Zeittafel

(zur Kurzübersicht der Herzöge und Könige von Böhmen)

Um 400
vor Christus
Die keltischen Boier wandern in den böhmisch-mährischen Raum ein.
Um 60
vor Christus

Die Markomannen, ein Teilstamm der Elbgermanen (Sweben, Sueben) drängen vom mittleren und oberen Main her nach Böhmen ein, während der selben Zeit wandert der Teilstamm der Quaden nach Mähren ein.

9 v. Chr. Germanisches Markomannenreich unter Marbod in Böhmen

Markomannen, lateinisch Marcomanni ['Bewohner einer Mark'], elbgermanischer Stamm, erstmals 58 v. Chr. im Heer des Ariovist genannt, siedelte zunächst im Maingebiet. Nach einer Niederlage gegen die Römer unter Drusus (9 v. Chr.) und der Besetzung ihres Landes wurden die Markomannen von König Marbod nach Böhmen geführt, wo sie den Mittelpunkt eines mächtigen Völkerbundes bildeten.
Viele Grabfunde in Böhmen (u. a. Fürstengräber) belegen ihr hoch stehendes Kunsthandwerk, das weit nach Norden wirkte. Bereits im 1. Jahrhundert sind wohl markomann. Stammesteile nach Mähren abgewandert. Mit den verwandten Quaden fielen die zwischen oberer Elbe und Donau wohnenden Markomannen 170 tief ins Römische Reich ein und verwickelten die Römer in den Markomannenkriegen (166—180) in schwere Kämpfe. Nach dem 4. Jahrhundert wurden sie kaum noch genannt und gingen in den germanischen Stämmen Böhmens auf, die eventuell den Kern der Baiern bildeten. Andere Stammesteile siedelten sich — nach archäologischen Zeugnissen — im 5. Jahrhundert im Rhein-Main-Gebiet an.
Literatur:
H. W. Böhme in: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, Band 22 (1975).

Marbod, lateinisch Marobodulus, König der Markomannen, † Ravenna um 37 n. Chr.; stammte aus einem markomann. Fürstengeschlecht, trat als junger Mann zeitweilig in römischem Kriegsdienste. Um 9 v. Chr. führte er sein Volk aus dem Maingebiet nach Böhmen und gründete hier eine Herrschaft, um die sich zahlreiche andere Stämme gruppierten. Er unterstützte den Cherusker Arminius nicht in dessen Kampf gegen Rom; dieser griff ihn daraufhin 17 n. Chr. selbst an. Nachdem ihm Kaiser Tiberius Hilfe verweigert und der abtrünnige gotische Adlige Catualda seine Residenz erobert hatte (19 n. Chr.), brach Marbods Reich zusammen. Er floh zu den Römern, die ihm Ravenna als Wohnsitz zuwiesen.

Quaden, lateinisch Quadi, elbgermanischer Stamm, der zuerst 21 n. Chr. an der March bezeugt ist. Noch im 1. Jahrhundert dehnte sich das quad. Siedlungsgebiet über Waag und Gran aus. Die nördlich des Donaulimes lebenden Quaden gehörten zum Reich des Marbod, standen vom 1. bis zum 3. Jahrhundert in einem Klientelverhältnis zum Römischen Reich (u. a. bis 50 n. Chr. das Reich des quad. Herrschers Vannius), beteiligten sich aber maßgeblich an den Markomannenkriegen (166—180). Im 4. Jahrhundert wurden Quaden und Sarmaten mehrfach von den Römern besiegt. Seit Anfang des 5. Jahrhunderts schlossen sich Teile der Quaden den Wanderungen anderer Germanenstämme an. Die letzten Quaden zogen wohl mit den Langobarden im 6. Jahrhundert nach Italien.

Markomannenkriege, die Kämpfe zwischen meist germanischen Stämmen nördlich der mittleren Donau und dem Römischen Reich in den Jahren 166—180, die vermutlich durch soziale und wirtschaftliche Veränderungen bei den Germanen ausgelöst wurden. Nach einem abgewehrten Einfall von Langobarden und Obiern nach Pannonien (166—167) erfolgte 170 ein verheerender Vorstoß der Markomannen und Quaden bis Oberitalien. Die seit 172 massiv einsetzende römische Offensive unter Kaiser Mark Aurel richtete sich zuerst gegen diese grenznahen Stämme, dann auch gegen benachbarte Burer und Sarmaten. Die wichtigsten Episoden der verlustreichen Kämpfe, die von Mark Aurels Sohn und Nachfolger Commodus beendet wurden, sind auf der Mark-Aurel-Säule in Rom dargestellt. Als Folge der Markomannenkriege erhielten Regensburg und Albing (später Enns-Lorch) je ein Legionslager.

Baiern, Bajuwaren, lateinisch Baiovari|i, germanischer Stamm, der sich im 5. und 6. Jahrhundert aus verschiedenen, nach Bayern eingewanderten Bevölkerungsgruppen herausbildete. Während im 4. und 5. Jahrhundert angeworbene Elb-, später Ostgermanen als römische Söldner in den raetischen Donaukastellen (u. a. Neuburg, Günzburg) stationiert waren, ließen sich freie Elbgermanen aus Böhmen (lateinisch Boiohaemum) in großer Zahl nördlich der Donau nieder ('Friedenhain-Pøeštovice-Gruppe'). Sie wurden gleichfalls seit dem frühen 5. Jahrhundert von den Römern zum Dienst an der Grenze herangezogen. Nach der Auflösung der römischen Militärorganisation 476 wanderten diese 'Boiovarii' nach Südbayern ein. Schon Mitte des 5. Jahrhunderts besiedelten ® Alemannen das Donautal. Unter Theoderich dem Großen, der als Nachfolger Roms Raetien bis 536 beherrschte, nahm die alemannische Zuwanderung ins heutige Südbayern stark zu. In fränkischer Zeit (nach 536) bildete sich aus den bereits sesshaften elbgermanisch-böhmischen und alemannischen sowie aus neu zugewanderten langobardischen Bevölkerungsteilen der Baiernstamm (um 550 ersterwähnt), wobei die ursprünglich aus Böhmen stammenden 'Boiovarii' mit Schwerpunkt um Regensburg namengebend wurden. Reste einer romanischen Vorbevölkerung hielten sich noch lange in den Grenzkastellen und im Alpenvorland (Walchen-Namen).

Die Baiern lebten in kleinen Weilern, aber auch in größeren Dörfern (z. B. Kirchheim bei München) an den Rändern der großen Flussauen. Im späten 6. Jahrhundert begann ein stärkerer Landesausbau ('innere Kolonisation'), der bis 800 im Süden die Alpentäler und im Osten den Wienerwald erreichte. Die Grenzen im Westen lagen am Lech, im Nordgau (Oberpfalz) stießen sie an jene der Franken. Beziehungen der bajuwarischen Stammesherzöge, der ® Agilolfinger (Mitte 6. Jahrhundert bis 788), zum langobardischen Herrscherhaus Ende des 6. Jahrhunderts brachten um 600 erste christliche Missionare aus Aquileja zu den Baiern (Solnhofen); seit dem frühen 7. Jahrhundert setzte die fränkische Mission ein; es entstanden kleine Holzkirchen (Staubing, heute zu Kelheim; Herrsching), die als Eigenkirchen einer nicht sehr zahlreichen adeligen Oberschicht gelten. In der 'Lex baiuvariorum' (6. Jahrhundert) werden die vornehmsten dieser Adelsfamilien aufgeführt.

Die ländlich-bäuerlichen Grundlagen der heutigen bairischen Volkskultur sind noch erkennbar. In der Tracht mischen sich 'Älplerisches' und 'Jagerisches' (Lodenjoppe, Lederhose, Hirschhornknöpfe und Gamsbart des Mannes, Dirndl und Lodenkleidung der Frau). Im vielfältigen Brauchtum zeugen u. a. Wallfahrtsritte (Leonhardi- und Georgiritte) und die jährlichen Rennen, z. B. in Rottal, für die Tradition in der Pferdezucht. Für die Volksmusik ist das Jodeln und das mehrstimmige, oft improvisierte Singen (Schnaderhüpferl) mit Zither- und Hackbrettbegleitung kennzeichnend. Bandl-, Holzhacker- und Kronentanz sind neben dem Schuhplattler berühmt. In zahlreichen ® Bauerntheatern lebt noch das Volksschauspiel des Barock fort. In der Sachkultur äußert sich die Lust an Form, Farbe und Dekor in der Fassaden-, Hinterglas- und Möbelmalerei, im Schmuck besonders der Leitkühe beim Almabtrieb, bei den Festwagen der Leonhardifahrten, in Festtrachten und bei den 'Maibäumen'.


Um 406 nach Christus

Die Quaden sind mit den Vandalen nach Westen gezogen, in Mähren aber wurden die Langobarden ansässig, die später nach Ungarn und 568 nach Italien (Lombardei) weiterwanderten.

6. Jhdt.
nach
Christus

Rund 600 Jahre nachdem die Markomannen den böhmisch-mährischen Raum besiedelt hatten, stoßt im Laufe des 6. Jhdt.von Osten her ein weiteres Volk vor; die Awaren , die sich auf eine ihnen tributpflichtige slawische Bevölkerung, darunter der Stamm der Tschechen, stützten. Sie besetzen Böhmen und Mähren. Im Jahre 592 stießen sie bei Aguntum erstmals mit den Baiern unter Tassilo I. (592-610) zusammen.

Trotz des sehr früh einsetzenden Einflusses der deutschen Kultur konnten sich die Besonderheiten der tschechischen Volkskultur erhalten. Seit der Gegenreformation sind sie überwiegend katholisch. Besondere Volksgruppen sind die Hannaken in Mittelmähren, die Horaken und Podhoraken in den östlichen Randgebieten Mährens, die Choden in Südwestböhmen und die nach ihrer Herkunft Walachen genannten Bewohner der Beskiden.

