friedrich II. des Streitbaren)
die ganze babenbergische Erbschaft zu gewinnen, gipfelten in einem
Erfolg: Wenzels I. Sohn, der spätere Otakar
II. Premysl, wurde im Herbst 1251 zum Herzog von Österreich
gewählt.
Wenzel
I. förderte die Ansiedlung von Deutschen in Böhmen und
Mähren, um die Landwirtschaft zu modernisieren und dem Bergbau
Impulse zu geben. Während seiner Regierungszeit entstand
eine Reihe königlicher Städte und Burgen. Prag erhielt
durch ihn das Nürnberger Städterecht. Darüber hinaus
begann unter seiner Herrschaft eine Welle Klostergründungen,
vor allem des Zisterzienserordens.
Wenzel
I. starb am 22. September 1253 auf seinem Hof Pocaply bei Beroun.
Die sterblichen Überreste des Königs wurden dann nach
Prag überführt und im Kloster des Hl. Franziskus feierlich
beigesetzt. Das Grab des Königs konnte, da die historischen
Quellen keine Nachricht hinterließen, in welchem Gebäude
des Klosters der König seine letzte Ruhestätte fand,
in archäologischen und anthrapologischen Ausgrabungen bzw.
Untersuchungen in den Jahren 1941 respektive 1983 ermittelt und
die Identität Wenzels bestätigt werden. In unmittelbarer
Nähe entdeckte man zugleich eine in ihrer Art dem königlichen
Grab ähnliche Ruhestätte, über die keinerlei historische
Angaben existieren. Detaillierte Analysen der die Ausgrabungen
leitenden Wissenschaftler führten dann zu der Feststellung,
dass es sich um das Grab der böhmischen Königin Kunigunde
von Schwaben handelte, die hier im ehemaligen Kloster der Klarissinnen,
für das sie sich als fromme Stifterin Verdienste erworben
hatte, ihre letzte Ruhestätte fand.
König
Wenzel I., der in den Chroniken als Sonderling beschrieben wird,
trug so schon vor Sohn zum Aufstieg Böhmens als Großmacht
bei. Wenzel I.unterstützte seine jüngere Schwester Agnes
(Heilig, 1211-1282) bei der Gründung des Minoriten- und Klarissenklosters
in Prag (sogenanntes Agneskloster). Da Wenzel I. auf der Jagd
ein Auge verloren hatte, erhielt er den Beinamen 'der Einäugige'.
Nachkommen:
Kinder aus der Ehe mit der Stauferin Kunigunde
von Schwaben * 1199 † 13.9.1248
1)
Vladislav III.,* um 1228, Markgraf von Mähren, oo 1246
mit Gertrud von Babenberg
2) Beatrix (Bozena), * um 1225 oo im Juni 1243
mit dem Markgrafen Otto III. von Brandenburg, † 27.5.1290
3) Ottokar II. *1230 †
26.8.1278, folgte Wenzel I. auf den Thron, erhob sich bereits
1248 gegen die Herrschaft seines Vaters und sollte als ein berühmter
PREMYSLIDE in die Geschichte eingehen.
4) Agnes, Markgräfin
von Meißen, (nicht zu verwechseln mit ihrer Tante, der
heiligen Agnes von Böhmen),*
1245, oo 1244 mit Heinrich Markgraf von Meißen (* 1215/16
† 15.2.1288), † 10.10.1268
5) Eine bereits im Kindesalter verstorbenen, namentlich
nicht bekannte Tochter. |
1253 |
Ottokar
II. (Otakar II.) Přemyslide
* um 1233, † 26. Aug. 1278 in Dürnkrut
(Niederösterreich),
Urenkel on Kaiser Friedrich
I. Barbarossa, Enkel von Ottokar I. Přemysl,
zweitältester Sohn König Wenzels
I. und der Kunigunde von
Schwaben,
Vater von Wenzel II.
Ottokar
II., genannt 'der jüngere König', 'der eiserne König'
oder 'der goldene König' war König
von Böhmen (ab 1253). Er war auch Herzog
von Österreich (ab 1251), Herzog
der Steiermark (ab 1261) und Herzog von
Kärnten und Krain (ab 1269). Damit hatte er eine für
einen Premysliden zuvor und später nie erreichte Machtfülle
erlangt, was sich auch in seiner mehrfachen Bewerbung um die Krone
des Heiligen Römischen Reiches zeigte.
In erster Ehe (seit 1252) war er verheiratet mit Margarete
von Österreich († 1267) – der Schwester
des Babenherzogs Friedrich II. –,
in zweiter Ehe (seit 1261) mit Kunigunde von Tschernigow († 1285),
einer Enkelin König Bélas IV. von Ungarn;
Ursprünglich
sollte Ottokar II. zum kirchlichen Verwalter erzogen werden. Nachdem
sein Bruder Vladislav 1247 nach seiner Hochzeit plötzlich
verstarb, ging das Erbe auf Ottokar über. Der Überlieferung
nach war er durch den plötzlichen Tod des Bruders schockiert
und kümmerte sich zunächst kaum um das Regieren sondern
widmete sich eher der Jagd und Saufgelagen auf seinen Jagsdchlössern.
Er war 1248 Anführer der Aufruhr gegen seinen Vater, den
König Wenzel I. und erhielt dadurch seinen Spitznamen
"der jüngere König" (mladší král).
Diese
Auseinandersetzung endete, als Wenzel I. begann, sich in die Entwicklung
in Österreich einzuschalten. Mit dem Babenbergherzog Friedrich
II.waren dort 1246 die Babenberger in männlicher Linie ausgestorben.
Er hinterließ eine Nichte (Gertrud) und eine Schwester (Margarete).
Gertrud heiratete den Markgrafen Hermann von Baden, der sich im
Land jedoch nicht durchsetzen konnte, ebensowenig wie der Reichsverweser
des Heiligen Römischen Reiches. 1250 fiel Wenzel I. in das
Land ein, das Kaiser Friedrich II.
unter Reichsverwaltung gestellt hatte. Anderen Quellen zufolge
wurde er von den österreichischen Ständen gerufen, um
die Wirren zu beenden. Mit Zustimmung des Adels setzte Wenzel
seinen Sohn Ottokar als Statthalter ein. Gleichzeitig schlossen
Wenzel und Ottokar einen Friedensvertrag, der den Sohn 1251 auch
zum mährischen Markgraf machte. Er hatte damit die klassische
Herrschaftsposition der böhmischen Thronfolger inne. Im
gleichen Jahr zog Ottokar in Österreich ein und wurde von
den Ständen bald zum Herzog ernannt. Um seine Würde
zu legitimieren und der böhmischen Forderung auf das babenbergische
Erbe Nachdruck zu verleihen, heiratete er am 11. Februar 1252
die gut dreißig Jahre ältere Margarete, Wittwe des
Königs Heinrich (VII.) in der Burgkapelle von Hainburg.
1253
starb König Wenzel I. und Ottokar
übernahm die Krone. Sein ausdrückliches Ziel war die
Kaiserwürde des Römischen Reiches. An der Wahl nahm
er jedoch nicht persönlich teil. Er war überzeugt, dass
sein Reichtum genüge, diesen Titel übertragen zu bekommen.
Der
Ungarnkönig Béla IV. fühlte sich durch diesen
Machtzuwachs (Herzogtum Österreich) des benachbarten Reiches
bedroht. Gemeinsam mit den bayerischen Wittelbachern ging er gegen
Ottokar vor. Die Kurie vermittelte schließlich einen Frieden,
in dem ein großer Teil der Steiermark Ungarn zugeschlagen
wurde. Die folgende vorübergehende Friedensphase nutzte Ottokar
II., um den Deutschen Orden bei zwei Kreuzzüge im Baltikum
gegen die Pruzzen und andere slawische Stämme zu unterstützen.
Ottokar zu Ehren erhielt das 1255 gegründete Königsberg
seinen Namen.
1260
schlug er die Ungarn in einer erneuten Schlacht, was Ungarn zu
einem Friedensschluss zwang und Ottokar den Besitz und die Herzogswürde
der Steiermark sicherte. Um diese Einigung zu bekräftigen,
ließ er sich von Margarete scheiden und heiratete Kunigunde
von Machow, eine Enkelin des Königs von Ungarn. Auch auf
Reichsebene machte er großen Einfluss geltend, da sich die
beiden Könige Alfons X. und Richard von Cornwall jeweils
seiner Unterstützung zu versichern versuchten. 1266 besetzte
er das reichsunmittelbare Egerland. 1267 brach er zu einem weiteren
Kreuzzug nach Litauen auf.
In
dieser Zeit schloss er auch einen Erbvertrag mit dem kinderlosen
Herzog Ulrich III. von Kärnten. 1269 starb Ulrich und Ottokar
erbte Kärnten und Krain. Dadurch zog er sich allerdings die
Feindschaft des dortigen Adels zu. Damit war — in steter
Auseinandersetzung mit Ungarn und Bayern — der südliche
Teil Ostmitteleuropas erstmals in einem multinationalen Großraum
integriert, wie es später den Habsburgern gelang. Auch die
Mehrzahl der Reichsfürsten begann sich über den Machtzuwachs
des Böhmen zu sorgen.
Er
förderte die Einwanderung der Deutschen in Böhmen sowie
Mähren und gründete zahlreiche Städte, unter anderem
Politschka.
Auch in Böhmen förderte er die Städte gegenüber
dem Adel. Vor allem die Residenzstadt Prag profitierte von der
durch ihn angestoßenen regen Bautätigkeit. Vom Adel
verlangte er dagegen die Auslieferung aller unrechtmäßig
erworbenen Güter und ließ neue Burgen schleifen. Diese
rigide Konfrontationspolitik konnte den allgemeinen Machtzuwachs
des böhmischen Adels im 13. Jahrhundert nicht aufhalten.
In Österreich gründete er die Städte Marchegg,
Leoben und Bruck an der Mur. Das vom Babenbergerherzog Friedrich
II. begonnene romanische Westwerk der Stephanskirche ließ
er weiterbauen.
Der
Olmützer Bischof Bruno von
Schaumburg (Schauenburg) und Holstein hatte ab 1249 führenden
Anteil an der böhmischen Expansion bis zur Adria und Ostsee
und wurde nach der Schlacht auf dem Marchfeld (1278) von König
Rudolf I. von Habsburg zum Statthalter von Nordmähren
ernannt. Bruno hatte entscheidende Verdienste um die deutsche
Besiedlung Mährens. Hier kolonisierte er ausgedehnte Gebiete
und gründete zahlreiche Städte und Dörfer u. a.
Zwittau
und Umgebung. Bruno beteiligte sich in der Zeit von 1254 bis 1266-67
auch an Premysl Ottokars II.
beiden Kreuzzügen in Ostpreußen, Ottokar zu Ehren erhielt
das 1255 gegründete Königsberg seinen Namen. Bruno unterstützte
auch des Königs Bestrebungen um die Erwerbung der römischen
Krone. Der Bischof hatte ebenso wie im Juli 1260 in der Schlacht
bei Kroissenbrunn, die dem König Premysl Ottokar II. die Steiermark
einbrachte, den König als Kanzler begleitet. In der Steiermark
wurde Bruno 1262-1270 wie in Mähren Hauptmann und legte das ‘Rationarum
Styriae‘ an; außerdem brachten ihm seine kriegerischen Fähigkeiten
auf Seiten des Königs den Hulleiner Bezirk; das Hochwalder Gebiet
erwarb er käuflich. Gemeinsam mit dem König beabsichtigte er,
Olmütz zum Erzbistum zu erheben und ihm Preußen und das Baltikum
einzuverleiben; der Plan wurde jedoch wegen des erfolglosen Preußenfeldzuges
des Königs von 1267/1268 von Rom abgelehnt.
Die
Spannweite seiner Politik zwischen Ostsee und Adria, verbunden
mit seinen böhmischen Finanzquellen, machte ihn zum mächtigsten
Reichs- und Kurfürsten. Doch der Erwerb der Römischen
Königskrone misslang trotz enger Anlehnung an die Kurie zweimal
(1256 und 1273). Ottokar war den Kurfürsten wegen seiner
Machtfülle suspekt, ihren erneuten Ausdruck fand diese Haltung
1273, als es zu einer neuen Königswahl im Reich kam. Sie
wählten den vermeintlich „armen Grafen“ Rudolf
von Habsburg. Ottokar erkannte die Wahl und den neuen König
nicht an. Dieser forderte im Gegenzug die Rückgabe angeeigneter
Reichsterritorien, was vor allem auf Ottokar und das besetzte
Egerland gemünzt war. Ottokar verweigerte Rudolf die Herausgabe
der eigenmächtig besetzten Reichslehen. In einer Reichsgerichtsverhandlung
zu dieser Anschuldigung unterlag Ottokar, worauf Rudolf die Reichsacht
gegen ihn verhängte. Dadurch verlor Ottokar die letzte Unterstützung
innerhalb des Reiches und in den benachbarten Territorien. Auch
innerhalb Böhmens verweigerte eine starke Adelsopposition
dem König die Unterstützung. Im Süden seines Territoriums
brach sogar ein offener Aufstand aus. Ottokar war gezwungen, 1276
in Wien auf alle Erwerbungen zu verzichten. Ihm blieben nur Böhmen
und Mähren.
Bei dem Versuch, seinen Herrschaftsraum mit Waffengewalt wiederherzustellen,
wurde er in der Schlacht bei Dürnkrut auf dem Marchfeld am
25. 8. 1278 von Rudolf und den verbündeten Ungarn (Ladislaus
IV.) geschlagen und auf der Flucht getötet. Sein Sohn Wenzel
II., mit einer Tochter Rudolfs verheiratet, behielt Böhmen
und Mähren.
Premysl Otakar II. (um 1233-1278) war der bedeutendste böhmische
König vor Karl IV., der sich an der Schwelle der 70-er Jahre
des 13. Jahrhunderts anschickte, im Kampf gegen Rudolf von Habsburg
als "Rex aureus et ferreus" auch nach der deutschen
Königskrone zu greifen.
NACHKOMMEN:
1)
Ehe: Margarethe von Babenberg (1205-1267), kinderlos, Scheidung
2) Ehe: Kunigunde von Machow (1246-1285)
Kinder aus der 2. Ehe:
Heinrich, *1262, +1263
Kunigunde (1265 - 27. 11. 132), verh. mit Herzog Boleslaw von
Masowien, nach seinem Tod (1302) Äbtissin von St. Georg
zu Prag
Agnes (1269-1296) - verheiratet mit Rudolf
II. von Habsburg (1271-1290), Herzog von Österreich
(Bruder von Albrecht I. von Habsburg)
Wenzel II. (1271-1305), König von
Böhmen
Illegitime
Kinder mit Hofdame Anna (?Margarete, ?Agnes) von Chuenring (alle?)
Nikolaus I, Herzog von Troppau (1254/5 - 25.7.1318) verh.
1283 mit Adelheid von Habsburg
Johann, (Ješek), Probst zu Vyšehrad bis 1296
Agnes, verh. mit Bavor III, Herr von Strakonitz
N.N. (Tochter), verh. mit Markvart von Trnava
N.N. (Tochter), verh. ca. 1276 mit Wok, Herr von Krawarz
Elisabeth, verh. mit Vikard, Herr von Polna, Burggraf von Brünn
N.N. (Tochter), verh.1277 mit N.N., Herr von Weitra
Literatur:
J. K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen. (Graz
1989);
J. Kuthan: Přemysl Ottokar II. König, Bauherr und
Mäzen (aus dem Tschechischen, Wien 1996). |
1278/83 |
Wenzel
II., Přemyslide, tsch.
Václav II. ['va:tslaf], König (seit 1278/83)
* 17. 9. 1271
1. oo 21.1.1285 mit Jutta (Guta) von Habsburg (* 13.3.1271,
† 21.6.1297), einer Tochter Rudolfs I.
von Habsburg.
2. oo 26.5.1300 mit Elisabeth-Richsa von Polen (*um 1286,
†18.10.1335, 2. oo 16.10.1306 Rudolf III. Graf von Habsburg
*1281, † 4.7.1307), Tochter des polnischen Königs Przemyslaw II.
† 21. 6. 1305 Prag
[] Zisterzienser-Kloster Zbraslav (Königssaal)
Sohn des Königs Ottokars II. Přemysl
aus seiner 2. Ehe mit der Kunigunde von Kiew, Tochter von Herzog
Rostislaw.
Nach
dem Tod seines Vaters (1278) stand Wenzel II. einige Jahre unter
Vormundschaft seines Onkels, Markgraf Ottos IV. von Brandenburg.
Er mußte 1278 alle Reichslehen und Eroberungen herausgeben
und Mähren für 10 Jahre verpfänden. Erst seit 1283
regierte Wenzel II. selbständig, wobei seine Herrschaft bis
1290 unter dem Einfluß rivalisierender Adelsgruppen, zwischen
pro- und anti-habsburgischen Geschlechtern, stand, besonders der
WITIGONEN (am 24.8.1290 ließ er seinen Stiefvater, Zawisch
von Falkenstein, den Exponenten der anti-habsburgischen Adelsgruppierung,
hinrichten und der Gruppe um Bischof Tobias von Bechyn und Purkart
von Janowitz. Doch erlangte der König von Böhmen bald
wieder eine wichtige Rolle in der Politik Mitteleuropas. Dazu
trug die Heirat mit der Tochter RUDOLFS von Habsburg bei. Wenzels
II. Haltung beeinflußte das Ergebnis der deutschen Königswahlen
in den Jahren 1292 und 1298. Mit Rücksicht auf die Interessen
der HABSBURGER konzentrierte sich die böhmische Politik damals
auf Meißen, das Pleißenland und besonders auf Polen.
Wenzel II. profitierte von der politischen Zersplitterung
Polens, festigte seine Macht zuerst in Oberschlesien (1289) und
beherrschte bald Kleinpolen mit Krakau (1291). In den Jahren 1291
und 1292 eroberte er Krakau und Sandomierz, Großpolen und
Pommern. Im Wettbewerb um die polnische Krone unterlag Wenzel
II. – unter dem Druck der päpstlichen Kurie –
zunächst dem großpolnischen Fürsten Przemysl II.
(1295). Als dieser 1296 ermordet wurde, konnte er sich bald darauf
in Prag zum König krönen lassen (1297), die zeitgenössischen
Chroniken berichten von dieser äußerst kostspieligen
Festlichkeit. Diplomatisch und militärisch abgesichert sowie
durch die Heirat mit des großpolnischen Fürsten Przemysls
Tochter vorbereitet, gelang Wenzel II. im Sommer 1300 der Einzug
in Polen, dem Wenzels Gegner, der PIAST Wladyslaw I. Lokietek,
keinen Widerstand leisten konnte; im August 1300 wurde Wenzel
II. in Gnesen zum König von Polen gekrönt. Er versuchte
Österreich und Steiermark zurückzugewinnen, was ihm
die erbitterte Feindschaft ALBRECHTS von Habsburg einbrachte.
Wenzel verhinderte 1291 dessen Wahl zum deutschen König und
wählte ADOLF von Nassau mit. Er geriet auch 1290 mit ALBRECHT
wegen Ungarn in Konflikt. Bei den Krönungsfeierlichkeiten
Wenzels II. in Prag (2.6.1297) trafen Wenzel, der Mainzer Erzbischof,
die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, die vertriebenen
WETTINER und Herzog Albrecht von Habsburg Absprachen zur Absetzung
ADOLFS von Nassau. Der neugewählte König sprach Wenzel
die Lausitzen, das Egerland, Meißen und das Pleißenland
zu. Nach dem Aussterben der ARPADEN eroberte er 1301 Ungarn und
ließ seinen Sohn zum König von Ungarn krönen,
womit er sowohl gegen den Papst, der Ungarn als päpstliches
Lehen ansah, und das Haus ANJOU damit belehnte, als auch gegen
ALBRECHT I., der Ungarn als Reichslehen ansah, geriet. Von dem
raschen politischen Aufstieg der premyslidischen Macht, die nun
die drei ostmitteleuropäischen Königskronen vereinte,
fühlten sich nicht nur die HABSBURGER, sondern auch die päpstliche
Kurie bedroht. Schon 1304 sah sich Wenzel II. gezwungen, in Ungarn
zu intervenieren, um seinen Sohn sicher nach Böhmen zurückzuholen.
Bald darauf mußte sich Wenzel II. gegen militärische
Interventionen wehren. Im Herbst 1304 drang König ALBRECHT
von Habsburg mit seinen ungarischen Verbündeten bis nach
Kuta Hora (Kuttenberg) vor. Zwar konnte Wenzel II. den Angriff
mit Hilfe des böhmischen Adels zurückschlagen. Wenzel
stellte die königliche Gewalt in Böhmen voll wieder
her, verbündete sich mit Brandenburg und trat Meißen
ab. Doch war die böhmische Herrschaft nicht nur in Ungarn,
sondern auch in Polen erschüttert. Obwohl der böhmische
König als einer der reichsten Herrscher Europas galt, brachten
ihn die Bezahlung des Heeres und die Unterstützung der polnischen
und ungarischen Magnaten mit riesigen Summen in finanzielle Schwierigkeiten.
Die PREMYSLIDEN verzichteten auf die ungarische Krone, um die
polnische Krone zu retten. Angesichts der Probleme der HABSBURGER
in Österreich und im Deutschen Reich hofften die PREMYSLIDEN,
doch erkrankte Wenzel II. im Frühjahr 1305 und starb am 21.
Juni.
Wenzel II. war nicht nur einer der bedeutendsten Könige aus
dem Hause der PREMYSLIDEN, sondern auch eine der hervorragendsten
Persönlichkeiten seiner Zeit. Mit Hilfe von Diplomatie und
militärischer Stärke verfolgte er konsequent seine politischen
Ziele und wählte dabei mit Bedacht seine Ratgeber und Helfer
aus, häufig Kleriker und zugewanderte Gefolgsleute. Im Unterschied
zu seinem Vater Otakar II. Premysl hatte Wenzel II. dennoch ein
recht gutes Verhältnis zum böhmischen Adel. Er war bemüht,
die wirtschaftliche und kulturelle Lage des Königtums zu
bessern. Wenzel II. führte eine Münzreform durch (1303)
und ließ die grossi Pragenses prägen. Er unterstützte
den Aufschwung des Bergbaus (besonders im Gebiet von Kuttenberg)
und erließ die Kuttenberger Bergordnung. Nur sein Versuch,
in Prag eine Universität zu gründen, blieb infolge des
Widerstands des Adels erfolglos. Gegen Ende seiner Regierung überschätzte
er jedoch die politischen und ökonomischen Möglichkeiten
seines böhmischen Königreiches.
—
Der böhmische König Wenzel II. aus dem Geschlecht
der Přemysliden gehörte zu den den erfolgreichen Schriftstellern
deutscher Sprache des damals beliebten Minesangs. Zusammen mit
seinem Vater Přemysl Ottokar II. ist er damit einer der
ersten bekannten Tschechen, die zu deutschen Schriftstellern
wurden und so eine bis heute andauernde Tradition von rund sieben
Jahrhunderten einleiteten. —
Nachkommen:
Kinder aus der 1. Ehe:
1) Przemysl Ottokar * 6.5.1288 † 19.11.1288
2) Wenzel III. * 6.10.1289 †
4.8.1306
3) Agnes * 6.10.1289 † 1293
4) Anna * 15.10.1290 † 3.9.1313, oo 13.2.1306
Heinrich VI. Herzog von Kärnten (1265/73 †
2.4.1335)
5) Elisabeth *20.1.1292 † 28.9.1330 Prag , oo 31.8.1310
oo Johann Graf von Luxemburg (10.8.1296 † 26.8.1346)
6) Judith * 4.3.1293 † 3.8.1294
7) Johann I.* 26.2.1294 † 1.3.1294
8) Johann II. *21.3.1295 † 6.12.1296
9) Margarete *9.2.1296 † 7./8.4.1322, oo 1308/10
Boleslaw III. Herzog von Schlesien-Liegnitz (* 23.3.1291 † 21.4.1352)
10) Agnes † um 1296 oo 1296 Ruprecht VI. Graf von
Nassau ( * um 1280 † 2.11.1304)
Kinder
aus der 2. Ehe
11) Agnes *15.6.1305 †
1336/4.1.1337 oo 1319 Heinrich I. Herzog von Schlesien-Schweidnitz-Jauer
(1292/96 †
6.3./15.5.1346)
Illegitimes
Kind:
12) Johann Wolek Bischof von Olmütz (1334-1351) †
1351
|
1302 |
Wenzel
III., tschechisch Václav III. ['va:tslaf], König
(seit 1305), * 06.10.1289, †(ermordet) Olmütz 4. 8.
1306; letzter Přemyslide (im Mannesstamm),
Sohn von Wenzel II., der ihn 1301 zum König
von Ungarn erheben und 1302 krönen ließ, was zum Krieg
mit dem Römischen König Albrecht I. führte. Nach
dem Tod seines Vaters verzichtete Wenzel 1305 auf die ungarische
Krone, um Polen gegen Wladislaw I. behaupten zu können; während
der Vorbereitungen zum Feldzug wurde er unter ungeklärten
Umständen ermordet.
Die
Migration aus der Ritterschaft sammelten sich erneut und in bislang
ungekanntem Ausmaße am böhmischen Hof Wenzel II. (bis
1305) und vor allem Johanns von Luxemburg (1310-1346). Die Mehrheit
der zugewanderten Ritter kam aus nahen deutschen Gebieten nach
Schlesien. Fast ein Viertel stammte aus der benachbarten
Oberlausitz, dabei allerdings aus dem entfernteren Westen. Aus
der ebenfalls benachbarten Niederlausitz - im Mittelalter schlicht
die Lausitz - stammten nur 6-8% aller Zuwanderer. Hohe Einwanderungszahlen
lassen sich für Meißen (ca. 20%), das Pleißenland
(ca. 10%) und Thüringen (ca. 15%) nachweisen. Ein ansehnlicher
Anteil von Zuwanderern stammte aus Böhmen (ca. 8-9%). Davon
kamen die meisten aus Nordböhmen, wobei viele zu Familien
gehörten, die wenig früher aus Deutschland eingewandert
waren. |
1306-1310 |
Heinrich
VI., Meinhardiner, (1265/73
- 02.04.1335), König von Böhmen und Polen (1306-1310)
Herzog
von Kärnten (1295-1335), Graf von Tirol (1295-1335),
König von Böhmen und Polen (1306-1310)
1. Ehe am 13.2.1306 mit Anna von Böhmen, (15.10.1290-3.9.1313),
Tochter des Königs Wenzel II. , Ersterbin
von Böhmen
Heinrich VI. wurde nach dem Erlöschen der PRZEMYSLIDEN 1306
vom böhmischen Adel gewählt, musste aber Rudolf III.
von Habsburg weichen. Nach dessen Tode folgte er erneut, setzte
sich gegen RudolfsBruder FRIEDRICH durch, wurde von ALBRECHT I.
geächtet und päpstlich gebannt und verbündete sich
mit Bayern, Meißen und Württemberg. Er verlor Mähren
an die HABSBURGER, die auch Kärnten und Tirol heimsuchten.
Von ALBRECHTS Nachfolger Kaiser HEINRICH VII. 1308 vorläufig
anerkannt, wurde er zu Gunsten von dessen Sohn Johann, seinem
Schwager, 1310 endgültig verjagt. Heinrich behielt den Königstitel
bei, beanspruchte weiterhin die böhmische Kurstimme und wählte
mit dieser 1314 FRIEDRICH von Habsburg mit zum deutschen König
gegen LUDWIG IV. DEN BAYERN. Er blieb ohne Macht in Böhmen,
wurde dort nie heimisch und schloss 1324 endgültig Frieden
mit den LUXEMBURGERN.
|
18.01.1307-03.07.1307 |
Rudolf
III. *um 1282 Wien, † 4.7.1307 Horazdowitz bei
Prag, (Herzog von Österreich), Habsburger,
König von Böhmen und Polen (1306-1307) |
15.08.1307-1310 |
Heinrich
VI. (siehe oben), Meinhardiner,
König von Böhmen |
1310
|
Luxemburger
Herrschaft
Johann
von Luxemburg, König von Böhmen (seit 1310),(Johann
2) * 10. 8. 1296, † (gefallen) Crécy-en-Ponthieu
26. 8. 1346, Sohn Kaiser Heinrichs VII.; wurde 1310 mit Böhmen
belehnt und mit der Tochter des Přemysliden Wenzel
II., Elisabeth, vermählt. Er übernahm die böhmischen
Ansprüche auf die polnische Krone und erwarb 1335 das Herzogtum
Breslau und die Lehnshoheit über andere schlesische Fürstentümer
sowie Masowien. Der Versuch, sich ein oberitalienisches Königreich
zu schaffen, scheiterte. Gegen Kaiser Ludwig IV., den Bayern,
suchte er Rückhalt bei Frankreich und der Kurie und erreichte
1346 die Wahl seines Sohnes Karl (IV.) zum Römischen König.
Mit diesem kämpfte er, obgleich 1340 erblindet, (Johann der
Blinde), bei Crécy auf französischer Seite gegen die
Engländer, wo er fiel. (Ehemaliges
Grab des Königs Johann von Böhmen) |
1346 |
Karl
IV., Luxemburger, als Karl
I. Römischer König (seit 1346), König von Böhmen
(seit 1347), als Karl IV. Römisch-Deutscher Kaiser
in Prag (seit 1355-1378), * Prag 14. 5. 1316, †
Prag 29. 11. 1378; Sohn König Johanns
von Böhmen;
Karl IV. hieß ursprünglich Wenzel,
nannte sich seit seiner Hochzeit (1324) mit einer Tochter des
Grafen Karl von Valois Karl; übernahm 1334—46
mit wachsendem Einfluss die Regentschaft in Böhmen. Am 11.