Awaren, asiatisches Nomadenvolk, anthropologisch stark gemischt (mongolide neben europiden Typen), dessen ursprünglichen Wohnsitze wohl in Westturkestan gelegen haben. 552 n. Chr. von den Türken bedrängt, wichen einzelne Stammesgruppen der Awaren nach Westen aus und wurden 558 Foederaten von Byzanz. Unter ihnen waren wohl auch Gruppen, die nur den Namen der gefürchteten Awaren annahmen (Pseudawaren). 566 von den Langobarden unter Alboin zu Hilfe gerufen, schlugen die Awaren unter Khagan (Khan) Bajan die in Ungarn lebenden Gepiden entscheidend und ließen sich im Karpatenbecken nieder. 568 wanderten daraufhin die Langobarden nach Italien aus. Seitdem waren die Awaren für etwa 250 Jahre Alleinherrscher in Pannonien. Die ständigen Kämpfe mit Byzanz endeten 626 vor Konstantinopel mit einer Niederlage der Awaren, von der sie sich nicht mehr erholten. Im späten 7. Jahrhundert kam es zu weiteren Zuwanderungen aus Westasien. 791/803 wurde das Reich der Awaren von Karl dem Großen endgültig vernichtet, und die Awaren gingen ethnisch in den sie umgebenden Slawen und in den im 9. Jahrhundert zuwandernden Magyaren auf.
Die zunächst nomadisch lebenden Awaren wurden in Pannonien sesshafte Großviehzüchter, bei denen der Ackerbau aber ständig an Bedeutung gewann. Kulturell standen sie unter spürbarem byzantinischem Einfluss. Die mit Reflexbogen ( Bogen), Reitersäbel und Stoßlanze bewaffneten Reiterkrieger der Awaren galten lange Zeit als unbesiegbar. Sie vermittelten den Europäern u. a. den Gebrauch des eisernen Steigbügels.

623-658
Im Jahre 626 schüttelten die Slawen unter ihrem fänkischen König Samo die Herrschaft der Awaren ab. Nach dem Tod des Samo 665 mussten die slawischen Fürsten jedoch erneut den Awaren Gefolgschaft leisten.

740-794

Unter Herzog Tassilo III. (740-794) erhoben sich die Bayern gemeinsam mit den Kärntner Slawen erfolgreich gegen die Awaren.
Nach dem Sieg der Franken gegen die Awaren im Jahre 791 hatten die Awaren ihre Rolle als politischer Machtfaktor in Mitteleuropa verloren.
805
Herrschaft Karls des Großen.
833
Mojmir I., Fürst der Mährer, begründet das Großmährische Reich (907 untergegangen).
863
Die Slawenapostel Kyrill und Method missionieren im böhmischen Raum.
Die Slawenapostel Kyrill und Method missionieren im böhmischen Raum.
894
Zerfall des Großmährischen Reiches nach dem Tode Svatopluks (894). Das slowakische Gebiet kommt zu Ungarn. Przemysliden (Premyslovci) auf dem Thron Böhmens (1306 im Mannesstamm erloschen). Ein böhmischer Staat entsteht.
860-921
Ludmilla: Heilige, Herzogin von Böhmen, geb. um 860, gest. 15.9. 921 auf Burg Tetin bei Beraun. Fest: 16.9. - Gemahlin des ersten christlichen Přemysliden-Herzogs Boriwoj von Böhmen. Mit ihm zusammen wurde sie von Methodios getauft. Sie hat sehr auf die Pflege des christlichen Glaubens in der Herrscherfamilie gesehen. F. Seibt hat sie daher genannt eine »Hüterin christlicher Tradition in der Přemysliden-Famimlie«. (LThK2 Bd. VI, Sp. 1179). Während der Regentschaft ihrer Schwiegertochter Drahomira übte sie eine großen Einfluß aus auf den künftigen Fürsten Wenzel. Drahomira und die heidnische Reaktion im Lande veranlassten, daß Ludmilla auf ihrem Witwensitz Tetin bei Beraun erdrosselt worden ist. Ihr Grab findet sich in der Georgskirche zu Prag. In der Kunst wird sie dargestellt mit Schleier oder Strick um den Hals. Auch eine Märtyrerpalme findet sich dann und wann in ihrer Hand. Sie gilt auch als Patronin der Erzieher und Mütter.

921- 929

Přemysliden (Fürsten)- herrschaft.
Wenzel I.
Přemysl, Herzog von Böhmen
Vazlav (Wenzel, Wenzezlaus, Venceslaus), Herzog von Böhmen, Märtyrer, Heiliger (Fest am 28. September, Gedächtnis der Übertragung der Gebeine am 4. März). * etwa 903/905, † 28. September 929 (Cosmas von Prag) oder 939 (Widukind von Corvey) in Altbunzlau/Starß Boleslav.
Er entstammte dem Geschlecht der Přemysliden. Seine Eltern waren Herzog Vratislav und dessen Gemahlin Drahomira. Unter dem Einfluß seiner Großmutter, der hl. Ludmilla, erhielt er eine gründliche christliche Erziehung an der Lateinschule von Budeú. Nach dem Tode Vratislavs übte seine Mutter Drahomira die Vormundschaft aus. Ihre stark auf sie selbst bezogene Regentschaft führte zu Unruhen in Böhmen, denen die hl. Ludmilla zum Opfer fiel. Bald danach, etwa um 925, wurde Wenzel selbst Regent von Böhmen. Wenzel erkannte die Oberhoheit des deutschen Königs Heinrich I. an. Die Christianisierung und die Bemühungen Wenzels um eine Milderung der Untertänigkeit des Volkes, ferner darum, die Gerichtsbarkeit der Grundherren an feste Normen zu binden, und vielleicht noch weitere Faktoren führten wohl zu dem Entschluß den jungen Monarchen umzubringen. Dafür wurde auch Wenzels jüngerer Bruder Boleslav gewonnen. Dieser lud Wenzel auf das Schloss in Altbunzlau ein, wo er ihn tötete. Als Boleslav I. wurde er der Nachfolger seines Bruders. Bald nach dessen Tod begannen die Gläubigen, Wenzel als Martyrer zu verehren. Noch unter Boleslav I. wurde sein Leib in die von ihm selbst errichtete Kirche St. Veit überführt. Wenzel wurde zum Landespatron für das ganze böhmische Volk. Seine Verehrung breitete sich nach und nach von Böhmen und Mähren auch nach Deutschland aus. Unter Kaiser Karl IV. wurde V. das Symbol der Klammer der Reichstradition, die Böhmen umschließt. Die Krone des Königreiches Böhmen wurde als »St.-Wenzels-Krone« zum staatsrechtlichen Symbol der staatlichen Eigenständigkeit Böhmens innerhalb des Heiligen Römischen Reiches und später der Habsburger Monarchie.
935-972
Boleslav I. Přemyslide (der Grausame), Herzog von Böhmen 935-972 organisiert ein zentralistisches Staatswesen in Böhmen-Mähren.
972-999
Boleslav II., Přemyslide, (der Fromme), Herzog von Böhmen
973
Gründung des Bistums Prag (1344 Erzbistum)
1012
Boleslaw Chrobry, Piasten, König von Polen, Herzog von Böhmen. Die Polen erobern 1012 Schlesien und Mähren.
1012 - 1033
Oldrich, Přemyslide, Herzog von Böhmen
1034—55
Bretislaw I., Přemyslide, Herzog von Böhmen (1034—55), * um 1005, † 10. 1. 1055; aus dem Haus der Premysliden, eroberte 1029 Mähren von Polen zurück. 1038 oder 1039 nutzte er die Nachfolgekrise in Polen aus, stieß weit nach Norden vor und besetzte Schlesien, das er bis 1050 behielt. 1041 zwang ihn Kaiser Heinrich III. zur Anerkennung der Oberhoheit des Heiligen Römischen Reiches.
1055-1061

Spytihnev II., Přemyslide 1031-28.1.1061, Herzog von Böhmen 1055-1061
Erstgeborener Sohn des Herzogs Bretislav I. von Böhmen und der Judith von Schweinfurt, (Tochter von Markgraf Heinrich I.)

Übernahm die Regierung nach dem Tod des Vaters (10. Januar 1055). Zur Stärkung der Zentralgewalt suchte er gewaltsam seinen Brüdern die Teilfürstentümer in Mähren zu entziehen, hatte aber nur zum Teil Erfolg und mußte nach einigen Jahren seinem Bruder Vratislav II. den Olmützer Teil zurückgeben. Dass Spytihnev II., wie Cosmas von Prag überliefert, die Deutschen aus dem Lande vertrieb, ist unwahrscheinlich; derselbe Chronist berichtet nämlich auch, dass Spytihnev II. die slavischen Mönche des Klosters Sazava durch Deutsche ersetzte. Von Papst Nikolaus II. erwarb Spytihnev II. das Recht, gegen Zahlung von 100 Pfund Silber jährlich die bischöfliche Mitra zu tragen. Spytihnev II. gilt als Gründer des Kollegiatkapitels von Leitmeritz und der romanischen St. Veits-Basilika auf der Prager Burg. Als Gemahlin Spytihnevs erwähnen die Quellen, die seine außerordentliche Frömmigkeit betonen, Hidda aus dem Hause WETTIN.


1086

Vratislav I.,Přemyslide, wird König von Böhmen für seine Person.
Beziehungen der Staufer zu den Premysliden.


1174

Dekret des Herzog Sobieslaw II.

„Ich Sobieslaw, Herzog von Böhmen, mache allen Gegenwärtigen und Kommenden kund, daß sich die Deutschen, so unter der Burg von Prag siedeln, in meine Gunst und unter meinem Schutz nehme und ich will, daß diese Deutschen eine besondere, von den Böhmen unterschiedene Nation bleiben sollen, wie sie sich auch in ihren Gesetzen und Bräuchen von diesen Unterscheiden.
Ich ermächtige diese Deutschen, entsprechend den Gesetzen und der Rechtsordnung der Deutschen zu leben, wie sie dessen sich schon seit den Zeiten meines Großvaters, des Königs Wratislaw, erfreuten.
Wer aber diesem Gebot zuwiderhandelt, der sei verflucht in alle Ewigkeit.“

Sobieslaw II. gegeben auf meiner Burg zu Prag i. J. 1174 nach unseres Heilands und Seligmachers Geburt.

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1182

Errichtung der Markgrafschaft Mähren

1198
Ottokar I. erhält die erbliche Königswürde. Könige von Böhmen im Heiligen römischen Reich deutscher Nation.

Ottokar I. (Otakar I.) Přemyslide, Ottokar I., Böhmischer König (seit 1198), * um 1155, † 15. 12. 1230, Sohn Wladislaws II, Vater von Wenzel I. und Großvater von Přemysl Otakar II.. Ottokar I erwirkte durch wechselnde Parteinahme im staufisch-welfischen Thronstreit 1198 bei König Philipp von Schwaben, 1203 beim Papst und 1212 bei Kaiser Friedrich II. die Bestätigung des Erbkönigtums für Böhmen, das er auch kulturell und wirtschaftlich Kolonisation, Städtewesen) förderte. Im Zuge seiner ausgreifenden Ehepolitik heiratete sein Sohn Wenzel I. (seit 1228 Mitkönig) im Jahr 1216 die Stauferin Kunigunde (* 1199?, † 13.9.1248, Tochter von Philipp von Schwaben und der Irene von Byzanz (Tochter von Kaiser Isaak Angelos) und Enkelin des Kaisers Friedrich (III.) I. Barbarossa).
Die jüngste Tochter von Ottokar I. Agnes von Böhmen wurde 1989 heilig gesprochen.
1216
Mit dem Privileg der Primogenitur (1216) sicherte Friedrich II. (Staufer), Kaiser (seit 1220) das Königtum in Böhmen-Mähren. Böhmen wird Königreich (erblicher Königstitel; Kurwürde)
1228/30

Wenzel I., 'der Einäugige' Přemyslide tschechisch Václav I., König von Böhmen (seit 1228/30),
* 1205 Prag
oo mit der Stauferin Kunigunde von Schwaben * 1199 † 13.9.1248 (Enkelin von Friedrich (III.) I. Barbarossa)
† 23. Sept. 1253 bei Beraun
[] Prag Agneskloster
– Schwiegersohn des Römischen Königs Philipp von Schwaben und Sohn von Ottokars I. Přemysl.