7. 1346 ließ sich Karl im Einvernehmen mit Papst Klemens
VI. von fünf Kurfürsten in Rhense zum Gegenkönig
zu Ludwig IV., dem Bayern wählen. Den von den Wittelsbachern
unterstützten Gegenkönig Günther von Schwarzburg
konnte er 1347 nach dem Tod Ludwigs rasch ausschalten. 1355 ließ
er sich in Rom von einem päpstlichen Legaten zum Kaiser krönen,
verzichtete aber auf die Ausübung kaiserlicher Herrschaftsrechte
in Italien. Im Königreich Burgund (Krönung dort 1365
in Arles) überließ er 1377 das Reichsvikariat dem französischen
Thronfolger. Im Heiligen (Römischen) Reich — diese
deutsche Bezeichnung erscheint erstmals in seinen
Urkunden — garantierte er durch die Goldene Bulle die Kurfürstenrechte
und regelte die bis 1806 geltenden Bestimmungen der Königswahl
unter Übergehung päpstlicher Ansprüche; er setzte
als erster Herrscher seit den Staufern 1376 die Wahl seines Sohnes
zum Nachfolger durch. Seine Politik konzentrierte sich auf den
Ausbau seiner Hausmacht: Er erwarb durch seine dritte Heirat (1353)
mit Anna von Schweidnitz, Tochter Heinrichs II. von Schlesien,
Rest-Schlesien, 1367 die Niederlausitz, 1373 Brandenburg. Seine
vierte Ehe, 1362 mit Elisabeth von Pommern eingegangen, der Erbvertrag
mit Habsburg (1364) und die Verlobung seines Sohnes Siegmund mit
einer Tochter König Ludwigs I. von Ungarn und Polen zielten
auf eine weitere Ausdehnung seiner Macht. Karl ließ Prag
als seine Residenz zum geistigen Mittelpunkt des Reichs ausbauen.
So wurde 1346 Prag Erbistum, sowie 1348
wurde die erste deutsche Universität in Prag gegründet.
Er berief bedeutende Baumeister, Künstler und Gelehrte (u.
a. Peter Parler; 1356 F. Petrarca). Unter Johannes von Neumarkt
gingen von seiner Kanzlei frühhumanistische Impulse aus.
Karl selbst schrieb eine lateinische Darstellung seines Aufstiegs
bis 1340; ein unbekannter Verfasser ergänzte sie bis 1346.
Außerdem verfasste Karl eine Wenzelslegende (herausgegeben
von A. Blaschka, 1934). Ein Fürstenspiegel für den Thronfolger
(herausgegeben von S. Steinherz, 1925) wird ihm zugeschrieben.
Literatur:
Vita Caroli Quarti. Die Autobiographie Karls IV., übersetzt
von E. Hillenbrand (1979).
F. Seibt: Karl IV. Ein Kaiser in Europa 1346 bis 1378 (51985,
Nachdruck
1994). |
1348 |
Gründung
der Prager Universität |
1378-1419 |
Wenzel
IV., Luxemburger, Während
der Herrschaft Wenzels IV. (1378-1419) in Böhmen machte sich
zunehmend Unzufriedenheit über die soziale, politische und
religiöse Lage breit; in dem sich zuspitzenden Konflikt fiel
dem um 1370 im südböhmischen Husinec geborenen Magister
Jan eine führende Rolle zu. Als Vertreter des Reformanliegens
und als Märtyrer gab er einer Bewegung seinen Namen (Hussiten),
die die Geschichte Böhmens im 15. Jahrhundert entscheidend
prägte. Der Sohn Karls war ein politisch schwacher König
und wurde vom Kurverein am 20. August 1400 wegen Faulheit als
Römischer König abgesetzt.
|
1393
|
Johann
von Pomuk (hl. Nepomuk) wird in der Moldau ertränkt. |
1399 |
Beginn
der reformatorischen Wirksamkeit von Jan Hus. Jan Hus predigte
ab 1402 in der Prager Betlehemskapelle, wo die tschechische Volkspredikt
ihren Mittelpunkt hatte (Quelle: 2000 Jahre Christentum, S. 379). |
1409
|
Tschechische
Vorherrschaft an der Universität Prag. Auszug deutscher Professoren
und Studenten, zumeist nach Leipzig. |
1410 |
Sigismund,
Siegmund, Römischer König (seit 1410) und Kaiser (seit
1433), * Nürnberg 15. 2. 1368, † Znaim 9. 12. 1437;
(letzter) Luxemburger, Sohn Kaiser
Karls IV., Bruder von Wenzel IV.,
Vater von Elisabeth. Sigismund war in
einer Doppelwahl 1410 gemeinsam mit seinem Vetter Jobst von Mähren
zum Deutschen König gewählt worden; Jobst von Mähren
starb aber bald, worauf Sigismund neu gewählt wurde.
Siegmund erbte 1378 die Markgrafschaft Brandenburg, erwarb durch
seine Heirat mit Maria von Anjou (* 1370, † 1395; Tochter
König Ludwigs I. (von Ungarn und Polen) Erbansprüche
auf beide Länder und wurde am 31. 3. 1387 zum König
von Ungarn gekrönt (ungarisch Zsigmond). Um die Mittel für
seine Kämpfe gegen die Adelsopposition in Ungarn und dessen
Verteidigung gegen die Türken aufbringen zu können (Niederlage
bei Nikopol, 1396), verpfändete er die Kurmark 1388 seinem
Vetter Jobst von Mähren und verkaufte 1402 die Neumark an
den Deutschen Orden. 1410 wählten die Kurfürsten ihn
und Jobst von Mähren in einer Doppelwahl zu Römischen
Königen. Nach Jobsts Tod (1411) erhielt Siegmund in einer
zweiten Wahl auch die übrigen Stimmen (1414 in Aachen gekrönt).
Siegmund veranlasste die Einberufung des Konzils von Konstanz.
1415 wird J. Hus hingerichtet.Wegen der Verbrennung von J. Hus
(1415) verweigerte Böhmen Siegmund, der 1420 in Prag durch
einen Teil der Stände zum König erhoben worden war,
die Anerkennung.
1419 beginnen die Hussitenkriege
Siegmund ruft 1420 zu einem Kreuzzug gegen die Hussiten auf;
1433 Religiöser Ausgleich in den Prager "Kompaktaten".
1434 Sieg der gemäßigten Utraquisten über die
radikalen Taboriten bei Liparly.
Erst nach der Niederlage der Taboriten bei Lipany (1434) wurde
Siegmund am 25. 7. 1436 auch als König von Böhmen anerkannt
(tschechisch Zikmund Lucemburský). Am 29. 1. 1433 wurde
Siegmund in Rom zum Kaiser gekrönt. Trotz des Scheiterns
einer Reichsreform (September 1434 Programm von 16 Artikeln) wird
die Regierungszeit Siegmunds, der den Landfrieden und die christliche
Einheit zu wahren vermochte, als einer der Höhepunkte des
späten Mittelalters angesehen. Durch die Vermählung
(1421) seiner Erbtochter Elisabeth
mit Herzog Albrecht V. von Österreich
(ab 1438 König Albrecht II.) bereitete
Siegmund dem späteren supranationalen Habsburgerreich
den Weg. Da Sigismund keine Söhne hatte, vererbte er die
böhmische und ungarische Krone an seinen Schwiegersohn Albrecht
von Habsburg.
1437 stirbt der letzte böhmische Luxemburger Sigismund
Literatur:
J. von Aschbach: Geschichte Kaiser Sigmunds, 4 Bände (1838—45,
Nachdruck
1964);
W. Baum: Kaiser Sigismund. Hus, Konstanz und Türkenkriege
(1993);
J. K. Hoensch: Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur
Neuzeit
1368—1437 (Neuausgabe 1997). |
06.07.1415
|
Kirchenreformator
Johann Hus in Konstanz hingerichtet |
1419-1436
|
Hussitenkriege |
1438
- 1439
|
Albrecht
II. ,Habsburger, (Römischer
König, Böhmischer König), * 16.08.1397, †
Neszmély (Ungarn) 27.10.1439; in der Nachfolge seines Vaters,
Albrechts IV., seit 1404 als Albrecht V. Herzog von Österreich,
vermählte sich 1421 mit König Siegmunds
Tochter Elisabeth und wurde 1437/38 gegen
starke Zugeständnisse an den einheimischen Adel Siegmunds
Nachfolger in Böhmen und Ungarn. Am 18. 3. 1438 zum römischen
König gewählt, wurde er durch Kämpfe gegen die
Türken in Ungarn und gegen die Polen im Osten festgehalten
und blieb ungekrönt, da er nach einem dieser Feldzüge
an der Ruhr starb. Seine Gattin gebar nach seinem Tod Ladislaus
V. Postumus.
Albrecht II. vereinte als Schwiegersohn Kaiser Sigismunds
die böhmische, die ungarische und die deutsche Krone. Ihm
war eine nur sehr kurze Regierungszeit beschieden.
L
iteratur:
W. Wostry: König Albrecht II., 1437—1439, 2 Teile
(Prag 1906/07);
Das Reichsregister König Albrecht II., bearbeitet von H.
Koller (1955); derselbe: Princeps in ecclesia (1964);
Regesta Imperii, bearbeitet von G. Hödl Band 12 (1975).
|
1440
- 1457
|
Elisabeth,
(Römische Königin und Königin von Ungarn und Böhmen
(seit 1438), * um 1409, † Raab (Ungarn) 19. 12. 1442; Tochter
von König Siegmund; heiratete 1421
Herzog Albrecht V. von Österreich (1438 als Albrecht
II. König). Elisabeth brachte ihrem Gatten die Anwartschaft
auf Böhmen und Ungarn in die Ehe ein. Mit dem Tode ihres Vaters
Siegmund (1437; seit 1433 Kaiser) erkannten
die ungarischen Stände sie als Landesherrin an. Seit ihrer
Krönung (mit ihrem Gatten am 1. 1. 1438 in Stuhlweißenburg)
betrieb sie eine den Interessen Albrechts zuwiderlaufende Politik
in Ungarn. Nach dem plötzlichen Tod Albrechts (1439) hielt
sie an den Thronansprüchen ihres nach dem Tod des Gatten geborenen
Sohnes Ladislaus V. Postumus fest (1440).
|
1440
- 1457
|
Ladislaus
V. Postumus, [lateinisch 'der Nachgeborene'], Habsburger,
König von Ungarn (seit 1440 beziehungsweise 1444) und Böhmen
(seit 1453), * Komárom 22. 2. 1440, † Prag 23. 11.
1457; Habsburger, nachgeborener Sohn des Römischen Königs
Albrecht II.; bereits am 15. 5. 1440 mit
der entführten Stephanskrone gekrönt (bis 1452 unter Vormundschaft
seiner Mutter und des Römischen Königs Friedrich III.),
wurde erst nach dem Tod des Gegenkönigs Wladyslaw I./III. 1444
anerkannt, wobei J. Hunyadi als Reichsverweser amtierte (1446;52),
während in Böhmen ab 1452 Georg von Podiebrad und Kunštát
die Regierungsgeschäfte für den 1452 gewählten und
am 28.10.1453 gekrönten Ladislaus führte. Ladislaus war
in beiden Ländern um die staatliche Konsolidierung und die
Abwehr der Türkengefahr bemüht; er musste nach der von
ihm veranlassten Hinrichtung des Sohnes von Hunyadi nach Prag fliehen.
|
1452,
1458-1471 |
Georg von Podiebrad und Kunštát,
tschechisch Jirí z Podebrad, König
(seit 1458-1471), * Podebrady 6. 4. 1420, † Prag 22. 3. 1471,
wurde als Führer der utraquistischen Hussiten 1452 Gubernator
(Reichsverweser) an der Seite des minderjährigen
Königs Ladislaus V. Postumus und nach
dessen Tod (1457) am 2. 3. 1458 zum König ('Hussitenkönig')
gewählt. Er konnte seine Anerkennung gegen mehrere nichtböhmische
Kandidaten gegenüber Polen und Ungarn, Reichsfürsten,
Kaiser und Papst durchsetzen, zog sich aber durch den vor der Krönung
(1459) von den Ständen geforderten Übertritt zum Katholizismus,
den er heimlich vornahm, allgemeines Misstrauen zu. Der von ihm
zur Stützung seiner Legitimität betriebene Plan eines
europäischen Fürstenbundes zur Osmanenabwehr scheiterte.
1466 bannte ihn Papst Paul II. als Ketzer und erklärte ihn
seines Königtums für verlustig. Am 3. 5. 1469 wurde sein
Schwiegersohn Matthias I. Corvinus,
der in den 2.
Hussitenkrieg (1468—71) eingegriffen hatte, von einer
Minderheit zum Gegenkönig gewählt, jedoch konnte Georg
sich behaupten; er starb vor Beendigung des Krieges.
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1471-1490
|
Matthias
I. Corvinus, Hunyadi, König
von Böhmen. |
1471,
1490
|
Wladislaw
(Wladislaw1), poln. Jagiellone, König
von Böhmen (seit 1471), als Wladislaw II.
König von Ungarn (seit 1490), * Krakau 1. 3. 1456, †
Buda (heute zu Budapest) 13. 3. 1516, Sohn Kasimirs IV. Andreas
von Polen; Vater von Ludwig II. Wladislaw
folgte Georg von Podiebrad und Kunštát,
hatte aber 1479 (Fürstentag zu Olmütz) die Herrschaft
des ungarischen Königs Matthias I. Corvinus über Mähren,
Schlesien und die Lausitz anzuerkennen. Im Kampf um dessen Nachfolge
in Ungarn konnte sich Wladislaw gegen Kaiser Maximilian I. und seinen
Bruder Johann I. Albrecht behaupten, mit dem er 1515 eine Erbvereinbarung
schloss. Ohne der Türkengefahr wirksam begegnen zu können,
wurde unter seiner schwachen Regierung die Ständeherrschaft
1505 in Böhmen und 1514 in Ungarn ('Tripartitum') rechtlich
abgesichert. |
1516 |
Ludwig II., ungarisch Lajos
II., Jagiellone, König von Ungarn
und Böhmen (seit 1516), * 1. 7. 1505, † 29. 8. 1526;
Sohn Wladislaws II. von Böhmen und
Ungarn; 1507 in Ungarn, 1509 in Böhmen zum Nachfolger gewählt.
Er unterlag den Türken in der Schlacht bei Mohács (29.