1216, noch zu Lebzeiten seines Vaters, wurde Wenzel I. zum König gewählt (Krönung 1228 im Prager St. Veitsdom).
Er stritt mit dem Bruder um Mähren und behauptete eine böhmische Vormachtstellung. Erst der frühe Tod seines jüngeren Bruders Premysl († 1239), der als Markgraf Mähren verwaltete, verheiratet mit einer ANDFECHSERIN, einer Schwester der zweiten Frau Herzog Friedrichs, beendete die innerdynastischen Spannungen, so dass seine Politik auf die Ausdehnung seines Landes richten konnte.

Nach der Verurteilung durch den Kaiser fielen nun von allen Seiten die Gegner in die Länder des babenbergischen Herzogs Friedrichs ein: der Böhmen-König Wenzel in das nördliche Nieder-Österreich, nach dem ja schon sein Vater Ottokar I. Verlangen getragen hatte. Die Stadt Wien öffnete König Wenzel ihre Tore. Als Kaiser FRIEDRICH beide Herzogtümer seiner Kontrolle unterstellte, kam es im Februar - März 1238 zu einem Ausgleich zwischen König Wenzel und Herzog Friedrich II. von Österreich. Friedrich sollte das Land Österreich nördlich der Donau an Böhmen abtreten. Tatsächlich setzte sich König Wenzel in dem vor kurzem als planmäßige Stadt mit Rechteckplatz gegründeten Laa an der Thaya fest. Außerdem wurde eine neuerliche eheliche Verbindung vereinbart zwischen Nachkommen des Babenbergischen Hauses und den PREMYSLIDEN. Die Nichte des Herzogs Friedrich, Gertrud, Tochter seines 1228 verstorbenen Bruders Heinrich aus der Ehe mit Agnes von Thüringen, sollte mit dem ältesten Sohn König Wenzels, Wladislaw, Markgraf von Mähren, verlobt werden. Damit waren ja, wie sich später zeigen wird, Ansprüche auf die beiden Herzogtümer vertretbar.
Die Abtretung des nördlichen Landesteiles an Böhmen war nie erfolgt. Außerdem pochte König Wenzelauf die Einhaltung der Eheabsprache mit Gertrud. Ein bestehendes Ehehindernis, ein gemeinsamer Ur-Ur-Großvater, wurde vom Papst durch Dispens behoben. Gerichtet war diese Genehmigung freilich gegen Kaiser FRIEDRICH II., der sich selbst ehelich mit Gertrud verbinden wollte. Unmittelbar nach dem Tode Herzog Friedrichs II. († 15.6.1246) war es der Böhmen-König Wenzel, der seinen Sohn Wladislaw mit Gertrud vermählte - den man auch in Österreich als künftigen Herzog ansah. Aber schon nach einigen Monaten, am 3. Januar 1247 starb Wladislaw.
Schwerer wog der Gegensatz zum König von Böhmen, der, nun den Mißerfolg von Verona ausnützend, mit Gewalt seinen Lieblingsplan, die Vermählung seines Sohnes Wladislaw mit Gertrud durchsetzen wollte und seinen Neffen Ulrich von Kärnten Anfang 1246 in Österreich einfallen ließ. Aber Herzog Friedrich besiegte die Eindringlinge bei Staatz, machte viele Gefangene, darunter auch den jungen SPANHEIMER Herzogssohn Ulrich.

Seine organisatorische Fähigkeit zeigte Wenzel I. beim Mongoleneinfall unter Batu Khan im Jahre 1241; Wenzel konnte sie zwar vertreiben, Böhmen kam im Gegensatz zu Schlesien und Ungarn weitgehend von den Mongolen ungeschoren davon, die Schäden in Mähren waren aber durch den Einfall groß, Mähren wurde damals schwer verwüstet.
Während des langjährigen Streits zwischen Papsttums und Kaiser Friedrich II. wechselte Wenzel I. mehrmals die Partei, unterstützte aber weder den Kaiser noch den Papst entscheidend. Er wählte 1237 König KONRAD IV. mit, trat jedoch 1238/39 mit Österreich einer antikaiserlichen Koalition bei, zu der auch Brandenburg und Bayern gehörte, deren Thronkandidat König Abel von Dänemark war. Wenzel schloß 1240 Frieden mit Kaiser FRIEDRICH II., blieb jedoch in der Folgezeit schwankend und fiel 1246 endgültig von ihm ab. Es ging auch um die Erbfrage in Österreich und Steiermark, das er entgegen den kaiserlichen Interessen zu gewinnen versuchte.
Die wirtschaftlichen und sozialen Wandlungen in der 1. Hälfte des 13. Jh. waren der Hintergrund für die große Adelsrebellion in den Jahren 1248-1249.
Eine Rolle spielten auch die Auseinandersetzungen um die Wiederbesetzung des Bistums Olmütz (Olomouc), wobei Wenzel den neuernannten Bischof Bruno von Schaumburg (Schauenburg) das päpstliche Lager unterstütze, während ein Teil des böhmischen Adels offen für den Kaiser Partei ergriff, und den zum Thronfolger aufgerückten ehrgeizigen und ungeduldigen Sohn Wenzels und Kunigundes, Premysl Otakar II., der staufisch gesinnt war, am 31.12.1247 zum „jüngeren“ König erhob. Der Vater-Sohn-Konflikt konnte nur mit Mühe und der Hilfe außerböhmischer Freunde (er wurde von WILHELM von Holland unterstützt und erkannte ihn gegen Bestätigung aller Privilegien und Reichslehen als König an) erst nach 2-jährigen bewaffneten Auseinandersetzungen zugunsten Wenzels beigelegt werden, wozu die Entwicklung im Reich und der Kampf um das babenbergische Erbe in Österreich beitrugen. Nach dem unerwarteten Hinscheiden Friedrichs des Streitbaren im Jahre 1246, der keine männlichen Erben hinterließ, war nämlich das politisch, wirtschaftlich und strategisch bedeutsame Herzogtum vakant.

Die zähen Bemühungen der böhmischen Politik, zuerst einen Teil des nördlichen Österreich und nach 1246 (nach dem Tod des letzten BABENBERGERS Friedrich II. des Streitbaren) die ganze babenbergische Erbschaft zu gewinnen, gipfelten in einem Erfolg: Wenzels I. Sohn, der spätere Otakar II. Premysl, wurde im Herbst 1251 zum Herzog von Österreich gewählt.

Wenzel I. förderte die Ansiedlung von Deutschen in Böhmen und Mähren, um die Landwirtschaft zu modernisieren und dem Bergbau Impulse zu geben. Während seiner Regierungszeit entstand eine Reihe königlicher Städte und Burgen. Prag erhielt durch ihn das Nürnberger Städterecht. Darüber hinaus begann unter seiner Herrschaft eine Welle Klostergründungen, vor allem des Zisterzienserordens.

Wenzel I. starb am 22. September 1253 auf seinem Hof Pocaply bei Beroun. Die sterblichen Überreste des Königs wurden dann nach Prag überführt und im Kloster des Hl. Franziskus feierlich beigesetzt. Das Grab des Königs konnte, da die historischen Quellen keine Nachricht hinterließen, in welchem Gebäude des Klosters der König seine letzte Ruhestätte fand, in archäologischen und anthrapologischen Ausgrabungen bzw. Untersuchungen in den Jahren 1941 respektive 1983 ermittelt und die Identität Wenzels bestätigt werden. In unmittelbarer Nähe entdeckte man zugleich eine in ihrer Art dem königlichen Grab ähnliche Ruhestätte, über die keinerlei historische Angaben existieren. Detaillierte Analysen der die Ausgrabungen leitenden Wissenschaftler führten dann zu der Feststellung, dass es sich um das Grab der böhmischen Königin Kunigunde von Schwaben handelte, die hier im ehemaligen Kloster der Klarissinnen, für das sie sich als fromme Stifterin Verdienste erworben hatte, ihre letzte Ruhestätte fand.

König Wenzel I., der in den Chroniken als Sonderling beschrieben wird, trug so schon vor Sohn zum Aufstieg Böhmens als Großmacht bei. Wenzel I.unterstützte seine jüngere Schwester Agnes (Heilig, 1211-1282) bei der Gründung des Minoriten- und Klarissenklosters in Prag (sogenanntes Agneskloster). Da Wenzel I. auf der Jagd ein Auge verloren hatte, erhielt er den Beinamen 'der Einäugige'.

Nachkommen:
Kinder aus der Ehe mit der Stauferin Kunigunde von Schwaben * 1199 † 13.9.1248

1) Vladislav III.,* um 1228, Markgraf von Mähren, oo 1246 mit Gertrud von Babenberg
2) Beatrix (Bozena), * um 1225 oo im Juni 1243 mit dem Markgrafen Otto III. von Brandenburg, † 27.5.1290
3) Ottokar II. *1230 † 26.8.1278, folgte Wenzel I. auf den Thron, erhob sich bereits 1248 gegen die Herrschaft seines Vaters und sollte als ein berühmter PREMYSLIDE in die Geschichte eingehen.
4) Agnes, Markgräfin von Meißen, (nicht zu verwechseln mit ihrer Tante, der heiligen Agnes von Böhmen),* 1245, oo 1244 mit Heinrich Markgraf von Meißen (* 1215/16 † 15.2.1288), † 10.10.1268
5) Eine bereits im Kindesalter verstorbenen, namentlich nicht bekannte Tochter.

1253

Ottokar II. (Otakar II.) Přemyslide
* um 1233, † 26. Aug. 1278 in Dürnkrut (Niederösterreich),
Urenkel on Kaiser Friedrich I. Barbarossa, Enkel von Ottokar I. Přemysl,
zweitältester Sohn König Wenzels I. und der Kunigunde von Schwaben,
Vater von Wenzel II.

Ottokar II., genannt 'der jüngere König', 'der eiserne König' oder 'der goldene König' war König von Böhmen (ab 1253). Er war auch Herzog von Österreich (ab 1251), Herzog der Steiermark (ab 1261) und Herzog von Kärnten und Krain (ab 1269). Damit hatte er eine für einen Premysliden zuvor und später nie erreichte Machtfülle erlangt, was sich auch in seiner mehrfachen Bewerbung um die Krone des Heiligen Römischen Reiches zeigte.

In erster Ehe (seit 1252) war er verheiratet mit Margarete von Österreich († 1267) – der Schwester des Babenherzogs Friedrich II. –,
in zweiter Ehe (seit 1261) mit Kunigunde von Tschernigow († 1285), einer Enkelin König Bélas IV. von Ungarn;

Ursprünglich sollte Ottokar II. zum kirchlichen Verwalter erzogen werden. Nachdem sein Bruder Vladislav 1247 nach seiner Hochzeit plötzlich verstarb, ging das Erbe auf Ottokar über. Der Überlieferung nach war er durch den plötzlichen Tod des Bruders schockiert und kümmerte sich zunächst kaum um das Regieren sondern widmete sich eher der Jagd und Saufgelagen auf seinen Jagsdchlössern. Er war 1248 Anführer der Aufruhr gegen seinen Vater, den König Wenzel I. und erhielt dadurch seinen Spitznamen "der jüngere König" (mladší král).

Diese Auseinandersetzung endete, als Wenzel I. begann, sich in die Entwicklung in Österreich einzuschalten. Mit dem Babenbergherzog Friedrich II.waren dort 1246 die Babenberger in männlicher Linie ausgestorben. Er hinterließ eine Nichte (Gertrud) und eine Schwester (Margarete). Gertrud heiratete den Markgrafen Hermann von Baden, der sich im Land jedoch nicht durchsetzen konnte, ebensowenig wie der Reichsverweser des Heiligen Römischen Reiches. 1250 fiel Wenzel I. in das Land ein, das Kaiser Friedrich II. unter Reichsverwaltung gestellt hatte. Anderen Quellen zufolge wurde er von den österreichischen Ständen gerufen, um die Wirren zu beenden. Mit Zustimmung des Adels setzte Wenzel seinen Sohn Ottokar als Statthalter ein. Gleichzeitig schlossen Wenzel und Ottokar einen Friedensvertrag, der den Sohn 1251 auch zum mährischen Markgraf machte. Er hatte damit die klassische Herrschaftsposition der böhmischen Thronfolger inne. Im gleichen Jahr zog Ottokar in Österreich ein und wurde von den Ständen bald zum Herzog ernannt. Um seine Würde zu legitimieren und der böhmischen Forderung auf das babenbergische Erbe Nachdruck zu verleihen, heiratete er am 11. Februar 1252 die gut dreißig Jahre ältere Margarete, Wittwe des Königs Heinrich (VII.) in der Burgkapelle von Hainburg.

1253 starb König Wenzel I. und Ottokar übernahm die Krone. Sein ausdrückliches Ziel war die Kaiserwürde des Römischen Reiches. An der Wahl nahm er jedoch nicht persönlich teil. Er war überzeugt, dass sein Reichtum genüge, diesen Titel übertragen zu bekommen.

Der Ungarnkönig Béla IV. fühlte sich durch diesen Machtzuwachs (Herzogtum Österreich) des benachbarten Reiches bedroht. Gemeinsam mit den bayerischen Wittelbachern ging er gegen Ottokar vor. Die Kurie vermittelte schließlich einen Frieden, in dem ein großer Teil der Steiermark Ungarn zugeschlagen wurde. Die folgende vorübergehende Friedensphase nutzte Ottokar II., um den Deutschen Orden bei zwei Kreuzzüge im Baltikum gegen die Pruzzen und andere slawische Stämme zu unterstützen. Ottokar zu Ehren erhielt das 1255 gegründete Königsberg seinen Namen.

1260 schlug er die Ungarn in einer erneuten Schlacht, was Ungarn zu einem Friedensschluss zwang und Ottokar den Besitz und die Herzogswürde der Steiermark sicherte. Um diese Einigung zu bekräftigen, ließ er sich von Margarete scheiden und heiratete Kunigunde von Machow, eine Enkelin des Königs von Ungarn. Auch auf Reichsebene machte er großen Einfluss geltend, da sich die beiden Könige Alfons X. und Richard von Cornwall jeweils seiner Unterstützung zu versichern versuchten. 1266 besetzte er das reichsunmittelbare Egerland. 1267 brach er zu einem weiteren Kreuzzug nach Litauen auf.

In dieser Zeit schloss er auch einen Erbvertrag mit dem kinderlosen Herzog Ulrich III. von Kärnten. 1269 starb Ulrich und Ottokar erbte Kärnten und Krain. Dadurch zog er sich allerdings die Feindschaft des dortigen Adels zu. Damit war — in steter Auseinandersetzung mit Ungarn und Bayern — der südliche Teil Ostmitteleuropas erstmals in einem multinationalen Großraum integriert, wie es später den Habsburgern gelang. Auch die Mehrzahl der Reichsfürsten begann sich über den Machtzuwachs des Böhmen zu sorgen.

Er förderte die Einwanderung der Deutschen in Böhmen sowie Mähren und gründete zahlreiche Städte, unter anderem Politschka. Auch in Böhmen förderte er die Städte gegenüber dem Adel. Vor allem die Residenzstadt Prag profitierte von der durch ihn angestoßenen regen Bautätigkeit. Vom Adel verlangte er dagegen die Auslieferung aller unrechtmäßig erworbenen Güter und ließ neue Burgen schleifen. Diese rigide Konfrontationspolitik konnte den allgemeinen Machtzuwachs des böhmischen Adels im 13. Jahrhundert nicht aufhalten.
In Österreich gründete er die Städte Marchegg, Leoben und Bruck an der Mur. Das vom Babenbergerherzog Friedrich II. begonnene romanische Westwerk der Stephanskirche ließ er weiterbauen.

Der Olmützer Bischof Bruno von Schaumburg (Schauenburg) und Holstein hatte ab 1249 führenden Anteil an der böhmischen Expansion bis zur Adria und Ostsee und wurde nach der Schlacht auf dem Marchfeld (1278) von König Rudolf I. von Habsburg zum Statthalter von Nordmähren ernannt. Bruno hatte entscheidende Verdienste um die deutsche Besiedlung Mährens. Hier kolonisierte er ausgedehnte Gebiete und gründete zahlreiche Städte und Dörfer u. a. Zwittau und Umgebung. Bruno beteiligte sich in der Zeit von 1254 bis 1266-67 auch an Premysl Ottokars II. beiden Kreuzzügen in Ostpreußen, Ottokar zu Ehren erhielt das 1255 gegründete Königsberg seinen Namen. Bruno unterstützte auch des Königs Bestrebungen um die Erwerbung der römischen Krone. Der Bischof hatte ebenso wie im Juli 1260 in der Schlacht bei Kroissenbrunn, die dem König Premysl Ottokar II. die Steiermark einbrachte, den König als Kanzler begleitet. In der Steiermark wurde Bruno 1262-1270 wie in Mähren Hauptmann und legte das ‘Rationarum Styriae‘ an; außerdem brachten ihm seine kriegerischen Fähigkeiten auf Seiten des Königs den Hulleiner Bezirk; das Hochwalder Gebiet erwarb er käuflich. Gemeinsam mit dem König beabsichtigte er, Olmütz zum Erzbistum zu erheben und ihm Preußen und das Baltikum einzuverleiben; der Plan wurde jedoch wegen des erfolglosen Preußenfeldzuges des Königs von 1267/1268 von Rom abgelehnt.

Die Spannweite seiner Politik zwischen Ostsee und Adria, verbunden mit seinen böhmischen Finanzquellen, machte ihn zum mächtigsten Reichs- und Kurfürsten. Doch der Erwerb der Römischen Königskrone misslang trotz enger Anlehnung an die Kurie zweimal (1256 und 1273). Ottokar war den Kurfürsten wegen seiner Machtfülle suspekt, ihren erneuten Ausdruck fand diese Haltung 1273, als es zu einer neuen Königswahl im Reich kam. Sie wählten den vermeintlich „armen Grafen“ Rudolf von Habsburg. Ottokar erkannte die Wahl und den neuen König nicht an. Dieser forderte im Gegenzug die Rückgabe angeeigneter Reichsterritorien, was vor allem auf Ottokar und das besetzte Egerland gemünzt war. Ottokar verweigerte Rudolf die Herausgabe der eigenmächtig besetzten Reichslehen. In einer Reichsgerichtsverhandlung zu dieser Anschuldigung unterlag Ottokar, worauf Rudolf die Reichsacht gegen ihn verhängte. Dadurch verlor Ottokar die letzte Unterstützung innerhalb des Reiches und in den benachbarten Territorien. Auch innerhalb Böhmens verweigerte eine starke Adelsopposition dem König die Unterstützung. Im Süden seines Territoriums brach sogar ein offener Aufstand aus. Ottokar war gezwungen, 1276 in Wien auf alle Erwerbungen zu verzichten. Ihm blieben nur Böhmen und Mähren.
Bei dem Versuch, seinen Herrschaftsraum mit Waffengewalt wiederherzustellen, wurde er in der Schlacht bei Dürnkrut auf dem Marchfeld am 25. 8. 1278 von Rudolf und den verbündeten Ungarn (Ladislaus IV.) geschlagen und auf der Flucht getötet. Sein Sohn Wenzel II., mit einer Tochter Rudolfs verheiratet, behielt Böhmen und Mähren.

Premysl Otakar II. (um 1233-1278) war der bedeutendste böhmische König vor Karl IV., der sich an der Schwelle der 70-er Jahre des 13. Jahrhunderts anschickte, im Kampf gegen Rudolf von Habsburg als "Rex aureus et ferreus" auch nach der deutschen Königskrone zu greifen.

NACHKOMMEN:

1) Ehe: Margarethe von Babenberg (1205-1267), kinderlos, Scheidung
2) Ehe: Kunigunde von Machow (1246-1285)

Kinder aus der 2. Ehe:
Heinrich, *1262, +1263
Kunigunde (1265 - 27. 11. 132), verh. mit Herzog Boleslaw von Masowien, nach seinem Tod (1302) Äbtissin von St. Georg zu Prag
Agnes (1269-1296) - verheiratet mit Rudolf II. von Habsburg (1271-1290), Herzog von Österreich (Bruder von Albrecht I. von Habsburg)
Wenzel II. (1271-1305), König von Böhmen

Illegitime Kinder mit Hofdame Anna (?Margarete, ?Agnes) von Chuenring (alle?)
Nikolaus I, Herzog von Troppau (1254/5 - 25.7.1318) verh. 1283 mit Adelheid von Habsburg
Johann, (Ješek), Probst zu Vyšehrad bis 1296
Agnes, verh. mit Bavor III, Herr von Strakonitz
N.N. (Tochter), verh. mit Markvart von Trnava
N.N. (Tochter), verh. ca. 1276 mit Wok, Herr von Krawarz
Elisabeth, verh. mit Vikard, Herr von Polna, Burggraf von Brünn
N.N. (Tochter), verh.1277 mit N.N., Herr von Weitra

Literatur:
J. K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen. (Graz 1989);
J. Kuthan: Přemysl Ottokar II. König, Bauherr und Mäzen (aus dem Tschechischen, Wien 1996).