8.1526) und ertrank auf der Flucht. Aufgrund früherer Erbvereinbarungen
(1491, 1515) fielen seine Länder an das Haus Habsburg.
|
1526
|
Beginn
der Habsburger-Herrschaft (400 Jahre bis 1918)
in Böhmen durch Ferdinand I. von Österreich. Der späterer
Kaiser Ferdinand I. wird erster habsburgischer König von Böhmen |
1526
1556/58 |
Ferdinand
I., Habsburger, König von
Böhmen und Ungarn (seit 1526), Kaiser (seit 1556/58), * Alcalá
de Henares 10. 3. 1503, † 25. 7. 1564, Sohn Philipps I., des
Schönen, und Johannas der Wahnsinnigen, jüngerer Bruder
Kaiser Karls V., Vater von Maximilian II;
Ferdinand I. Gattin war Anna, die Tochter des polnischen Herrschers
Jagellonczyk, der auch König von Böhmen und Ungarn war.
Ferdinand und Anna waren 26 Jahre verheiratet, sie hatten 15 Kinder.
Diese Heirat vereinigte für über 400 Jahre lang die Kronen
Böhmens und Ungarns im Hause Habsburg, da der Schwager Ferdinands,
der Jagellone Ludwig II. in der Schlacht
von Mohacz gegen Sultan Suleiman II. gefallen war. Die Jagellonen,
Herrscher von europäischem Rang, zogen sich auf Polen zurück.
In Spanien unter starkem scholastischem Einfluss erzogen und in
den Niederlanden (ab 1518) mit der humanistischen Gedankenwelt des
Erasmus von Rotterdam bekannt geworden; erhielt in den mit seinem
Bruder Karl abgeschlossenen habsburgischen Teilungsverträgen
von Worms (21. 4. 1521 und Brüssel (7. 2. 1522 die österreichischen
Erblande einschließlich Tirols und der Besitzungen in den
Vorlanden und (bis 1534) in Württemberg. Er gelangte als Vertreter
seines häufig abwesenden kaiserlichen Bruders im Heiligen Römischen
Reich relativ rasch zu Einfluss, der sich nach seiner Wahl zum Römischen
König (5. 1. 1531 noch stetig vergrößerte. Durch
seine Wahl zum König von Böhmen (als Ferdinand
II.) und von Ungarn (22. 10. beziehungsweise 16. 12. 1526;
gekrönt 24. 2. beziehungsweise 3. 11. 1527) wurde Ferdinand
zum Begründer der habsburgischen
Donaumonarchie. Sein ungarisches Königtum hatte er zunächst
gegenüber Johann I. Zápolya zu behaupten, nach dem Frieden
von Großwardein (1538) in Auseinandersetzungen mit den Türken
(beschränkt auf das 'Königliche Ungarn'). Im Zusammenhang
mit der ständigen osmanischen Bedrohung (1529 erste Belagerung
Wiens) stehen seine die Verwaltung betreffenden Zentralisierungs-
und Vereinheitlichungsbestrebungen in den österreichischen
Erblanden (u. a. Hofrat, 1522, Hofkriegsrat, 1556); in seiner 'Hausordnung'
von 1554 verfügte er ihre Aufteilung an seine Söhne nach
seinem Tod (Habsburger).
1547 "Prager Artikel" der Stände verkünden Religionsfreiheit.
1556 Ferdinand I. läßt den Jesuitenorden nach Böhmen.
Es gelang Ferdinand, neben Karl V. zu einem wesentlichen Gestalter
der politischen und religiösen Verhältnisse im Reich zu
werden. Er wurde zum Vermittler zwischen Reichsfürsten und
Kaiser während der Fürstenverschwörung (1552) und
war um einen Ausgleich zwischen den Konfessionen bemüht (1552:
Passauer Vertrag, 1555: Declaratio Ferdinandea, Augsburger Religionsfriede).
Eine versöhnliche Religionspolitik verfolgte er auch nach der
Abdankung Karls V. (1556) und seinem verzögerten offiziellen
Herrschaftsantritt als Kaiser (Krönung 24.
3. 1558), indem er gegenüber dem Konzil von Trient für
die Aufhebung des Zölibats und die Gewährung des Laienkelchs
eintrat.
Literatur:
Die Korrespondenz Ferdinands I., bearbeitet von W. Bauer u. a.,
3 Bände in
4 Teilen (1912—84).
F. B. von Bucholtz: Geschichte der Regierung Ferdinands des Ersten,
9 Bände (Wien 1831—38, Nachdruck Graz 1968—71);
W. Bauer: Die Anfänge Ferdinands I. (Wien 1907);
P. Sutter Fichtner: Ferdinand I. Wider Türken und Glaubensspaltung
(aus
dem Amerikanischen, Graz 1986). |
1564 |
Maximilian
II., Habsburger, Kaiser (seit
1564), * Wien 31. 7. 1527, † Regensburg 12. 10. 1576, Sohn
Kaiser Ferdinands I., Urenkel von Maximilian
I. (Römischer König (seit 1486) und Kaiser (seit 1508)),
* Wiener Neustadt 22. 3. 1459, † Wels 12. 1. 1519, Habsburger,
Sohn Kaiser Friedrichs III.)
Maximilian II. ist der Vater von Kaiser
Rudolf II. und Matthias. Er heiratete
seine Cousine Anna, Tochter von Kaiser Karl V. Der Ehe entsprangen
16 Kinder, darunter Kaiser Rudolf II.
und Elisabeth, Königin von Frankreich.Der früh der lutherischen
Lehre zuneigende Maximilian wurde 1548 mit seiner entschieden
katholischen Cousine Maria (* 1528, † 1603), Tochter seines
Onkels Karl V. , verheiratet und war 1548—50 Statthalter
in Spanien. Nach seiner Rückkehr blieb er um einen Ausgleich
der Konfessionen bemüht, fand aber keinen Rückhalt bei
den lutherischen Fürsten, schwor deshalb vor seiner Wahl
zum Römischen König und Kaiser (30. 11. 1562, stets
katholisch zu bleiben, und folgte seinem Vater am 7. 2. 1564 (Huldigung
vor dem Papst) als Kaiser. Mit der Sicherung des Augsburger Religionsfriedens
von 1555 sorgte er für eine lang anhaltende Zeit der Ruhe.
Gegen die Türken kämpfte Maximilian unglücklich;
die ihm 1573 und 1575 angetragene polnische Krone vermochte er
nicht in Besitz zu nehmen. In seinen österreichischen Ländern
(seit 1552; seit 1562 König von Böhmen, seit 1563 als
Miksa I. König von Ungarn) stärkte er Luthertum und
Ständewesen. Auf Reichsebene konnte er sich in den ständig
schärfer werdenden Gegensätzen nicht durchsetzen.
Er ist in der Prager St. Veitskathedrale bestattet.
Literatur:
Die Korrespondenz Maximilians II., herausgegeben von V. Bibl,
2 Bände (1916—21, Nachdruck 1970).
V. Bibl: Maximilian II., der rätselhafte Kaiser (1929);
Kaiser Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert, herausgegeben
von F. Edelmayer und A. Kohler (Wien 1992);
M. Lanzinner: Friedenssicherung und politische Einheit des Reiches
unter Kaiser Maximilian II. 1564—1576 (1993).
|
1576-1612
1609 |
Rudolf
II. (Kaiser Rudolf I. 1576-1612) residierte Zeit seines
Lebens auf dem Prager "Hradschin", von Astrologen und
Alchimisten umgeben. An seinem Hofe wirkten Johannes Kepler, Tycho
Brahe und ungezählte Künstler und Wissenschaftler. Rudolf
schuf eine der bedeutendsten Kunstsammlungen aller Zeiten. Sein
schwermütiges Wesen rief Widerstand und Ablehnung hervor,
so daß es ihm immer weniger gelang, sich durchzusetzen.
Seine 1609 durch den "Majestätsbrief" bekannte
Politik der Begünstigung des böhmischen Protestantismus,
er gesteht den böhmischen Ständen Glaubensfreiheit und
beschränkten Kirchenbau zu, wurde kritisiert. Rudolf blieb
unverheiratet und hatte somit keine legitimen Kinder. Die Kurfüsten
ließen noch zu seinen Lebzeiten seinen Bruder Matthias
(Bruderzwist) zum Römischen König und zu seinem Nachfolger
wählen. |
1612-1619
|
Bruderzwist.
Ablösung Rudolf II durch Matthias,
Kaiser (seit 1612), * Wien 24. 2. 1557, † Wien 20.03.1619;
Habsburger, dritter Sohn Kaiser Maximilians
II.; war zunächst als Statthalter in den Niederlanden
(1578;81) und im Erzherzogtum Österreich ob und unter der
Enns (ab 1594) ohne großen politischen Erfolg. Gegen seinen
Bruder, Kaiser Rudolf II., im April 1606 in einem Geheimvertrag
als Haupt des Hauses Habsburg anerkannt (Beginn des 'Bruderzwists'),
übernahm Matthias als Erzherzog die Regierung in Österreich
sowie die Führung des Krieges gegen die Türken und die
aufständischen Ungarn um I. Bocskay (Friedensschlüsse
ohne kaiserlicher Zustimmung, Zsitvatorok und Wien 1606). Im Vertrag
von Lieben bei Prag vom 25. 6. 1608 musste Rudolf die Regierung
in Österreich abtreten, ebenso in Mähren und Ungarn
(dort war Matthias als Mátyás II. König bis
Juli 1618). Nach der erzwungenen Abdankung Rudolfs am 23. 5. 1611
wählten ihn auch die böhmischen Stände zum König
, gekrönt 11.08.; bis 1617). Nach Rudolfs Tod wurde Matthias
am 13. 6. 1612 zum Römischen König und Kaiser gewählt.
Gestützt auf seinen Hauptratgeber Kardinal M. Klesl, suchte
Matthias vergebens zwischen Protestanten und Katholiken zu vermitteln;
Matthias weigert sich, den "Majestätsbrief" der
Böhmen anzuerkennen, den sein Bruder und Vorgänger Rudolf
ausgestellt hatte. Es kam zum Aufstand, zu dem sich die kalvinistischen
Stände Böhmens hinreißen ließen. Der Prager
Fenstersturz (23. 5. 1618 führte zum Ausbruch des Dreißigjährigen
Krieges. 1615 sah er sich aufgrund versagter Reichsmittel zu einem
ungünstigen Friedensschluss mit den Türken gezwungen
( Türkenkriege). Am 20. 3. 1617 willigte der kinderlose Kaiser
in die Nachfolge seines Vetters Erzherzog Ferdinands
(steirische Linie der Habsburger) ein, der seither die Politik
prägte (als Ferdinand II. ab 1619 Kaiser).
Matthias stiftete die Kapuzinergruft.
|
1617,
1619 |
Ferdinand
II.,Habsburger, König von Böhmen (1617) und Ungarn
(1618) Kaiser (seit 1619), * Graz 9. 7. 1578, † Wien 15. 2.
1637, Sohn Erzherzog Karls von Innerösterreich (Steiermark,
Kärnten, Krain), Vater von Ferdinand
III., Enkel von Ferdinand I. Von Jesuiten
erzogen und zeitlebens beraten, trat Ferdinand als Landesherr Innerösterreichs
(seit 1590 Erzherzog, seit 1595 Regent) entschieden für die
Rekatholisierung ein und ließ die 1586 neu gegründete
Universität Graz zum geistigen Zentrum der gegenreformatorischen
Aktivitäten werden. Er vereinigte die sterreichischen Erblande
wieder, trat aber 1623 Tirol an seinen Bruder, Erzherzog Leopold
V., ab. Noch zu Lebzeiten seines Vorgängers Matthias zum König
in Böhmen (1617) und Ungarn (1618) gewählt, begünstigte
er auch dort die Gegenreformation; infolge des Böhmischen
Aufstandes (offen ab 23. 5. 1618) verlor er aber die Wenzelskrone
zeitweise wieder. Nach seinem Sieg am Weißen
Berg (1620) betrieb Ferdinand in Böhmen eine umfassende
katholische Restauration und bewirkte durch umfangreiche Güterkonfiskationen
eine starke Auswanderungsbewegung des protestantischen Adels, die
weit reichende soziale und ökonomische Folgen hatte. Im Heiligen
Römischen Reich wurde Ferdinand eine Woche nach seiner Absetzung
als König von Böhmen am 28. 8. 1619 zum König und
Kaiser gewählt und festigte seine Stellung schnell auf der
Grundlage des Münchener Vertrages mit der Liga und seinem Schwager,
Herzog Maximilian I. von Bayern (1619). Während er sich in
Böhmen mit der 'Verneuerten Landesordnung'
(1627) endgültig im erbmonarchischen Sinne gegen die Stände
durchsetzte, gelang ihm dies im Reich nicht, wo er mit der Verkündung
des Restitutionsediktes (1629) den Höhepunkt seiner Macht erreichte.
Nach früheren erfolglosen Bemühungen gelang es ihm 1636,
seinen Sohn Ferdinand III gegen vorherige
Zugeständnisse an die Kurfürsten (u. a. Verzicht auf Durchführung
des Restitutionsedikts, Entlassung A. W. E. Wallensteins 1630) zu
seinem Nachfolger wählen zu lassen. Mit dem protestantischen
Kurfürsten von Sachsen schloss er den Frieden von Prag (1635),
dem fast alle Reichsstände beitraten; er konnte aber den Reichsfrieden
nicht wiederherstellen ( Dreißigjähriger
Krieg). — Mausoleum in Graz.
Literatur:
F. C. von Khevenhüller: Annales Ferdinandei ..., 9 Bände
(1610—46; Neuausgabe in 12 Bänden und 2 Supplement-Bänden
1721—26);
F. von Hurter: Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern,
11 Bände (1851—64);
Akten und Korrespondenzen zur Geschichte der Gegenreformation in
Innerösterreich unter Ferdinand II., herausgegeben von J. Loserth,
2 Bände (Wien 1906—07);
H. Sturmberger: Kaiser Ferdinand II. und das Problem des Absolutismus
(1957);
J. Franzl: Ferdinand II. Kaiser im Zwiespalt der Zeit (Graz 21989);
M. Frisch: Das Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands II. vom 6. März
1629
(1993). |
31.07.1617 |
Konföderationsakte,
neue Staatsverfassung |
|
Zweiter
„Prager Fenstersturz“. Durch verstärkte katholische
Reaktion wendet sich die Erbitterung bes. gegen zwei kaiserliche
Beamte (Wilhelm Graf von Slawata und Jaroslaw Graf von Martinitz.
Aufstand in Prag wegen Verletzung des Majestätsbriefes.