1278/83

Wenzel II., Přemyslide, tsch. Václav II. ['va:tslaf], König (seit 1278/83)
 * 17. 9. 1271
 1. oo 21.1.1285 mit Jutta (Guta) von Habsburg (* 13.3.1271, † 21.6.1297), einer Tochter Rudolfs I. von Habsburg.
 2. oo 26.5.1300 mit Elisabeth-Richsa von Polen (*um 1286, †18.10.1335, 2. oo 16.10.1306 Rudolf III. Graf von Habsburg
*1281, † 4.7.1307), Tochter des polnischen Königs Przemyslaw II.
 †  21. 6. 1305 Prag
 [] Zisterzienser-Kloster Zbraslav (Königssaal)

Sohn des Königs Ottokars II. Přemysl aus seiner 2. Ehe mit der Kunigunde von Kiew, Tochter von Herzog Rostislaw.

Nach dem Tod seines Vaters (1278) stand Wenzel II. einige Jahre unter Vormundschaft seines Onkels, Markgraf Ottos IV. von Brandenburg. Er mußte 1278 alle Reichslehen und Eroberungen herausgeben und Mähren für 10 Jahre verpfänden. Erst seit 1283 regierte Wenzel II. selbständig, wobei seine Herrschaft bis 1290 unter dem Einfluß rivalisierender Adelsgruppen, zwischen pro- und anti-habsburgischen Geschlechtern, stand, besonders der WITIGONEN (am 24.8.1290 ließ er seinen Stiefvater, Zawisch von Falkenstein, den Exponenten der anti-habsburgischen Adelsgruppierung, hinrichten und der Gruppe um Bischof Tobias von Bechyn und Purkart von Janowitz. Doch erlangte der König von Böhmen bald wieder eine wichtige Rolle in der Politik Mitteleuropas. Dazu trug die Heirat mit der Tochter RUDOLFS von Habsburg bei. Wenzels II. Haltung beeinflußte das Ergebnis der deutschen Königswahlen in den Jahren 1292 und 1298. Mit Rücksicht auf die Interessen der HABSBURGER konzentrierte sich die böhmische Politik damals auf Meißen, das Pleißenland und besonders auf Polen. Wenzel II. profitierte von der politischen Zersplitterung Polens, festigte seine Macht zuerst in Oberschlesien (1289) und beherrschte bald Kleinpolen mit Krakau (1291). In den Jahren 1291 und 1292 eroberte er Krakau und Sandomierz, Großpolen und Pommern. Im Wettbewerb um die polnische Krone unterlag Wenzel II. – unter dem Druck der päpstlichen Kurie – zunächst dem großpolnischen Fürsten Przemysl II. (1295). Als dieser 1296 ermordet wurde, konnte er sich bald darauf in Prag zum König krönen lassen (1297), die zeitgenössischen Chroniken berichten von dieser äußerst kostspieligen Festlichkeit. Diplomatisch und militärisch abgesichert sowie durch die Heirat mit des großpolnischen Fürsten Przemysls Tochter vorbereitet, gelang Wenzel II. im Sommer 1300 der Einzug in Polen, dem Wenzels Gegner, der PIAST Wladyslaw I. Lokietek, keinen Widerstand leisten konnte; im August 1300 wurde Wenzel II. in Gnesen zum König von Polen gekrönt. Er versuchte Österreich und Steiermark zurückzugewinnen, was ihm die erbitterte Feindschaft ALBRECHTS von Habsburg einbrachte. Wenzel verhinderte 1291 dessen Wahl zum deutschen König und wählte ADOLF von Nassau mit. Er geriet auch 1290 mit ALBRECHT wegen Ungarn in Konflikt. Bei den Krönungsfeierlichkeiten Wenzels II. in Prag (2.6.1297) trafen Wenzel, der Mainzer Erzbischof, die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, die vertriebenen WETTINER und Herzog Albrecht von Habsburg Absprachen zur Absetzung ADOLFS von Nassau. Der neugewählte König sprach Wenzel die Lausitzen, das Egerland, Meißen und das Pleißenland zu. Nach dem Aussterben der ARPADEN eroberte er 1301 Ungarn und ließ seinen Sohn zum König von Ungarn krönen, womit er sowohl gegen den Papst, der Ungarn als päpstliches Lehen ansah, und das Haus ANJOU damit belehnte, als auch gegen ALBRECHT I., der Ungarn als Reichslehen ansah, geriet. Von dem raschen politischen Aufstieg der premyslidischen Macht, die nun die drei ostmitteleuropäischen Königskronen vereinte, fühlten sich nicht nur die HABSBURGER, sondern auch die päpstliche Kurie bedroht. Schon 1304 sah sich Wenzel II. gezwungen, in Ungarn zu intervenieren, um seinen Sohn sicher nach Böhmen zurückzuholen. Bald darauf mußte sich Wenzel II. gegen militärische Interventionen wehren. Im Herbst 1304 drang König ALBRECHT von Habsburg mit seinen ungarischen Verbündeten bis nach Kuta Hora (Kuttenberg) vor. Zwar konnte Wenzel II. den Angriff mit Hilfe des böhmischen Adels zurückschlagen. Wenzel stellte die königliche Gewalt in Böhmen voll wieder her, verbündete sich mit Brandenburg und trat Meißen ab. Doch war die böhmische Herrschaft nicht nur in Ungarn, sondern auch in Polen erschüttert. Obwohl der böhmische König als einer der reichsten Herrscher Europas galt, brachten ihn die Bezahlung des Heeres und die Unterstützung der polnischen und ungarischen Magnaten mit riesigen Summen in finanzielle Schwierigkeiten. Die PREMYSLIDEN verzichteten auf die ungarische Krone, um die polnische Krone zu retten. Angesichts der Probleme der HABSBURGER in Österreich und im Deutschen Reich hofften die PREMYSLIDEN, doch erkrankte Wenzel II. im Frühjahr 1305 und starb am 21. Juni.

Wenzel II. Wenzel II. war nicht nur einer der bedeutendsten Könige aus dem Hause der PREMYSLIDEN, sondern auch eine der hervorragendsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Mit Hilfe von Diplomatie und militärischer Stärke verfolgte er konsequent seine politischen Ziele und wählte dabei mit Bedacht seine Ratgeber und Helfer aus, häufig Kleriker und zugewanderte Gefolgsleute. Im Unterschied zu seinem Vater Otakar II. Premysl hatte Wenzel II. dennoch ein recht gutes Verhältnis zum böhmischen Adel. Er war bemüht, die wirtschaftliche und kulturelle Lage des Königtums zu bessern. Wenzel II. führte eine Münzreform durch (1303) und ließ die grossi Pragenses prägen. Er unterstützte den Aufschwung des Bergbaus (besonders im Gebiet von Kuttenberg) und erließ die Kuttenberger Bergordnung. Nur sein Versuch, in Prag eine Universität zu gründen, blieb infolge des Widerstands des Adels erfolglos. Gegen Ende seiner Regierung überschätzte er jedoch die politischen und ökonomischen Möglichkeiten seines böhmischen Königreiches.

— Der böhmische König Wenzel II. aus dem Geschlecht der Přemysliden gehörte zu den den erfolgreichen Schriftstellern deutscher Sprache des damals beliebten Minesangs. Zusammen mit seinem Vater Přemysl Ottokar II. ist er damit einer der ersten bekannten Tschechen, die zu deutschen Schriftstellern wurden und so eine bis heute andauernde Tradition von rund sieben Jahrhunderten einleiteten. —

Nachkommen:
Kinder aus der 1. Ehe:
1) Przemysl Ottokar * 6.5.1288  † 19.11.1288
2) Wenzel III. * 6.10.1289  † 4.8.1306
3) Agnes * 6.10.1289  † 1293
4) Anna * 15.10.1290  † 3.9.1313, oo 13.2.1306 Heinrich VI. Herzog von Kärnten (1265/73  † 2.4.1335)
5) Elisabeth *20.1.1292  † 28.9.1330 Prag , oo 31.8.1310 oo Johann Graf von Luxemburg (10.8.1296  † 26.8.1346)
6) Judith * 4.3.1293  † 3.8.1294
7) Johann I.* 26.2.1294  † 1.3.1294
8) Johann II. *21.3.1295  † 6.12.1296
9) Margarete *9.2.1296  † 7./8.4.1322, oo 1308/10 Boleslaw III. Herzog von Schlesien-Liegnitz (* 23.3.1291  † 21.4.1352)
10) Agnes  † um 1296 oo 1296 Ruprecht VI. Graf von Nassau ( * um 1280  † 2.11.1304)

Kinder aus der 2. Ehe

11) Agnes *15.6.1305  † 1336/4.1.1337 oo 1319 Heinrich I. Herzog von Schlesien-Schweidnitz-Jauer (1292/96  † 6.3./15.5.1346)

Illegitimes Kind:

12) Johann Wolek Bischof von Olmütz (1334-1351)  † 1351

1302

Wenzel III., tschechisch Václav III. ['va:tslaf], König (seit 1305), * 06.10.1289, †(ermordet) Olmütz 4. 8. 1306; letzter Přemyslide (im Mannesstamm), Sohn von Wenzel II., der ihn 1301 zum König von Ungarn erheben und 1302 krönen ließ, was zum Krieg mit dem Römischen König Albrecht I. führte. Nach dem Tod seines Vaters verzichtete Wenzel 1305 auf die ungarische Krone, um Polen gegen Wladislaw I. behaupten zu können; während der Vorbereitungen zum Feldzug wurde er unter ungeklärten Umständen ermordet.

Die Migration aus der Ritterschaft sammelten sich erneut und in bislang ungekanntem Ausmaße am böhmischen Hof Wenzel II. (bis 1305) und vor allem Johanns von Luxemburg (1310-1346). Die Mehrheit der zugewanderten Ritter kam aus nahen deutschen Gebieten nach Schlesien. Fast ein Viertel stammte aus der benachbarten Oberlausitz, dabei allerdings aus dem entfernteren Westen. Aus der ebenfalls benachbarten Niederlausitz - im Mittelalter schlicht die Lausitz - stammten nur 6-8% aller Zuwanderer. Hohe Einwanderungszahlen lassen sich für Meißen (ca. 20%), das Pleißenland (ca. 10%) und Thüringen (ca. 15%) nachweisen. Ein ansehnlicher Anteil von Zuwanderern stammte aus Böhmen (ca. 8-9%). Davon kamen die meisten aus Nordböhmen, wobei viele zu Familien gehörten, die wenig früher aus Deutschland eingewandert waren.