Der Prager Fenstersturz löst den DREIßIGJÄHRIGEN
KRIEG aus:
1618-1623 Böhmisch-Pfälzischer Krieg
1625-1629 Niedersächisch- Dänischer Krieg
1630-1635 Schwedischer Krieg
1635-1648 Schwedisch-Französischer Krieg
24.10.1648 Westfälischer Freiden |
1619-1620 |
Die
böhmischen Stände setzen ihren 1617 gewählten König
Ferdinand II (ab 1619 Kaiser) ab und wählen im August 1619
Kurfürst Friedrich V., von der Pfalz, Wittelsbacher,
den kalvinistischen Führer der Union zum böhmischen
König. (Winterkönig) ist der Beiname Friedrichs
V. von der Pfalz. Bezogen auf sein kurzes, nur über einen
Winter behauptetes Königtum in Böhmen. Gewählt
im Aug. 1619, in Prag seit Oktober, gekrönt am 4.11.1619,
geflohen am 8.11.1620 nach der "Schlacht am Weißen
Berg" bei Prag.
|
|
Die
"Schlacht am Weißen Berg" (tsch. Bilá hora)
östlich von Prag bringt mit dem Sieg der Kaiserlichen und der
Flucht des "Winterkönigs" Friedrich von der Pfalz
die Restauration des Katholizismus. Habsburgerzeit nun ununterbrochen
bis 1918
Die von J.T. Graf von Tilly, Herzog Maximilian I. von Bayern und
K.B. Graf von Buquoi geführten Truppen Kaiser FERDINANDS II.
und der kath. Lig besiegten das Heer des Kurfürsten Friedrichs
V. von der Pfalz unter Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg.
Die völlige Niederlage beendete den Böhmischen Aufstand,
der den Dreißigjährigen Krieg einleitete. |
1627,
1637 |
Ferdinand
III., Habsburger, Kaiser (seit 1637), * Graz 13. 7. 1608,
† Wien 2. 4. 1657, Sohn von Kaiser Ferdinand
II., Vater von Kaiser Leopold I.; wurde
1625 ungarischer, 1627 böhmischer und nach einem gescheiterten
Wahlversuch (Regensburg, 1630) erst 1636 Römischer König.
Als Generalissimus (seit 1634) wesentlich am Sieg bei Nördlingen
(1634) und am Prager Frieden
(1635) beteiligt, suchte Ferdinand ab 1637 vergeblich die Stellung
des Kaisers im Reich zu stärken. Im Westfälischen Frieden
(1648) konnte er die Zersplitterung des Reiches und Gebietsabtretungen
an Schweden und Frankreich nicht verhindern, im 'Jüngsten Reichsabschied'
(1654) gelang nur eine 'abgebrochene Verfassungsreform' des Heiligen
Römischen Reiches.
Während er seinen ältesten Sohn Ferdinand (IV.) noch zu
seinen Lebzeiten (1653) zu seinem Nachfolger wählen lassen
konnte, scheiterte nach dessen Tod 1654 eine erneute Nachfolgeregelung
aufgrund des wachsenden Einflusses
von König Ludwig XIV. von Frankreich. In Österreich schuf
Ferdinand eine straffe Verwaltung und sicherte das katholische Bekenntnis;
in Ungarn hatte er sich bis zum Frieden von Linz (1645) mit Georg
I. Rákóczy auseinander zu setzen, der durch Bündnisse
mit Schweden und Frankreich in eine antihabsburgische Allianz eingebunden
war. — Ferdinand, selbst Komponist, förderte die italienische
Oper in Wien.
Literatur:
M. Koch: Geschichte des Deutschen Reiches unter der Regierung Ferdinands
III., 2 Bände (Wien 1865—66);
Die Habsburger, herausgegeben von B. Hamann |
1627/28
|
"Erneuerte
Landesordnung" zugunsten des habsburgischen Absolutismus in
Böhmen und Mähren. Die böhmische Hofkanzlei wird
nach Wien verlegt. |
1635 |
Prager
Friedensschluss: Die Lausitz fällt an Sachsen |
1655,
1656,
1658 |
Leopold
I., Kaiser (seit 1658), als Lipót I. König
von Ungarn (seit 1655), König von Böhmen (seit 1656),
* Wien 9. 6. 1640, † Wien 5. 5. 1705, zweiter Sohn Kaiser
Ferdinands III., Vater von Kaiser Joseph
I. und Karl VI.; ursprünglich für
die
geistliche Laufbahn erzogen, folgte seinem Vater 1657 in den österreichischen
Erblanden, nach 15-monatigem Interregnum Wahl (1. 8.
1658) zum Römischen König und Kaiser. Leopold geriet
bald in die militärischen Auseinandersetzungen seiner Zeit.
Nachdem er im
1. Nordischen Krieg (1655—60) Brandenburg-Preußen
und Polen gegen die schwedische Übermacht unterstützt
hatte, kam er in Siebenbürgen in Krieg mit den Türken
(1662—64), abgeschlossen mit dem Verzichtfrieden von Vasvár
(10. 8. 1664). Leopolds absolutistische und gegenreformatorische
Innenpolitik, betrieben v. a. von W. E. Fürst von Lobkowitz,
stieß besonders in Ungarn auf Widerstand, da sie sich sowohl
gegen die Protestanten als auch gegen die ständische Verfassung
der Magyaren richtete. Trotz Niederwerfung der Wesselényischen
Magnatenverschwörung 1665—70/71 (u. a. Istvan Tököly,
P. Zrínyi) kam es zum Kuruzen-Aufstand des mit den Türken
verbündeten Imre Tököly, den der Großwesir
Kara Mustafa zur militärischen Offensive nutzte. Dessen Versuch,
im 'Großen Türkenkrieg' (1683—99) Wien zu erobern,
scheiterte in der Schlacht am Kahlenberg (12. 9. 1683. Der Frieden
von Karlowitz (1699) leitete die Entstehung der Donaumonarchie
(Förderung der Erblande) und den Aufstieg Österreichs
zur europäischen Großmacht ein. Mit dem 'Einrichtungswerk'
gelang Leopold 1688/89 der Zugriff auf Ungarn, das er 1687 zur
Erbmonarchie im habsburgischen Mannesstamm gemacht hatte. Gleichzeitig
stand Leopold im Abwehrkampf gegen die Expansionsspolitik des
französischen Königs Ludwig XIV. (Beteiligung am Holländischen
Krieg 1672—78/79, dem Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688—97);
1701 trat Leopold in den Spanischen Erbfolgekrieg (1701—13/14)
ein.
Im Innern veranlasste Leopold, der ab 1679 selbst die Regierung
führte, eine bürokratische Straffung der Verwaltung.
Im Reich gelang es ihm allmählich, das kaiserliche Ansehen
wieder zu heben und über den seit 1663 permanent in Regensburg
tagenden ('Immerwährenden') Reichstag reichspolitisch aktiv
zu werden. Hannover sicherte er 1692 die neunte Kur. Im 'Krontraktat'
mit Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg (16. 11. 1700)
erkannte er die Königswürde der Hohenzollern 'in' (ab
1701; seit 1772 von) Preußen und deren Vormachtstellung
im Norden des Reichs an.
Leopold war ein strenggläubiger Katholik, der Klerikern großen
Einfluss einräumte, ohne sich aber von ihnen lenken zu lassen.
An der durch Theater und Musik bestimmten Wiener Hofkultur des
Barock nahm der hochgebildete Kaiser aktiv teil, u. a. durch (79
geistliche, 155 weltliche) eigene Kompositionen.
Er
gründete die noch heute bestehenden Universitäten von
Olmütz, Breslau und Insbruck.
Literatur:
J. P. Spielman: Leopold I. (aus dem Englischen, Graz 1981). |
1705 |
Joseph
I., Habsburger, König von Böhmen und Ungarnd,
Kaiser (seit 1705), * Wien 26. 7. 1678, † Wien 17. 4. 1711,
ältester Sohn Kaiser Leopolds I.; 1690 zum römisch-deutschen
König gewählt, setzte er als Nachfolger seines Vaters
mithilfe des Prinzen Eugen von Savoyen-Carignan den Spanischen Erbfolgekrieg
fort, verhinderte mit der Konvention von Altranstädt (1. 9.
1707 den Kriegseintritt Schwedens aufseiten Frankreichs und suchte
im Reich wie in Italien die kaiserliche Autorität wieder stärker
zur Geltung zu bringen: 1706 Reichsacht gegen die mit Frankreich
verbündeten Kurfürsten von Köln und Bayern, 1708
Wiedereinführung der böhmischen Kur, militärische
Erfolge in Italien, u. a. Unterwerfung Mailands, Eroberung Neapels,
Besetzung von Teilen des Kirchenstaats. Der Aufstand Franz' II.
Rákóczi in Ungarn (Siebenbürgen) konnte erst
nach Josephs Tod endgültig beendet werden.
Literatur:
C. W. Ingrao: Joseph I. Der vergessene Kaiser (aus dem Englischen,
Graz 1982). |
1711 |
Karl
VI., Kaiser (seit 1711), als König von Ungarn Karl
III., ungarisch Károly III., * Wien 1. 10. 1685, †
Wien 20. 10. 1740; zweiter Sohn Kaiser Leopolds
I., Vater von Kaiserin Maria Theresia;
wurde nach dem Aussterben der spanischen Habsburger als Karl III.
(spanisch Carlos III.) 1703 zum König von Spanien ausgerufen
( Spanischer Erbfolgekrieg). Nach dem frühen Tod seines Bruders,
Kaiser Josephs I., wurde er dessen Nachfolger
und musste im Frieden von Utrecht (1713) auf die spanische Krone
verzichten, während er im Rastatter Frieden (1714) mit den
spanischen Nebenlanden (Neapel, Mailand, Sardinien, Spanische
Niederlande) einen Teil des spanischen Erbes erhielt. In den maßgeblich
vom Prinzen Eugen von Savoyen-Carignan erfolgreich geführten
® Türkenkriegen sicherte sich Österreich im Frieden
von Passarowitz (1718) erhebliche Landgewinne (Serbien, Walachei,
Banat u. a.). Als Karl die Wirtschaftspolitik auf Übersee
ausdehnte und neben Triest und Fiume auch Ostende zum Hafen ausbaute,
um Österreich aus seiner kontinentalen Isolierung zu lösen,
geriet er in Gegensatz zu den Niederlanden und England und konnte
seine zukunftsweisenden Projekte (Ostindische Handelskompanie)
nicht ausführen. Durch mühevolle Verhandlungen suchte
Karl seiner Regelung der Erbfolge im Hause Habsburg in der Pragmatischen
Sanktion die Anerkennung der europäischen Mächte zu
verschaffen. Seine Außenpolitik war davon bis zum Polnischen
Thronfolgekrieg geprägt. In den Wiener Friedensschlüssen
von 1735 und 1738 überließ Karl den spanischen Bourbonen
Neapel und Sizilien, erhielt jedoch Parma-Piacenza und die Anerkennung
der Pragmatischen Sanktion.
Nicht
nur Ungarn, auch Siebenbürgen, Slawonien und Kroatien waren
nun unter dem Schirm des Habsburgers vereint. Karl schuf ein neues
Hausgesetz, die s.g. „Pragmatische Sanktion“. Hier
wurde festgelegt, daß die Töchter Karls den Vorrang
in der Erbfolge vor den Töchtern seines Bruders Joseph einnehmen.
Karl bemühte sich - vielleicht all zu fürsorglich -
um völkerrechtliche Zustimmung zu dem Gesetz. Außer
beim Schwiegersohn seines Bruders fand er weitgehend Zustimmung.
Mit dem musikbegeisterten Karl, dessen Regierungszeit zum Höhepunkt
des Barock in Österreich wurde, starb der Mannesstamm der
Habsburger aus.
Die Gelegenheit seines Todes nutzte Friedrich II. von Preußen
zur Entfesselung des 1. Schlesischen Krieges, welcher wiederum
den Österreichischen Erbfolgekrieg auslöste. Friedrich
August II. von Sachsen, der mit der seiner Ansicht nach wahren
österreichischen Erbin Maria Josefa, der Tochter Kaiser Josefs
I., verheiratet war, ließ sich vom Papst von seinem Eide
auf die pragmatische Sanktion entbinden.
Seine
Tochter Maria Theresia folgte ihm
auf dem Thron.
Sekundärliteratur:
A. Prinz von Bayern: Das Ende der Habsburger in Spanien, 2 Bände
(1929) |
|
Maria
Theresia, Erzherzogin (seit 1740), Königin von Böhmen
und Ungarn (seit 1740), * Wien 13. 5. 1717, † Wien 29.11.1780;
Erbtochter Kaiser Karls VI.; seit 1736 mit
Herzog Franz Stephan von Lothringen (als Franz
I. seit 1745 Kaiser; seitdem wurde Maria Theresia als Kaiserin
bezeichnet) und Stammmutter des Hauses Habsburg-Lothringen; Mutter
u. a. der späteren Kaiser Joseph II.
und Leopold II., von Kurfürst Maximilian
Franz von Köln. Nach dem Tod ihres Vaters übernahm Maria
Theresia aufgrund der Pragmatischen Sanktion 1740 die Regierung
der habsburgischen Gesamtlande, sah sich aber zahlreichen Erbansprüchen
anderer europäischer Herrscher ausgesetzt. König Friedrich
II., der Große, von Preußen löste mit seinem Angriff
auf Schlesien ( Schlesische Kriege)
den Österreichischen
Erbfolgekrieg (1740-48) aus, in dem die Königin von Ungarn
(ungarisch Mária Terézia; 1741 durch die Stände
gekrönt) ihre Länder ; ausgenommen Schlesien sowie Parma
und Piacenza mithilfe Großbritanniens behauptete.
Nach dem Frieden von Dresden (1745) wurde das
österreichische Heer durch L. von Daun und F. M. von Lacy
reformiert (Dienstreglement von 1749, 'Generalstab', Militärschulen
1752). Die Außenpolitik,zunächst unter J. C. Bartenstein,
seit 1753 unter der Leitung von W. A. von Kaunitz, richtete sich
auf die Wiedergewinnung Schlesiens und war infolge der Allianz
mit Frankreich (1756) gegen das jetzt mit Großbritannien
verbündete Preußen durch die Umkehr der Bündnisse
geprägt. Im
Siebenjährigen Krieg
(1756—63) musste Maria Theresia endgültig auf Schlesien
verzichten. Nach dem Tod Franz' I. (1765), der auch als Kaiser
ihr Mitregent in den habsburgischen Erblanden geblieben war, setzte
sie ihren ältesten Sohn Joseph als Mitregenten ein und hielt
während des Dualismus mit Preußen am Status quo fest.
In der ersten Teilung Polens 1772 erhielt sie Galizien und festigte
1775 mit dem Erwerb der Bukowina Österreichs Stellung in
Ostmitteleuropa; mit Joseph förderte sie dort die planmäßige
Neubesiedlung und Kolonisation, besonders in der Batschka und
im Banat (u. a. Donauschwaben; Volkszählung 1771/72). Durch
den Bayerischen Erbfolgekrieg kam 1779 das Innviertel zu Österreich.
Beraten besonders von F. W. Graf Haugwitz, begründete Maria
Theresia mit der ab 1749 vorsichtig und maßvoll gehandhabten
Reform der inneren Verwaltung die bis 1848 bestehende Form des
österreichischen Staatswesens ('theresianische Staatsreform';
Schaffung neuer Landesbehörden und einer einheitlichen Zentralgewalt,
die die nur lose miteinander verbundenen Länder zusammenfasste:
u. a. 1742 Geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei, 1761 Staatsrat,
1763 Gubernien, 1765 Hofkammer). Sie förderte außerdem
(Textil-)Industrie und Handel, veranlasste 1768 die Schaffung
eines neuen Strafgesetzbuchs ('Constitutio Criminalis Theresiana')
und 1776 die Abschaffung der Folter, milderte die bäuerliche
Leibeigenschaft und die Frondienste (Bauernbefreiung), hob die
Steuerfreiheit von Adel und Klerus auf, setzte der Kirche staatliche
Grenzen und wurde die eigentliche Gründerin des Volksschulwesens
in Österreich (1774; G. van Swieten, J. A. Felbiger). Auch
wenn sie selbst der Aufklärung distanziert gegenüberstand,
waren ihre Berater davon geprägt, wodurch sie dem späteren
Josephinismus den Weg ebneten.
Maria Theresias Persönlichkeit, ihre tiefe Frömmigkeit
sowie ihre Mütterlichkeit — aus der Ehe mit Franz I.
stammten 16 Kinder — ließen sie zu einer volkstümlichen
Herrscherin werden; in der Kapuzinergruft beigesetzt.
Literatur:
Maria T. und Joseph II.: Correspondenz sammt Briefen Josephs an
seinen Bruder Leopold, herausgegeben von A. von Arneth, 3 Bände
(1867—68);
Maria T. Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, herausgegeben
von P. Christoph (Neuausgabe 1980);
Briefe und Aktenstücke in Auswahl, herausgegeben von F. Walter
(21982).
A. von Arneth: Geschichte Maria T.s, 10 Bände (Wien 1863—79,
Nachdruck 1971);
P. Reinhold: Maria T. (1977);
Maria T. und ihre Zeit, herausgegeben von W. Koschatzky (Salzburg
1979);
Maria T. Ihr Leben und ihre Zeit in Dokumenten und Bildern, herausgegeben
von G. und G. Mraz (1979);
A. Wandruszka: Maria T. Die große Kaiserin (1980);
V. L. Tapié: Maria T. Die Kaiserin und ihr Reich (aus dem
Französischen, Graz );
F. Herre: Maria T. Die große Habsburgerin (1994).
|
1745 |
Franz
I., Kaiser (seit 1745), als Herzog von Lothringen und Großherzog
von Toskana Franz Stephan, * Nancy 8. 12. 1708,
† Innsbruck 18. 8. 1765; wurde seit 1723 am Hof Kaiser Karls
VI. in Wien erzogen, erhielt 1729 das schlesische Herzogtum Teschen
und folgte im gleichen Jahr seinem Vater, Herzog Leopold, in Lothringen.
1736 musste er dieses infolge des Polnischen Thronfolgekrieges (Wiener
Vorfriede 1735) an den entthronten Polenkönig Stanislaus I.
Leszcynski, den Schwiegervater
Ludwigs XV. von Frankreich, abtreten, erhielt dafür 1737 das
Großherzogtum Toskana und wurde Reichsgeneralfeldmarschall.
Seit 1736 mit Maria Theresia vermählt,
wurde er, Vater von 16 Kindern, zum Stammvater des Hauses Habsburg-Lothringen.
Seit 1740 war Franz formell Mitregent in den Erblanden. Er übte
zwar keinen Einfluss aus, machte sich aber durch ökonomische
und administrative Reformen verdient. 1745 wurde er als Nachfolger
Karls VII. Kaiser.
Literatur:
H. L. Mikoletzky: Kaiser Franz I. Stephan und der Ursprung des habsburgisch-lothringischen
Familienvermögens (1961);
G. Schreiber: Franz I. Stephan (Graz 1986);
R. Zedinger: Hochzeit im Brennpunkt der Mächte. Franz Stephan
von
Lothringen und Erzherzogin Maria Theresia (Wien 1994). |
1740-1742 |
1.
Schlesischer Krieg |
1741/42
|
Der
Österreichische Erbfolgekrieg bringt die Einsetzung Karl Alberts
von Bayern zum böhmischen König (bis 1745) und den Verlust
Schlesiens an Preußen. |
1744-1745 |
2.
Schlesischer Krieg |
1749
|
Maria
Theresia löst die böhmische Hofkanzlei in Wien auf und
führt die zentralistische Verwaltung für Böhmen ein.
|
1756-1763 |
3.
Schlesischer Krieg. Siebenjähriger
Krieg (siehe auch Greifendorf) |
1770 |
Bauernaufstand
in Böhmen-Mähren |
1765 |
Joseph
II., Kaiser (seit 1765), * Wien 13. 3. 1741, † Wien
20. 2. 1790, ältester Sohn Kaiser Franz'
I. und Maria Theresias; wurde
1764 zum römisch-deutschen König gewählt und 1765
von seiner Mutter als Mitregent in den habsburgischen Erblanden
angenommen, wo sie ihm nur bei der Reform des Heerwesens freie Hand
ließ. In der auswärtigen Politik geriet er oft in Gegensatz
zu ihr, z. B. als er 1772 die Teilnahme Österreichs an der
ersten Teilung Polens durchsetzte (Gewinn Galiziens); die Türken
bewog er 1775 zur Abtretung der Bukowina. Joseph suchte eine Verständigung
mit König Friedrich II., dem Großen, von Preußen
(zwei persönliche Begegnungen). Sein Plan einer Erwerbung Bayerns
scheiterte aber ebenso an jenem (Bayerischer Erbfolgekrieg 1778/79)
wie ein groß angelegtes Projekt eines Austausches Bayerns
und Salzburgs gegen die Österreichischen Niederlande; Joseph
konnte lediglich das Innviertel
gewinnen. Ein weiterer Versuch stieß 1785 auf entschiedenen
Widerstand der meisten Reichsfürsten (Deutscher Fürstenbund).
Durch den Tod seiner Mutter wurde Joseph 1780 Alleinherrscher in
den habsburgischen Erblanden. Seit dem Teschener Frieden von 1779
mit Brandenburg-Preußen verfeindet, näherte er sich der
russischen Kaiserin Katharina II. und schloss 1781 ein Verteidigungsbündnis
mit ihr, aufgrund dessen er 1788 in einen Türkenkrieg hineingezogen
wurde, in dem die Österreicher Belgrad eroberten (8.10.1789.
Joseph II., einer der Hauptvertreter des 'aufgeklärten Absolutismus',
unterzog sein Land umfassenden innenpolitischen Reformen (Recht,
Verwaltung, Wirtschaft, Sozialwesen). Sein Ziel war ein zentralistisch
verwalteter Staat mit deutscher Staatssprache, gestützt auf
Heer und Beamtenschaft; eine Sonderstellung der Einzelländer
seiner Monarchie wollte er nicht zugestehen. In Galizien und der
Bukowina, in Ungarn und Siebenbürgen gründete er zahlreiche
deutsche Ansiedlungen. Zur Fortsetzung der Bauernbefreiung wurde
1781 die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben
und den nichtkatholischen christlichen Konfessionen Duldung zugesichert
(Toleranzpatent); eine allgemeine Grundsteuer — auch für
den Adel — wurde eingeführt. In seiner merkantilistischen
Wirtschaftspolitik förderte er mit hohen Schutzzöllen
Industrie und Handel. Schulen, Kranken- und Blindenhäuser wurden
gebaut, die Zensur gemildert, die Folter abgeschafft (Josephinisches
Gesetzbuch). Besonders einschneidend waren die Reformen, die das
Verhältnis Staat—Kirche betrafen (Josephinismus). Gegen
seine antiständische und antiföderalistische Reformpolitik
regte sich wachsender Widerstand, zuerst im Adel und in der Geistlichkeit.
Nationale Erhebungen in Ungarn (1788—90) und in den österreichischen
Niederlanden (1787) zwangen ihn kurz vor seinem Tod, die meisten
seiner Reformen für diese Länder wieder aufzuheben.
Literatur:
L. Mikoletzky: Kaiser Joseph II. Herrscher zwischen den Zeiten (1979);
Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II., bearbeitet von K. Gutkas
u. a.,
D. Beales: Joseph II., auf mehrere Bände berechnet (Cambridge
1987 folgende);
K. Gutkas: Kaiser Joseph II. (Wien 1989). |
1790,
1791 |
Leopold
II., Kaiser (seit 1790), als Lipót II. König
von Ungarn (seit 1790), König von Böhmen (seit 1791),
als Pietro Leopoldo (I.) Großherzog von Toskana (1765—90),
* Wien 5. 5. 1747, † Wien 1. 3. 1792, dritter Sohn von Kaiser
Franz I. und Maria
Theresia (Taufname: Peter Leopold), Vater von Kaiser Franz
II., folgte seinem Vater 1765 in der Toskana und 1790 seinem
Bruder Joseph II. im Reich (Krönung: 9. 10.) und in den habsburgischen
Erblanden, die er zerrüttet vorfand. Im aufklärerischen
Sinn erzogen, hatte er die Toskana durch umfassende Reformen zu
einem Musterland der Aufklärung gemacht. Als
Kaiser war er bemüht, den von seinem Bruder bekämpften
ständischen, kirchlichen und nationalen Ansprüchen vorsichtig
gerecht zu werden; dennoch beließ er die Substanz der theresianisch-josephinischen
Reformen. Der Aufruhr in den Österreichen Niederlanden (Belgien)
und in Ungarn wurde unterdrückt, durch die Konvention von Reichenbach
(1790) ein Krieg mit Brandenburg-Preußen verhindert, der Krieg
mit dem Osmanischen Reich durch den Frieden von Sistowa (Swischtow;
1791) beendet, die römische Kurie
durch eine zurückhaltende Kirchenpolitik in Österreich
beschwichtigt. Die Französische Revolution begrüßte
der von C. de Montesquieu konstitutionell beeinflusste Bruder Marie
Antoinettes zunächst verhalten, erkannte aber bald die vom
revolutionären Frankreich ausgehenden Gefahren und schloss
(nach der Pillnitzer Konvention, 1791) mit König Friedrich
Wilhelm II. von Preußen am 7. 2. 1792 ein Schutzbündnis.
— Sein Verdienst ist die schnelle Sicherung der Monarchie.
Literatur:
A. Wandruszka: Leopold II., 2 Bände (Wien 1963—65);
H. Peham: Leopold II. Herrscher mit weiser Hand (Graz 1987). |
1792 |
Franz
II., war der letzte Kaiser (1792—1806) des
Heiligen Römischen Reiches, als Franz I.
1804—35 Kaiser von Österreich, * Florenz 12. 2. 1768,
† Wien 2. 3. 1835, Sohn Kaiser Leopolds
II.. Kurz nach seiner Thronbesteigung erklärte Frankreich
Österreich und 1793 auch Kaiser und Reich den Krieg. In den
Koalitionskriegen, aus denen Brandenburg-Preußen nach dem
Basler Frieden (5. 4. 1795) ausschied, musste Franz in den Friedensschlüssen
so große Gebietsverluste hinnehmen, dass sich der österreichische
Herrschaftsbereich auf Böhmen, Ungarn, Nieder- und Oberösterreich
sowie Steiermark beschränkte. Er proklamierte am 11.8.1804
das alle Erblande zusammenfassende Kaisertum Österreich, um
Rang- und Würdegleichheit mit Napoleon
I. zu wahren. Angesichts der inneren Auflösung des Heiligen
Römischen Reiches und der immer stärkeren Hinwendung von
Reichsfürsten zu Frankreich, die im Rheinbund am 12. 7. 1806
einen Höhepunkt erreichte, legte Franz am 6. 8. 1806 die Römische
Kaiserkrone nieder und erklärte die Römische Kaiserwürde
für erloschen, um Napoleon keine Möglichkeit zu geben,
sich dieser Würde zu bemächtigen. Nach den militärischen
Niederlagen von 1809 und dem Frieden von Schönbrunn (14. 10.
1809 sowie der Ernennung K. W. Fürst von Metternichs zum Außenminister
suchte Franz sich Napoleon zu nähern. Er stimmte 1810 der Verheiratung
seiner ältesten Tochter Marie-Luise mit diesem zu (1. 4. 1810).
Im russischen Feldzug 1812 nahm Franz eine vorsichtige, vermittelnde
Haltung ein, zunächst in zurückhaltender Mitwirkung, dann
auf der Grundlage einer bewaffneten Neutralität. Nach dem Scheitern
der Vermittlungsversuche schloss er sich zunächst geheim (1813)
der großen Allianz (Russland, England, Preußen, Österreich)
an. Die Quadrupelallianz von Chaumont (1814) und die Viermächtekonvention
von Wien (1815) bildeten seither die Grundlage der Politik, die
auf dem Wiener Kongress 1814/15 festgelegt wurde ('Heilige Allianz').
— Franz hielt an den Grundsätzen der Erhaltung der legitimen
politischen und sozialen Ordnung fest und folgte im Wesentlichen
der politischen Linie seines Onkels Kaiser Joseph
II., ohne aber dessen Bedeutung zu erlangen. Sein Beharren auf
Tradiertem und seine Gleichsetzung von Reform mit Revolution führten
unter der Ägide von Metternich zu einem sozialkonservativen
System.
L iteratur:
W. Tritsch: Metternich und sein Monarch (1952);
M. Rauchensteiner: Kaiser Franz u. Erzherzog Carl (1972);
C. Hattenhauer: Wahl und Krönung Franz II. AD 1792 (1995). |
1800-1850
|
Literarische,
sprach- und geschichtswissenschaftliche Begründung des tschechischen
Nationalbewußtseins. |
02.12.1805 |
"Schlacht
von Austerlitz"
Napoleon I besiegte in der DREI-KAISER-SCHLACHT
bei Austerlitz (heute: Slavkov u Brna) östlich von Brünn
das österreichisch-russische Heer. (siehe auch Greifendorf) |
06.12.1805 |
Waffenstillstand
von Znaim |
26.12.1805 |
Frieden
von Pressburg. Der 3. Koalitionskrieg endete mit dem österreichisch-französischen
Frieden. Russland zog seine Truppen ab, blieb aber im Kriegszustand
mit Frankreich. Auch Großbritannien setzte den Krieg fort.
Eine wichtige politische Folge des 3. Koalitionskrieges bestand
in der Gründung des Rheinbundes unter dem Protektorat Napoleons
(Rheinbundakte vom 12.7.1806), dessen Mitglieder sich an einem von
Frankreich geführten Krieg mit Truppen und Geld beteiligen
mussten.