1306-1310

Heinrich VI., Meinhardiner, (1265/73 - 02.04.1335), König von Böhmen und Polen (1306-1310)

Herzog von Kärnten (1295-1335), Graf von Tirol (1295-1335),
König von Böhmen und Polen (1306-1310)


1. Ehe am 13.2.1306 mit Anna von Böhmen, (15.10.1290-3.9.1313), Tochter des Königs Wenzel II. , Ersterbin von Böhmen

Heinrich VI. wurde nach dem Erlöschen der PRZEMYSLIDEN 1306 vom böhmischen Adel gewählt, musste aber Rudolf III. von Habsburg weichen. Nach dessen Tode folgte er erneut, setzte sich gegen RudolfsBruder FRIEDRICH durch, wurde von ALBRECHT I. geächtet und päpstlich gebannt und verbündete sich mit Bayern, Meißen und Württemberg. Er verlor Mähren an die HABSBURGER, die auch Kärnten und Tirol heimsuchten. Von ALBRECHTS Nachfolger Kaiser HEINRICH VII. 1308 vorläufig anerkannt, wurde er zu Gunsten von dessen Sohn Johann, seinem Schwager, 1310 endgültig verjagt. Heinrich behielt den Königstitel bei, beanspruchte weiterhin die böhmische Kurstimme und wählte mit dieser 1314 FRIEDRICH von Habsburg mit zum deutschen König gegen LUDWIG IV. DEN BAYERN. Er blieb ohne Macht in Böhmen, wurde dort nie heimisch und schloss 1324 endgültig Frieden mit den LUXEMBURGERN.

 

18.01.1307-03.07.1307

Rudolf III. *um 1282 Wien, † 4.7.1307 Horazdowitz bei Prag, (Herzog von Österreich), Habsburger, König von Böhmen und Polen (1306-1307)

15.08.1307-1310

Heinrich VI. (siehe oben), Meinhardiner, König von Böhmen

1310

Luxemburger Herrschaft
Johann von Luxemburg, König von Böhmen (seit 1310),(Johann 2) * 10. 8. 1296, † (gefallen) Crécy-en-Ponthieu 26. 8. 1346, Sohn Kaiser Heinrichs VII.; wurde 1310 mit Böhmen belehnt und mit der Tochter des Přemysliden Wenzel II., Elisabeth, vermählt. Er übernahm die böhmischen Ansprüche auf die polnische Krone und erwarb 1335 das Herzogtum Breslau und die Lehnshoheit über andere schlesische Fürstentümer sowie Masowien. Der Versuch, sich ein oberitalienisches Königreich zu schaffen, scheiterte. Gegen Kaiser Ludwig IV., den Bayern, suchte er Rückhalt bei Frankreich und der Kurie und erreichte 1346 die Wahl seines Sohnes Karl (IV.) zum Römischen König. Mit diesem kämpfte er, obgleich 1340 erblindet, (Johann der Blinde), bei Crécy auf französischer Seite gegen die Engländer, wo er fiel. (Ehemaliges Grab des Königs Johann von Böhmen)

1346

Karl IV., Luxemburger, als Karl I. Römischer König (seit 1346), König von Böhmen (seit 1347), als Karl IV. Römisch-Deutscher Kaiser in Prag (seit 1355-1378), * Prag 14. 5. 1316, † Prag 29. 11. 1378; Sohn König Johanns von Böhmen;
Karl IV. hieß ursprünglich Wenzel, nannte sich seit seiner Hochzeit (1324) mit einer Tochter des Grafen Karl von Valois Karl; übernahm 1334—46 mit wachsendem Einfluss die Regentschaft in Böhmen. Am 11. 7. 1346 ließ sich Karl im Einvernehmen mit Papst Klemens VI. von fünf Kurfürsten in Rhense zum Gegenkönig zu Ludwig IV., dem Bayern wählen. Den von den Wittelsbachern unterstützten Gegenkönig Günther von Schwarzburg konnte er 1347 nach dem Tod Ludwigs rasch ausschalten. 1355 ließ er sich in Rom von einem päpstlichen Legaten zum Kaiser krönen, verzichtete aber auf die Ausübung kaiserlicher Herrschaftsrechte in Italien. Im Königreich Burgund (Krönung dort 1365 in Arles) überließ er 1377 das Reichsvikariat dem französischen Thronfolger. Im Heiligen (Römischen) Reich — diese deutsche Bezeichnung erscheint erstmals in seinen Urkunden — garantierte er durch die Goldene Bulle die Kurfürstenrechte und regelte die bis 1806 geltenden Bestimmungen der Königswahl unter Übergehung päpstlicher Ansprüche; er setzte als erster Herrscher seit den Staufern 1376 die Wahl seines Sohnes zum Nachfolger durch. Seine Politik konzentrierte sich auf den Ausbau seiner Hausmacht: Er erwarb durch seine dritte Heirat (1353) mit Anna von Schweidnitz, Tochter Heinrichs II. von Schlesien, Rest-Schlesien, 1367 die Niederlausitz, 1373 Brandenburg. Seine vierte Ehe, 1362 mit Elisabeth von Pommern eingegangen, der Erbvertrag mit Habsburg (1364) und die Verlobung seines Sohnes Siegmund mit einer Tochter König Ludwigs I. von Ungarn und Polen zielten auf eine weitere Ausdehnung seiner Macht. Karl ließ Prag als seine Residenz zum geistigen Mittelpunkt des Reichs ausbauen. So wurde 1346 Prag Erbistum, sowie 1348 wurde die erste deutsche Universität in Prag gegründet. Er berief bedeutende Baumeister, Künstler und Gelehrte (u. a. Peter Parler; 1356 F. Petrarca). Unter Johannes von Neumarkt gingen von seiner Kanzlei frühhumanistische Impulse aus. Karl selbst schrieb eine lateinische Darstellung seines Aufstiegs bis 1340; ein unbekannter Verfasser ergänzte sie bis 1346. Außerdem verfasste Karl eine Wenzelslegende (herausgegeben von A. Blaschka, 1934). Ein Fürstenspiegel für den Thronfolger (herausgegeben von S. Steinherz, 1925) wird ihm zugeschrieben.

Literatur:
Vita Caroli Quarti. Die Autobiographie Karls IV., übersetzt von E. Hillenbrand (1979).
F. Seibt: Karl IV. Ein Kaiser in Europa 1346 bis 1378 (51985, Nachdruck
1994).

1348

Gründung der Prager Universität

1378-1419

Wenzel IV., Luxemburger, Während der Herrschaft Wenzels IV. (1378-1419) in Böhmen machte sich zunehmend Unzufriedenheit über die soziale, politische und religiöse Lage breit; in dem sich zuspitzenden Konflikt fiel dem um 1370 im südböhmischen Husinec geborenen Magister Jan eine führende Rolle zu. Als Vertreter des Reformanliegens und als Märtyrer gab er einer Bewegung seinen Namen (Hussiten), die die Geschichte Böhmens im 15. Jahrhundert entscheidend prägte. Der Sohn Karls war ein politisch schwacher König und wurde vom Kurverein am 20. August 1400 wegen Faulheit als Römischer König abgesetzt.

1393
Johann von Pomuk (hl. Nepomuk) wird in der Moldau ertränkt.
1399

Beginn der reformatorischen Wirksamkeit von Jan Hus. Jan Hus predigte ab 1402 in der Prager Betlehemskapelle, wo die tschechische Volkspredikt ihren Mittelpunkt hatte (Quelle: 2000 Jahre Christentum, S. 379).

1409
Tschechische Vorherrschaft an der Universität Prag. Auszug deutscher Professoren und Studenten, zumeist nach Leipzig.
1410

Sigismund, Siegmund, Römischer König (seit 1410) und Kaiser (seit 1433), * Nürnberg 15. 2. 1368, † Znaim 9. 12. 1437; (letzter) Luxemburger, Sohn Kaiser Karls IV., Bruder von Wenzel IV., Vater von Elisabeth. Sigismund war in einer Doppelwahl 1410 gemeinsam mit seinem Vetter Jobst von Mähren
zum Deutschen König gewählt worden; Jobst von Mähren starb aber bald, worauf Sigismund neu gewählt wurde.

Siegmund erbte 1378 die Markgrafschaft Brandenburg, erwarb durch seine Heirat mit Maria von Anjou (* 1370, † 1395; Tochter König Ludwigs I. (von Ungarn und Polen) Erbansprüche auf beide Länder und wurde am 31. 3. 1387 zum König von Ungarn gekrönt (ungarisch Zsigmond). Um die Mittel für seine Kämpfe gegen die Adelsopposition in Ungarn und dessen Verteidigung gegen die Türken aufbringen zu können (Niederlage bei Nikopol, 1396), verpfändete er die Kurmark 1388 seinem Vetter Jobst von Mähren und verkaufte 1402 die Neumark an den Deutschen Orden. 1410 wählten die Kurfürsten ihn und Jobst von Mähren in einer Doppelwahl zu Römischen Königen. Nach Jobsts Tod (1411) erhielt Siegmund in einer zweiten Wahl auch die übrigen Stimmen (1414 in Aachen gekrönt). Siegmund veranlasste die Einberufung des Konzils von Konstanz.
1415 wird J. Hus hingerichtet.Wegen der Verbrennung von J. Hus (1415) verweigerte Böhmen Siegmund, der 1420 in Prag durch einen Teil der Stände zum König erhoben worden war, die Anerkennung.
1419 beginnen die Hussitenkriege
Siegmund ruft 1420 zu einem Kreuzzug gegen die Hussiten auf;
1433 Religiöser Ausgleich in den Prager "Kompaktaten".
1434 Sieg der gemäßigten Utraquisten über die radikalen Taboriten bei Liparly.
Erst nach der Niederlage der Taboriten bei Lipany (1434) wurde Siegmund am 25. 7. 1436 auch als König von Böhmen anerkannt (tschechisch Zikmund Lucemburský). Am 29. 1. 1433 wurde Siegmund in Rom zum Kaiser gekrönt. Trotz des Scheiterns einer Reichsreform (September 1434 Programm von 16 Artikeln) wird die Regierungszeit Siegmunds, der den Landfrieden und die christliche Einheit zu wahren vermochte, als einer der Höhepunkte des späten Mittelalters angesehen. Durch die Vermählung (1421) seiner Erbtochter Elisabeth mit Herzog Albrecht V. von Österreich (ab 1438 König Albrecht II.) bereitete Siegmund dem späteren supranationalen Habsburgerreich den Weg. Da Sigismund keine Söhne hatte, vererbte er die böhmische und ungarische Krone an seinen Schwiegersohn Albrecht von Habsburg.
1437 stirbt der letzte böhmische Luxemburger Sigismund

Literatur:
J. von Aschbach: Geschichte Kaiser Sigmunds, 4 Bände (1838—45, Nachdruck
1964);
W. Baum: Kaiser Sigismund. Hus, Konstanz und Türkenkriege (1993);
J. K. Hoensch: Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit
1368—1437 (Neuausgabe 1997).