Die anschließende Niederlegeung der deutschen Kaiser Würde
durch Kaiser Franz II am 6.8.1806 besiegelte
das Ende des römisch-deutschen Reiches. |
1835-48 |
Ferdinand
I., Kaiser (1835-48), * Wien 19. 4. 1793, † Prag
29. 6. 1875; war trotz seiner körperlichen Gebrechen und geistigen
Schwäche aufgrund des Legitimitätsprinzips zur Thronfolge
verpflichtet. Die Regierungsgeschäfte führte (auf Anweisungen
Franz I. hin) die Staatskonferenz, die sich
aus Erzherzog Ludwig, dem Onkel Ferdinands, sowie seinem Bruder
Franz Carl, Staatskanzler K. Fürst von Metternich und dem Staatsminister
F. A. Graf von Kolowrat-Liebensteinsky zusammensetzte. Differenzen
v. a. zwischen den beiden Letzteren führten zur Stagnation
Österreichs im Vormärz und veranlassten 1848 Ferdinand
zu zahlreichen Zugeständnissen. Nach der erfolgreichen militärischen
Niederschlagung der Revolution dankte Ferdinand
am 2. 12. 1848 zugunsten seines Neffen Franz
Joseph I. ab. |
1847
|
Schaffung einer einheitlichen slowakischen Schriftsprache. |
|
Prager
Slawenkongreß und tschechischer Aufstandsversuch in Prag.
Aufstand im
Revolutionsjahr 1848 von den Österreichern niedergeschlagen. |
1848/49
|
Teilnahme slowakischer Freiwilliger an der Niederwerfung der Revolution
in Ungarn. |
1848,
1867 |
Franz
Joseph I., Kaiser von Österreich (seit 1848) und
König von Ungarn (seit 1867), * Schönbrunn (heute zu
Wien) 18. 8. 1830, † Wien 21. 11. 1916, Neffe von Kaiser
Ferdinand I. von Österreich,
verheiratet am 24. 4. 1854 mit Elisabeth von Bayern, ab um 1889
enge Verbindung zur Schauspielerin Katharina Schratt (* 1855,
† 1940); trat am 2. 12. 1848 nach der Abdankung seines Onkels
die Regierung an (Annahme des Doppelnamens Franz Joseph). Unter
dem Eindruck der Märzrevolution von 1848 sah Franz Joseph
in der Wiederherstellung der Autorität der Zentralgewalt
sowie in der Sicherung von deren unbeschränkter Gewalt eine
seiner Hauptaufgaben. Beeinflusst von Franz Fürst zu Schwarzenberg,
widerrief er die oktroyierte Verfassung vom 4. 3. 1849 am 31.
12. 1851 (Silvesterpatent); sie wurde ersetzt durch das System
des neoabsolutistischen Zentrismus, das auch durch seine klerikale
Kirchenpolitik seit 1852 die monarchische Vormachtstellung betonte.
Das Festhalten an Tradiertem (u. a. Österreichs Vormachtstellung
in Mitteleuropa) sowie der von dynastischen Interessen eingeschränkte
staatsmännische Weitblick ließen Franz Joseph auf innen-
und außenpolitischen Problemstellungen nur langsam reagieren.
Österreichs internationale Isolierung im Krimkrieg 1853/54—56
sowie die Niederlage im Sardinisch-Französisch-Österreichischen
Krieg (Magenta und Solferino 1859) resultierten zum Teil aus seinen
persönlichen Fehleinschätzungen. Danach wandte sich
Franz Joseph stärker konstitutionellen Formen zu (föderatives
Oktoberdiplom vom 20. 10. 1860, liberalistisch-zentralistisches
Februarpatent vom 26. 2. 1861, Dezember-Verfassung vom 21. 12.
1867). Die Niederlage im Deutschen Krieg
1866 (Königgrätz, 3. 7.) erzwang eine Verständigung
mit Ungarn; auch unter dem Einfluss seiner Frau ließ er
den Österreichisch-Ungarischen
Ausgleich (1867) abschließen, der eine Realunion
von Österreich und Ungarn schuf. In der Folge orientierte
sich Franz Joseph an der zentralistischen Verfassung von 1861,
ohne allerdings die heftigen Nationalitätenkämpfe, besonders
ab 1893—97, überwinden zu können. Die von den
Thronfolgern, Kronprinz Rudolf beziehungsweise (ab 1896) Erzherzog
Franz Ferdinand, angestrebten Reformen lehnte er insgesamt
ab. Grundlagen seiner Außenpolitik waren (nach 1866) Zweibund
(1879) und Dreibund (1882), wobei er die wachsenden Spannungen
mit Russland wegen der Balkanfrage (1878/1908) nicht erkannte.
Seine Fehleinschätzung der Kräfteverhältnisse trug
mit zu der Krisenkonstellation bei, die schließlich den
Ersten Weltkrieg auslöste, wenn ihm auch kein entscheidender
Anteil am Kriegsausbruch (Julikrise 1914) zukam. — Die Epoche
von 1848 bis 1914—18 wird in Österreich auch als 'Franzisko-josephinische
Ära' bezeichnet.
Literatur:
Briefe Franz Josephs an seine Mutter, herausgegeben von F. Schnürer
(1930);
Briefe Kaiser Franz Josephs an Kaiserin Elisabeth 1859—1898,
herausgegeben von G. Nostitz-Rienek (1966);
A. Novotny: Franz Joseph I. (1968)
A. Palmer: Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König
von Ungarn (aus dem Englischen 1995);
S. Beller: Franz Joseph. Eine Biographie (1997).
E. C. Corti und H. Sokol: Kaiser Franz Joseph (Graz).
|
1850-1859
|
Rückkehr zu absolutistischen Regierungsformen in Österreich.
|
1861
|
Februarpatent;
Boykott des Reichsrats in Wien durch die tschechische Politiker.
|
1866 |
Böhmen
wird Hauptkampfgebiet im Deutschen
Krieg. |
03.07.1866
|
"Schlacht
von Königgrätz" Die preußischen Truppen besiegen
die österreischischen Truppen. |
23.08.1866 |
Österreich
muss der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen. Unter Preußens
Führung wurde der Norddeutsche Bund begründet, der mit
den übrigen süddeutschen Staaten Schutz- und Trutzbündnisse
schloß.
Die Länder der böhmischen Krone waren vom frühen
Mittelalter bis zum Ende des Heiligen römischen Reiches deutscher
Nation im Jahre 1806 fester Bestandteil des Reiches. Die böhmischen
Könige hatte die Würde eines deutschen Kurfürsten.
Böhmen gehörte bis 1866 zum Deutschen Bund. Mit dem Ausschluß
der Östereichischen Lande aus dem Deutschen Bund und der bald
folgenden (kleindeutschen) Reichsgründung am 18. Januar 1871
wurden die alten Bande Böhmens zu Deutschland zerschlagen. |
1867
|
Umwandlung
des Habsburgerreiches "Österreich" in die "Österreichisch-Ungarische
Doppelmonarchie", begrenzte politische Freiheiten. |
1871
|
Ablehnung
der böhmischen Autonomieforderungen durch die Wiener Regierung.
|
1878
|
Gründung
der Tschechischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. |
1880
|
Deutsch
und Tschechisch werden als gleichberechtigte Amtssprachen grundsätzlich
anerkannt. |
1883 |
Tschechische
Mehrheit im böhmischen Landtag |
1905
|
Deutsch-tschechischer Ausgleich in Mähren. |
1907
|
Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten
Wahlrechts in den böhmischen Ländern. |
|
Franz
Ferdinand, Erzherzog, * Graz 18. 12. 1863, † (ermordet)
Sarajevo 28. 6. 1914, Sohn von Erzherzog Karl Ludwig, wurde nach
dem Tod des Kronprinzen Rudolf (1889) und seines Vaters (1896) Thronfolger.
Seit 1900 steigerte sich sein politischer Einfluss, besonders nachdem
er 1898 Stellvertreter des Kaisers im Obersten Kommando und 1913
Generalinspektor der Armee geworden war. In General F. Conrad von
Hötzendorf fand er einen sachlich kompetenten Berater, mit
dem er aber politisch v. a. in der Frage eines Präventivkriegs,
der für Franz Ferdinand das Ende der österreichischen
Monarchie bedeutete, nicht immer harmonierte. In anderen Zweigen
der Staatsverwaltung war sein Einfluss beschränkt, seine politischen
Ambitionen ließen aber den Sitz der Militärkanzlei zu
einer informellen Nebenregierung werden. Gestützt auf diesen
Belvederekreis trat Franz Ferdinand nachdrücklich für
die Erhaltung der Großmachtstellung der Monarchie ein ('Großösterreichische
Idee') und wandte sich gegen alle sprengenden Kräfte, besonders
gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen des magyarischen Adels.
Um dessen Herrschaft zu brechen und die ungarischen Nationalitäten
bei der Monarchie zu halten, dachte er an die Einführung des
allgemeinen Wahlrechts in Ungarn und an einen bundesstaatlichen
Umbau der Monarchie (Trialismus). In der auswärtigen Politik
war er ein Anhänger des Dreikaiserbündnisses. Er befürwortete,
allerdings mit manchen Schwankungen, eine friedliche Lösung
der südslawischen Frage. Franz Ferdinand war seit 1900 mit
Sophie Gräfin Chotek in morganatischer Ehe verheiratet. Seine
Ermordung durch serbische Nationalisten ('Schwarze Hand') war der
äußere Anlass zum Ersten Weltkrieg.
Literatur:
E. Franzel: Franz Ferdinand d'Este (Wien 1964);
M. Polatschek: Franz Ferdinand. Europas verlorene Hoffnung (Wien1989);
F. Weissensteiner: Franz Ferdinand. Der verhinderte Herrscher (Neuausgabe
1994) |
1914-1918 |
Teilnahme
tschechischer und slowakischer Soldaten am Ersten Weltkrieg sowohl
in der österreichischen Armee als auch auf der Seite der Entente
(Frankreich, Italien, Rußland). |
1914 |
Tomas
G. Masaryk emigriert nach Westeuropa. Gründung des Tschechischen
Nationalrats in Paris. |
1916 |
Karl
I., Kaiser von Österreich, als König von Ungarn
Karl IV., ungarisch Károly IV., * Persenbeug
(Niederösterreich) 17. 8. 1887, † Funchal (Madeira)
1. 4. 1922; Großneffe Kaiser Franz
Josephs I., seit 21. 10. 1911 mit Zita von Bourbon-Parma,
durch den Tod seines Onkels Franz Ferdinand (Sarajewo, 1914) Thronfolger,
bestieg am 21. 12. 1916 den Thron. Er erstrebte einen Verständigungsfrieden
und knüpfte im Frühjahr 1917 durch seinen Schwager,
den Prinzen Sixtus von Bourbon-Parma, geheime
Verhandlungen mit Frankreich an. Die daraus entstehende Zita von
Sixtus-Affäre erschütterte sein innenpolitisches Ansehen
und verschlechterte das Verhältnis zum Deutschen Reich. Unsicher
in der Nationalitätenfrage, wich Karl entscheidenden Reformen
aus.
Sein Völkermanifest vom 16. 10. 1918 zur föderativen
Umgestaltung der Monarchie, von der der ungarischen Reichsteil
jedoch ausgenommen war, kam zu spät und beschleunigte den
Zerfall des Staates. Am 11. 11. 1918 verzichtete er unter dem
Druck der Revolution auf die Ausübung der Regierung in Österreich,
am 13. 11. 1918 in Ungarn, ohne formell abzudanken. Nach zwei
vergeblichen Versuchen, die Monarchie in Ungarn wieder herzustellen
(März und Oktober 1921), wurde er von der Entente nach Madeira
verbannt.
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1918
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Vertrag
von Pittsburgh über die Schaffung eines tschechoslowakischen
Staates am 30. Mai 1918. Masaryk proklamiert in Washington die Unabhängigkeit
der Tschechoslowakei am 18. Oktober, Ausrufung der Tschechoslowakischen
Republik (CSR) in Prag am 28. Oktober 1918, Proklamation
der Republik und Wahl Masaryks zum Staatspräsidenten am 14.
November 1918. Dr. Tomáš Garrigue Masaryk Staatspräsident
(bis 1935). |
1918/19
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Besetzung
des Sudetenlandes durch tschechisches Militär (November/Dezember),
Zusammenstöße zwischen Deutschen und Tschechen im Sudetengebiet
(März/April), Kämpfe mit Truppen der ungarischen Räterepublik
(April/Mai).
Einverleibung der deutschen Gebiete in die neugegründete Republik
Tschechoslowakei. Kein Minderheitenschutz, keine Autonomie für
die Deutschen als zweitstärkste Volksgruppe.
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10.09.1919 |
Friedensvertrag
von St. Germain.
Auf der Friedenskonferenz von St. Germain — die Vertreter
Österreich-Ungarns waren von den Verhandlungen ausgeschlossen
— überwand Dr. Benesch die Vorbehalte der Siegermächte,
insbesondere der USA und Großbritanniens, gegen die ethnische
Vielfalt der vorgesehenen Tschechoslowakischen Republik —
1919: 48,5 % Tschechen, 27, 5 % Deutsche, 14,9 % Slowaken, 6 % Ungarn,
Rutenen etc. — mit einer 9 punkte umfassenden offiziellen
Note vom vom 20. Mai 1919. In Ziffer 1 dieser Note hieß es:
Es ist die Absicht der tschechoslowakischen Regierung, bei der Organisation
das Staates als Grundlange der nationalen Rechte die in der verfassung
der schweizerischen Eidgenossenschaft zur durchführung gelangten
Grundsätze anzunehmen, d.h. aus der tschechoslowakischen Republik
eine Art von Schweiz zu machen, wobei sie natürlich die besonderen
Verhältnisse in Böhmen in Betracht zieht.”
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29.02.1920
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Annahme
der endgültigen Verfassung in der Nationalversammlung (29.
Februar). Zentralistische Verfassung im Zeichen des Tschechoslowakismus.
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1920/21
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Bündnisverträge
mit Jugoslawien und Rumänien ("Kleine Entente").
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1922/23
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Wirtschaftskrise.
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1924
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Bündnisvertrag
mit Frankreich. |
1925-1927
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Konflikt
mit dem Vatikan. |
1927
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Wiederwahl Masaryks. |
1932-1935
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Wirtschaftskrise. |
1933 |
Selbstauflösung der DNSAP; Gründung der Sudetendeutschen
Heimatfront unter Führung von Konrad Henlein. |
1934
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Diplomatische Anerkennung der Sowjetunion. Wiederwahl Masaryks.
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1935
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Umwandlung
der Sudetendeutschen Heimatfront auf tschechischem Druck zur Sudetendeutschen
Partei (SdP). Defensivbündnis mit der Sowjetunion. Nachfolger
des zurückgetretenen Präsidenten Masaryk wird Edvard
Benes (bis 5. Okt. 1938). . |
1938
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Anschluß
der bürgerlichen deutschen Parteien an die SdP (März),
Programm der SdP von Karlsbad (24. April), Mobilisierung der tschechischen
Armee (Mai). Münchner Abkommen (29. September), Abtretung der
von Deutschen besiedelten Grenzgebiete (deutscher Einmarsch
in das Sudetenland am 1. Okt.). Polen annektiert Teschen (2. Oktober).