06.07.1415
Kirchenreformator Johann Hus in Konstanz hingerichtet
1419-1436
Hussitenkriege
1438 - 1439

Albrecht II. ,Habsburger, (Römischer König, Böhmischer König), * 16.08.1397, † Neszmély (Ungarn) 27.10.1439; in der Nachfolge seines Vaters, Albrechts IV., seit 1404 als Albrecht V. Herzog von Österreich, vermählte sich 1421 mit König Siegmunds Tochter Elisabeth und wurde 1437/38 gegen starke Zugeständnisse an den einheimischen Adel Siegmunds Nachfolger in Böhmen und Ungarn. Am 18. 3. 1438 zum römischen König gewählt, wurde er durch Kämpfe gegen die Türken in Ungarn und gegen die Polen im Osten festgehalten und blieb ungekrönt, da er nach einem dieser Feldzüge an der Ruhr starb. Seine Gattin gebar nach seinem Tod Ladislaus V. Postumus.
Albrecht II. vereinte als Schwiegersohn Kaiser Sigismunds die böhmische, die ungarische und die deutsche Krone. Ihm war eine nur sehr kurze Regierungszeit beschieden.

L iteratur:
W. Wostry: König Albrecht II., 1437—1439, 2 Teile (Prag 1906/07);
Das Reichsregister König Albrecht II., bearbeitet von H. Koller (1955); derselbe: Princeps in ecclesia (1964);
Regesta Imperii, bearbeitet von G. Hödl Band 12 (1975).

1440 - 1457
Elisabeth, (Römische Königin und Königin von Ungarn und Böhmen (seit 1438), * um 1409, † Raab (Ungarn) 19. 12. 1442; Tochter von König Siegmund; heiratete 1421 Herzog Albrecht V. von Österreich (1438 als Albrecht II. König). Elisabeth brachte ihrem Gatten die Anwartschaft auf Böhmen und Ungarn in die Ehe ein. Mit dem Tode ihres Vaters Siegmund (1437; seit 1433 Kaiser) erkannten die ungarischen Stände sie als Landesherrin an. Seit ihrer Krönung (mit ihrem Gatten am 1. 1. 1438 in Stuhlweißenburg) betrieb sie eine den Interessen Albrechts zuwiderlaufende Politik in Ungarn. Nach dem plötzlichen Tod Albrechts (1439) hielt sie an den Thronansprüchen ihres nach dem Tod des Gatten geborenen Sohnes Ladislaus V. Postumus fest (1440).

1440 - 1457
Ladislaus V. Postumus, [lateinisch 'der Nachgeborene'], Habsburger, König von Ungarn (seit 1440 beziehungsweise 1444) und Böhmen (seit 1453), * Komárom 22. 2. 1440, † Prag 23. 11. 1457; Habsburger, nachgeborener Sohn des Römischen Königs Albrecht II.; bereits am 15. 5. 1440 mit der entführten Stephanskrone gekrönt (bis 1452 unter Vormundschaft seiner Mutter und des Römischen Königs Friedrich III.), wurde erst nach dem Tod des Gegenkönigs Wladyslaw I./III. 1444 anerkannt, wobei J. Hunyadi als Reichsverweser amtierte (1446;52), während in Böhmen ab 1452 Georg von Podiebrad und Kunštát die Regierungsgeschäfte für den 1452 gewählten und am 28.10.1453 gekrönten Ladislaus führte. Ladislaus war in beiden Ländern um die staatliche Konsolidierung und die Abwehr der Türkengefahr bemüht; er musste nach der von ihm veranlassten Hinrichtung des Sohnes von Hunyadi nach Prag fliehen.

1452,
1458-1471
Georg von Podiebrad und Kunštát, tschechisch Jirí z Podebrad, König (seit 1458-1471), * Podebrady 6. 4. 1420, † Prag 22. 3. 1471, wurde als Führer der utraquistischen Hussiten 1452 Gubernator (Reichsverweser) an der Seite des minderjährigen Königs Ladislaus V. Postumus und nach dessen Tod (1457) am 2. 3. 1458 zum König ('Hussitenkönig') gewählt. Er konnte seine Anerkennung gegen mehrere nichtböhmische Kandidaten gegenüber Polen und Ungarn, Reichsfürsten, Kaiser und Papst durchsetzen, zog sich aber durch den vor der Krönung (1459) von den Ständen geforderten Übertritt zum Katholizismus, den er heimlich vornahm, allgemeines Misstrauen zu. Der von ihm zur Stützung seiner Legitimität betriebene Plan eines europäischen Fürstenbundes zur Osmanenabwehr scheiterte. 1466 bannte ihn Papst Paul II. als Ketzer und erklärte ihn seines Königtums für verlustig. Am 3. 5. 1469 wurde sein Schwiegersohn Matthias I. Corvinus, der in den 2. Hussitenkrieg (1468—71) eingegriffen hatte, von einer Minderheit zum Gegenkönig gewählt, jedoch konnte Georg sich behaupten; er starb vor Beendigung des Krieges.

1471-1490
Matthias I. Corvinus, Hunyadi, König von Böhmen.
1471, 1490
Wladislaw (Wladislaw1), poln. Jagiellone, König von Böhmen (seit 1471), als Wladislaw II. König von Ungarn (seit 1490), * Krakau 1. 3. 1456, † Buda (heute zu Budapest) 13. 3. 1516, Sohn Kasimirs IV. Andreas von Polen; Vater von Ludwig II. Wladislaw folgte Georg von Podiebrad und Kunštát, hatte aber 1479 (Fürstentag zu Olmütz) die Herrschaft des ungarischen Königs Matthias I. Corvinus über Mähren, Schlesien und die Lausitz anzuerkennen. Im Kampf um dessen Nachfolge in Ungarn konnte sich Wladislaw gegen Kaiser Maximilian I. und seinen Bruder Johann I. Albrecht behaupten, mit dem er 1515 eine Erbvereinbarung schloss. Ohne der Türkengefahr wirksam begegnen zu können, wurde unter seiner schwachen Regierung die Ständeherrschaft 1505 in Böhmen und 1514 in Ungarn ('Tripartitum') rechtlich abgesichert.
1516
Ludwig II., ungarisch Lajos II., Jagiellone, König von Ungarn und Böhmen (seit 1516), * 1. 7. 1505, † 29. 8. 1526; Sohn Wladislaws II. von Böhmen und Ungarn; 1507 in Ungarn, 1509 in Böhmen zum Nachfolger gewählt. Er unterlag den Türken in der Schlacht bei Mohács (29. 8.1526) und ertrank auf der Flucht. Aufgrund früherer Erbvereinbarungen (1491, 1515) fielen seine Länder an das Haus Habsburg.
1526
Beginn der Habsburger-Herrschaft (400 Jahre bis 1918) in Böhmen durch Ferdinand I. von Österreich. Der späterer Kaiser Ferdinand I. wird erster habsburgischer König von Böhmen
1526
1556/58
Ferdinand I., Habsburger, König von Böhmen und Ungarn (seit 1526), Kaiser (seit 1556/58), * Alcalá de Henares 10. 3. 1503, † 25. 7. 1564, Sohn Philipps I., des Schönen, und Johannas der Wahnsinnigen, jüngerer Bruder Kaiser Karls V., Vater von Maximilian II; Ferdinand I. Gattin war Anna, die Tochter des polnischen Herrschers Jagellonczyk, der auch König von Böhmen und Ungarn war. Ferdinand und Anna waren 26 Jahre verheiratet, sie hatten 15 Kinder. Diese Heirat vereinigte für über 400 Jahre lang die Kronen Böhmens und Ungarns im Hause Habsburg, da der Schwager Ferdinands, der Jagellone Ludwig II. in der Schlacht von Mohacz gegen Sultan Suleiman II. gefallen war. Die Jagellonen, Herrscher von europäischem Rang, zogen sich auf Polen zurück.
In Spanien unter starkem scholastischem Einfluss erzogen und in den Niederlanden (ab 1518) mit der humanistischen Gedankenwelt des Erasmus von Rotterdam bekannt geworden; erhielt in den mit seinem Bruder Karl abgeschlossenen habsburgischen Teilungsverträgen von Worms (21. 4. 1521 und Brüssel (7. 2. 1522 die österreichischen Erblande einschließlich Tirols und der Besitzungen in den Vorlanden und (bis 1534) in Württemberg. Er gelangte als Vertreter seines häufig abwesenden kaiserlichen Bruders im Heiligen Römischen Reich relativ rasch zu Einfluss, der sich nach seiner Wahl zum Römischen König (5. 1. 1531 noch stetig vergrößerte. Durch seine Wahl zum König von Böhmen (als Ferdinand II.) und von Ungarn (22. 10. beziehungsweise 16. 12. 1526; gekrönt 24. 2. beziehungsweise 3. 11. 1527) wurde Ferdinand zum Begründer der habsburgischen Donaumonarchie. Sein ungarisches Königtum hatte er zunächst gegenüber Johann I. Zápolya zu behaupten, nach dem Frieden von Großwardein (1538) in Auseinandersetzungen mit den Türken (beschränkt auf das 'Königliche Ungarn'). Im Zusammenhang mit der ständigen osmanischen Bedrohung (1529 erste Belagerung Wiens) stehen seine die Verwaltung betreffenden Zentralisierungs- und Vereinheitlichungsbestrebungen in den österreichischen Erblanden (u. a. Hofrat, 1522, Hofkriegsrat, 1556); in seiner 'Hausordnung' von 1554 verfügte er ihre Aufteilung an seine Söhne nach seinem Tod (Habsburger).
1547 "Prager Artikel" der Stände verkünden Religionsfreiheit.
1556 Ferdinand I. läßt den Jesuitenorden nach Böhmen.

Es gelang Ferdinand, neben Karl V. zu einem wesentlichen Gestalter der politischen und religiösen Verhältnisse im Reich zu werden. Er wurde zum Vermittler zwischen Reichsfürsten und Kaiser während der Fürstenverschwörung (1552) und war um einen Ausgleich zwischen den Konfessionen bemüht (1552: Passauer Vertrag, 1555: Declaratio Ferdinandea, Augsburger Religionsfriede). Eine versöhnliche Religionspolitik verfolgte er auch nach der Abdankung Karls V. (1556) und seinem verzögerten offiziellen Herrschaftsantritt als Kaiser (Krönung 24. 3. 1558), indem er gegenüber dem Konzil von Trient für die Aufhebung des Zölibats und die Gewährung des Laienkelchs eintrat.