Die 20-jährige tschechische Verwaltung über die sudetendeutschen
Gebiete wird beendet. |
1939
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Unabhängigkeitserklärung
der Slowakei (14. März), Hácha unterzeichnet in Berlin
den Vertrag über die Bildung des Protektorats Böhmen
und Mähren, Einmarsch deutscher Truppen in die
"Rest-Tschechei"(15. März); am Folgetag Errichtung
des Protektorats Böhmen und Mähren. |
1940
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Anerkennung
der von Benes in London gebildeten Exilregierung durch Großbritannien.
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1941
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Verurteilung
des Ministerpräsidenten der tschechischen Protektoratsregierung
General Alois Eliá wegen Hochverrats zum Tode (l. Oktober;
Hinrichtung 19. Juni 1942). |
1942
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Attentat
auf den stellvertretenden Reichsprotektor Heydrich (27. Mai), Zerstörung
des Dorfes Lidice (10. Juni). |
1943
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Freundschaftsvertrag
zwischen der tschechoslowakischen Exilstaatsführung unter
Beneš und der UdSSR (12. Dezember). |
1944
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Aufstand
in der Slowakei (August bis Oktober). |
1945
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Besetzung
Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens durch Truppen der
USA und der Sowjetunion (April/Mai), Machtübernahme durch die
Regierung Fierlinger in Prag, Verstaatlichung der Wirtschaft. |
1945-1947
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Vertreibung
von 3,5 Millionen Sudeten- und Karpatendeutschen. |
1946
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Wahlen
zur verfassunggebenden Nationalversammlung (25. Mai), Bestätigung
Benes als Staatspräsident (19. Juni), Erste Parlamentswahlen
in der Nachkriegszeit: KP in Böhmen und Mähren stärkste
Kraft (40,2 % der Stimmen); Klement Gottwald (KP) Regierungschef
der Tschechoslowakei (3. Juli). |
1946
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In
München wird die Ackermann-Gemeinde gegründet. Ihre Mitglieder
sind Vertriebene, die in der Heimat in der katholischen Jugend-,
Volks- und Arbeiterbewegung tätig waren. |
1947 |
Gründung
der Seliger-Gemeinde. Aufgabe: Wahrung und Mehrung des Vermächtnisses
der sudetendeutschen Arbeiterbewegung.
Gründung des Witiko-Bundes. Aufgabe: Dienst an der sudetendeutschen
Volksgruppe. |
25.10.1947 |
Gründung
des Adalbert-Stifter-Vereins. Aufgabe: Betreuung der Kulturberufe
und Wahrung der kulturellen Güter der Sudetendeutschen. |
29./30.11.1947 |
Gründung
des Arbeitsausschusses zur Wahrung sudetendeutscher Interessen als
zentrale außenpolitische Institution des Sudetendeutschtums.
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1948 |
Bürgerliche
Minister verlassen Regierung (20. Febr.); Kabinettsneubildung (25.
Febr.) öffnet Weg zu
kommunistischer Dominanz (7.6.) Rücktritt von Beneš als
Staatspräsident;
Gottwald am 14. Juni dessen Nachfolger; Beneš stirbt am 3.
Sept.
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30.11.1949
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Eichstätter
Erklärung. 17 sudetendeutsche Männer des öffentlichen
Lebens erklären die Grundsätze einer sudetendeutschen
Europa-Politik. Es wird auch die Herstellung eines tragbaren Verhältnisses
zwischen Deutschland und seinen westslawischen Nachbarn gefordert.
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23.01.1950 |
Nach
einer Anordnung des Bundesinnenministeriums in Bonn ist für
die sudetendeutschen Gebiete die Bezeichnung Sudetenland zu gebrauchen.
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24./25.1.1950 |
Gründung
der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), nach dem bereits seit
dem 29.8.1947 ein bayerischer Landesverband bestanden hatte, an
dessen Spitze Dr. Rudolf Lodgman von Auen stand. Als Sprecher der
SL wirkt Lodgman bis 1959. Von 1952-1954 leitet er auch den Verband
der ostdeutschen Landsmannschaften. In der Detmolder Erklärung
der SL wurde 1950 das "Grundgesetz" der SL verkündet.
|
14.07.1950 |
Der
Deutsche Bundestag nimmt Stellung zum Prager Abkommen zwischen der
ÖSR und der DDR. In diesem Zusammenhang wird auch von den "in
die Obhut der Deutschen Bundesrepublik gegebenen Deutschen aus der
Tschechoslowakei" gesprochen (Obhutserklärung). |
04.08.1950 |
Wiesbadener
Abkommen zwischen dem Tschechischen Nationalausschuß (General
Lev Prchala) und der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher
Interessen (Lodgman von Auen). Auf diesem Abkommen beruht die Gründung
des Sudetendeutsch-Tschechischen Föderativausschusses am 15.12.1951.
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05.08.1950 |
Charta
der deutschen Heimatvertriebenen. Sie erklärt den Verzicht
auf Rache und Vergeltung, fordert das Selbstbestimmungsrecht als
eines der Grundrechte der Menschheit und bekundet den Willen zur
friedlichen Errichtung eines freien und geeinten Europa. |
Oktober
1950 |
Behandlung
der Sudetendeutschen Frage auf der Weltkonferenz für moralische
Aufrüstung in Caux. |
04.11.1950 |
Unterzeichnung
der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten.
Konstituierung der Historischen Kommission der Sudetenländer
und des Collegium Carolinum. |
1952
|
Die
"Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen" werden
an die "Kommission für Menschenrechte" bei der UNO
übersandt. |
1953
|
Tod
Gottwalds; Antonín Zapotocký am 21. März. Staatsoberhaupt,
nach dessen Tod (13. Nov.
1957) Antonín Novotný (KP-Chef als Nachfolger Gottwalds
seit 1953) |
1953
|
Gründung
der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich. |
28.01.1954 |
Die
Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen stellt
fest: Bei der Austreibung der Sudetendeutschen sind über 300000
Personen umgekommen. Es leben noch etwa 3 Millionen Sudetendeutsche,
davon 1,9 Millionen in der Bundesrepublik Deutschland. |
05.06.1954 |
Bayern
übernimmt die Schirmherrschaft über die sudetendeutsche
Volksgruppe. Die Sudetendeutschen werden als der vierte Stamm Bayerns
bezeichnet. |
1955 |
Gründung des Sudetendeutschen Archivs in München. |
1958
|
Die
Sudetendeutsche Landsmannschaft stiftet den Europäischen Karlspreis.
|
11.07.1960 |
Neue
Verfassung macht das Land zur Tschechoslowakischen Sozialistischen
Republik (CSSR) |
23.1.1961 |
In
der Bergneustädter Erklärung der SPD zur Sudetenfrage
wird festgestellt: Die Vertreibung war widerrechtlich; es ist Wiedergutmachung
zu leisten. Das Recht auf die Heimat und der Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts
der Völker müssen verwirklicht werden. Die Entnationalisierung
der heute noch in der SSR zurückgehaltenen Deutschen widerspricht
den Grundsätzen eines Volksgruppenrechts. |
1968 |
Dr.
Alexander Dubcek wird KP-Chef (5.1.); Reformbewegung "Prager
Frühling" (Aktionsprogramm der KP vom 5. April); General
Ludvík Svoboda wird Staatspräsident (22.3.); Einmarsch
von Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten (außer Rumänien)
zur Zerschlagung des Reformprozesses (20./21.8.); Letzte nichtsowjetische
Truppen verlassen die CSSR (12.11.); ca. 70.000 Sowjetsoldaten bleiben
im Land. |
1969 |
CSSR
wird Föderation aus der Tschechischen und der Slowakischen
Sozialistischen Republik (1.1.); Dr. Gustáv Husák
wird KP-Chef (17.4.) |
27.7.1970 |
Mit
Gesetz des Freistaates Bayern wird die Sudetendeutsche Stiftung
als Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet. Vorsitzender
ist der bayerische Ministerpräsident Dr. Strauß, sein
Stellvertreter ist Staatsminister Dr. Hillermaier, Vorsitzender
des Vorstands ist Dr. Wittmann MdB. Zweck der Stiftung: Pflege des
sudetendeutschen Kulturgutes, Unterstützung der bayerischen
Staatsregierung bei der Ausübung der Schirmherrschaft über
die sudetendeutsche Volksgruppe, die zur Verfügung stehenden
Vermögensgegenstände zu nutzen und zu verwalten, Einrichtungen
mit Beziehung zur sudetendeutschen Volksgruppe zu betreuen. |
14.7.
1973 |
Rechtsverwahrung
des Sudetendeutschen Rates zum paraphierten Vertrag über die
gegenseitigem Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. |
12.12.1973 |
Vertrag
über die Normalisierung der Beziehungen zur Bundesrepublik
Deutschland; Aufnahme diplomatischer Beziehungen |
24.3.1974 |
Beschluß
der bayerischen Staatsregierung über die Errichtung eines Sudetendeutschen
Zentrums durch die Sudetendeutsche Stiftung. Es soll für die
Sudetendeutschen, die Gemeinschaft des vierten bayerischen Stammes,
ein Stück Heimat sein und dazu beitragen, die Identität
der Sudetendeutschen auch für künftige Generationen zu
erhalten. |
1975 |
Husák
wird Staatspräsident |
01.01.1977 |
Gründung
der Oppositionsgruppe Charta 77 (u. a. Teilnahme des Dramatikers
Václav Havel; er und weitere Charta-Vertreter erhalten am
23. Okt. 1979 mehrjährige Haftstrafen) |
1979
|
Die
Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste tritt
in Regensburg an die Öffentlichkeit. |
17.12.1987 |
Miloš
Jakeš wird KP-Chef (bis 24. Nov. 1989) |
1989 |
(21.2.)
Prozess gegen Havel und acht Mitangeklagte; Havel erhält neun
(später acht) Monate Haft (vorzeitige Freilassung am 17. Mai).
(30.9.) Beginn der Ausreise tausender DDR-Bürger, die in der
bundesdeutschen Botschaft in Prag Zuflucht gesucht hatten
(17.11.) Polizeieinsatz gegen Demonstration in Prag (50.000 Teilnehmer)
löst tagelange
Massenproteste im ganzen Land aus
(19.11.) Bildung des Bürgerforums (OF) unter Leitung Havels
(29.11.) Tschechoslowakisches Parlament streicht Führungsanspruch
der KP aus der Verfassung
(1.12.) KP distanziert sich von der militärischen Intervention
1968
(10.12.) Neues Kabinett unter Marián Calfa (KP-Austritt am
18. Jan. 1990 bestätigt); Kommunisten erstmals seit 40 Jahren
in der Minderheit; Staatspräsident Husák tritt zurück
(29.12.) Havel vom tschechoslowakischen Parlament als erster Nichtkommunist
seit 1948 zum
Staatspräsidenten gewählt |
1990 |
(2.1.)
Havel besucht beide deutsche Staaten
(15.1.) Verhandlungen über sowjetischen Truppenabzug aus der
Tschechoslowakei beginnen
(30.1.) KP verliert nach 41 Jahren Sitzmehrheit im tschechoslowakischen
Parlament
(6.2.) Dr. Petr Pithart (OF) tschechischer Regierungschef
(29.3.) Umbenennung der CSSR in Tschechoslowakische Föderative
Republik (CSFR), am 29. April in Tschechische und Slowakische Föderative
Republik (Abkürzung jeweils CSFR); der
tschechische Landesteil nennt sich schon seit Monatsanfang Tschechische
Republik
(21.4.) Papst Johannes Paul II. besucht als erstes Oberhaupt der
römisch-katholischen Kirche die Tschechoslowakei; nach Polen
ist es das zweite Land im ehem. Ostblock, das er besucht (erneute
Visiten 1995 und 1997)
(29.5.) Grenzzaun zur Bundesrepublik Deutschland ist abgebaut; ab
1. Juli pass- und visumfreier
Personenverkehr
(8./9.6.) Pluralistische Parlamentswahlen auf der Ebene des Gesamtstaates
und der Teilrepubliken; das OF erhält bei den tschechischen
Wahlen 49,5 % der Stimmen und 127 von 200 Sitzen; Wahlbeteiligung
landesweit bei 96 % (5.7.) Wiederwahl von Staatspräsident Havel
durch das tschechoslowakische Parlament für zwei Jahre |
1993 |
(1.1.)
Auflösung der Tschechoslowakei in Kraft; Tschechische Republik
und Slowakei sind nun
unabhängige Staaten
(26.1.) Havel vom tschechischen Parlament zum Staatspräsidenten
gewählt; Amtsantritt: 2.
Febr.
(8.2.) Tschechisch-slowakische Währungsunion aufgelöst
(22.7.) Staatspräsident Havel unterzeichnet Gesetz über
"Unrechtmäßigkeit des Kommunismus", das die
Regierungsweise in der Zeit 1948-1989 als "verbrecherisch und
illegitim" einstuft |
21.01.1997 |
Deutsch-Tschechische
Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren
künftige Entwicklung |
29.02.2004 |
Entschließung
der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft zum Beitritt
der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und zu der
europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft |
01.05.2004 |
Tschechien
ist zusammen mit neun weiteren Ländern neues EU-Mitglied |
24.08.2005
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Prag
entschuldigt sich bei deutschen Antifaschisten
60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich
Tschechien erstmals bei der deutschen Minderheit für die
bisher ausgebliebene Würdigung ihrer Widerstandskämpfer
entschuldigt. Zu dieser humanitären Geste sei Prag auch durch
die versöhnliche Außenpolitik der rot-grünen Bundesregierung
ermutigt worden, dagte Außenminister Cyril Svoboda. Die
Ehrung der damaligen Antifaschisten in einer offiziellen Regierungserklärung
sei ein Zeichen, dass Tschechien zur Selbstreflexion fähig
sei. Viele der meist sudetendeutschen Widerstandskämpfer
hatten die Tschechoslowakei später wegen der allgemein deutschfeindlichen
Atmosphäre verlassen. Um heute nicht neue Ungerechtigkeiten
zu schaffen, habe man auf individuelle Entschädigungszahlungen
an Deutsche verzichtet, sagte Ministerpräsident Jiri Paroubek.
Die Regierung stelle aber eine Million Euro für die Dokumentation
von Einzelschicksalen zur Verfügung. Die Entschuldigung sei
keine Neubewertung der Nachkriegsergebnisse, unterstrich Paroubek.
Das gelte insbesondere für die umstrittenen Benes-Dekrete.
Nach 1945 wurden nach dem Prinzip der Kollektivschuld
alle Sudetendeutschen, auch Sozialdemokraten und Kommunisten,
vertrieben. Auch jene Antifaschisten, die in der Tschechoslowakei
bleiben durften, wurden auf Grundlage der Benesˇ-Dekrete
diskriminiert.
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