Literatur:
Die Korrespondenz Ferdinands I., bearbeitet von W. Bauer u. a., 3 Bände in
4 Teilen (1912—84).
F. B. von Bucholtz: Geschichte der Regierung Ferdinands des Ersten,
9 Bände (Wien 1831—38, Nachdruck Graz 1968—71);
W. Bauer: Die Anfänge Ferdinands I. (Wien 1907);
P. Sutter Fichtner: Ferdinand I. Wider Türken und Glaubensspaltung (aus
dem Amerikanischen, Graz 1986).
1564
Maximilian II., Habsburger, Kaiser (seit 1564), * Wien 31. 7. 1527, † Regensburg 12. 10. 1576, Sohn Kaiser Ferdinands I., Urenkel von Maximilian I. (Römischer König (seit 1486) und Kaiser (seit 1508)), * Wiener Neustadt 22. 3. 1459, † Wels 12. 1. 1519, Habsburger, Sohn Kaiser Friedrichs III.)

Maximilian II. ist der Vater von Kaiser Rudolf II. und Matthias. Er heiratete seine Cousine Anna, Tochter von Kaiser Karl V. Der Ehe entsprangen 16 Kinder, darunter Kaiser Rudolf II. und Elisabeth, Königin von Frankreich.Der früh der lutherischen Lehre zuneigende Maximilian wurde 1548 mit seiner entschieden
katholischen Cousine Maria (* 1528, † 1603), Tochter seines Onkels Karl V. , verheiratet und war 1548—50 Statthalter in Spanien. Nach seiner Rückkehr blieb er um einen Ausgleich der Konfessionen bemüht, fand aber keinen Rückhalt bei den lutherischen Fürsten, schwor deshalb vor seiner Wahl zum Römischen König und Kaiser (30. 11. 1562, stets katholisch zu bleiben, und folgte seinem Vater am 7. 2. 1564 (Huldigung vor dem Papst) als Kaiser. Mit der Sicherung des Augsburger Religionsfriedens von 1555 sorgte er für eine lang anhaltende Zeit der Ruhe. Gegen die Türken kämpfte Maximilian unglücklich; die ihm 1573 und 1575 angetragene polnische Krone vermochte er nicht in Besitz zu nehmen. In seinen österreichischen Ländern (seit 1552; seit 1562 König von Böhmen, seit 1563 als Miksa I. König von Ungarn) stärkte er Luthertum und Ständewesen. Auf Reichsebene konnte er sich in den ständig schärfer werdenden Gegensätzen nicht durchsetzen.
Er ist in der Prager St. Veitskathedrale bestattet.

Literatur:
Die Korrespondenz Maximilians II., herausgegeben von V. Bibl, 2 Bände (1916—21, Nachdruck 1970).
V. Bibl: Maximilian II., der rätselhafte Kaiser (1929);
Kaiser Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert, herausgegeben von F. Edelmayer und A. Kohler (Wien 1992);
M. Lanzinner: Friedenssicherung und politische Einheit des Reiches unter Kaiser Maximilian II. 1564—1576 (1993).

1576-1612
1609

Rudolf II. (Kaiser Rudolf I. 1576-1612) residierte Zeit seines Lebens auf dem Prager "Hradschin", von Astrologen und Alchimisten umgeben. An seinem Hofe wirkten Johannes Kepler, Tycho Brahe und ungezählte Künstler und Wissenschaftler. Rudolf schuf eine der bedeutendsten Kunstsammlungen aller Zeiten. Sein schwermütiges Wesen rief Widerstand und Ablehnung hervor, so daß es ihm immer weniger gelang, sich durchzusetzen. Seine 1609 durch den "Majestätsbrief" bekannte Politik der Begünstigung des böhmischen Protestantismus, er gesteht den böhmischen Ständen Glaubensfreiheit und beschränkten Kirchenbau zu, wurde kritisiert. Rudolf blieb unverheiratet und hatte somit keine legitimen Kinder. Die Kurfüsten ließen noch zu seinen Lebzeiten seinen Bruder Matthias (Bruderzwist) zum Römischen König und zu seinem Nachfolger wählen.

1612-1619

Bruderzwist. Ablösung Rudolf II durch Matthias, Kaiser (seit 1612), * Wien 24. 2. 1557, † Wien 20.03.1619; Habsburger, dritter Sohn Kaiser Maximilians II.; war zunächst als Statthalter in den Niederlanden (1578;81) und im Erzherzogtum Österreich ob und unter der Enns (ab 1594) ohne großen politischen Erfolg. Gegen seinen Bruder, Kaiser Rudolf II., im April 1606 in einem Geheimvertrag als Haupt des Hauses Habsburg anerkannt (Beginn des 'Bruderzwists'), übernahm Matthias als Erzherzog die Regierung in Österreich sowie die Führung des Krieges gegen die Türken und die aufständischen Ungarn um I. Bocskay (Friedensschlüsse ohne kaiserlicher Zustimmung, Zsitvatorok und Wien 1606). Im Vertrag von Lieben bei Prag vom 25. 6. 1608 musste Rudolf die Regierung in Österreich abtreten, ebenso in Mähren und Ungarn (dort war Matthias als Mátyás II. König bis Juli 1618). Nach der erzwungenen Abdankung Rudolfs am 23. 5. 1611 wählten ihn auch die böhmischen Stände zum König , gekrönt 11.08.; bis 1617). Nach Rudolfs Tod wurde Matthias am 13. 6. 1612 zum Römischen König und Kaiser gewählt. Gestützt auf seinen Hauptratgeber Kardinal M. Klesl, suchte Matthias vergebens zwischen Protestanten und Katholiken zu vermitteln; Matthias weigert sich, den "Majestätsbrief" der Böhmen anzuerkennen, den sein Bruder und Vorgänger Rudolf ausgestellt hatte. Es kam zum Aufstand, zu dem sich die kalvinistischen Stände Böhmens hinreißen ließen. Der Prager Fenstersturz (23. 5. 1618 führte zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. 1615 sah er sich aufgrund versagter Reichsmittel zu einem ungünstigen Friedensschluss mit den Türken gezwungen ( Türkenkriege). Am 20. 3. 1617 willigte der kinderlose Kaiser in die Nachfolge seines Vetters Erzherzog Ferdinands (steirische Linie der Habsburger) ein, der seither die Politik prägte (als Ferdinand II. ab 1619 Kaiser).
Matthias stiftete die Kapuzinergruft.

1617,
1619
Ferdinand II.,Habsburger, König von Böhmen (1617) und Ungarn (1618) Kaiser (seit 1619), * Graz 9. 7. 1578, † Wien 15. 2. 1637, Sohn Erzherzog Karls von Innerösterreich (Steiermark, Kärnten, Krain), Vater von Ferdinand III., Enkel von Ferdinand I. Von Jesuiten erzogen und zeitlebens beraten, trat Ferdinand als Landesherr Innerösterreichs (seit 1590 Erzherzog, seit 1595 Regent) entschieden für die Rekatholisierung ein und ließ die 1586 neu gegründete Universität Graz zum geistigen Zentrum der gegenreformatorischen Aktivitäten werden. Er vereinigte die sterreichischen Erblande wieder, trat aber 1623 Tirol an seinen Bruder, Erzherzog Leopold V., ab. Noch zu Lebzeiten seines Vorgängers Matthias zum König in Böhmen (1617) und Ungarn (1618) gewählt, begünstigte er auch dort die Gegenreformation; infolge des Böhmischen Aufstandes (offen ab 23. 5. 1618) verlor er aber die Wenzelskrone zeitweise wieder. Nach seinem Sieg am Weißen Berg (1620) betrieb Ferdinand in Böhmen eine umfassende katholische Restauration und bewirkte durch umfangreiche Güterkonfiskationen eine starke Auswanderungsbewegung des protestantischen Adels, die weit reichende soziale und ökonomische Folgen hatte. Im Heiligen Römischen Reich wurde Ferdinand eine Woche nach seiner Absetzung als König von Böhmen am 28. 8. 1619 zum König und Kaiser gewählt und festigte seine Stellung schnell auf der Grundlage des Münchener Vertrages mit der Liga und seinem Schwager, Herzog Maximilian I. von Bayern (1619). Während er sich in Böhmen mit der 'Verneuerten Landesordnung' (1627) endgültig im erbmonarchischen Sinne gegen die Stände durchsetzte, gelang ihm dies im Reich nicht, wo er mit der Verkündung des Restitutionsediktes (1629) den Höhepunkt seiner Macht erreichte. Nach früheren erfolglosen Bemühungen gelang es ihm 1636, seinen Sohn Ferdinand III gegen vorherige Zugeständnisse an die Kurfürsten (u. a. Verzicht auf Durchführung des Restitutionsedikts, Entlassung A. W. E. Wallensteins 1630) zu seinem Nachfolger wählen zu lassen. Mit dem protestantischen Kurfürsten von Sachsen schloss er den Frieden von Prag (1635), dem fast alle Reichsstände beitraten; er konnte aber den Reichsfrieden nicht wiederherstellen ( Dreißigjähriger Krieg). — Mausoleum in Graz.


Literatur:
F. C. von Khevenhüller: Annales Ferdinandei ..., 9 Bände (1610—46; Neuausgabe in 12 Bänden und 2 Supplement-Bänden 1721—26);
F. von Hurter: Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern, 11 Bände (1851—64);
Akten und Korrespondenzen zur Geschichte der Gegenreformation in Innerösterreich unter Ferdinand II., herausgegeben von J. Loserth, 2 Bände (Wien 1906—07);
H. Sturmberger: Kaiser Ferdinand II. und das Problem des Absolutismus (1957);
J. Franzl: Ferdinand II. Kaiser im Zwiespalt der Zeit (Graz 21989);
M. Frisch: Das Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands II. vom 6. März 1629
(1993).
31.07.1617
Konföderationsakte, neue Staatsverfassung
1618-1648
Zweiter „Prager Fenstersturz“. Durch verstärkte katholische Reaktion wendet sich die Erbitterung bes. gegen zwei kaiserliche Beamte (Wilhelm Graf von Slawata und Jaroslaw Graf von Martinitz. Aufstand in Prag wegen Verletzung des Majestätsbriefes.
Der Prager Fenstersturz löst den DREIßIGJÄHRIGEN KRIEG aus:
1618-1623 Böhmisch-Pfälzischer Krieg
1625-1629 Niedersächisch- Dänischer Krieg
1630-1635 Schwedischer Krieg
1635-1648 Schwedisch-Französischer Krieg
24.10.1648 Westfälischer Freiden
1619-1620

Die böhmischen Stände setzen ihren 1617 gewählten König Ferdinand II (ab 1619 Kaiser) ab und wählen im August 1619 Kurfürst Friedrich V., von der Pfalz, Wittelsbacher, den kalvinistischen Führer der Union zum böhmischen König. (Winterkönig) ist der Beiname Friedrichs V. von der Pfalz. Bezogen auf sein kurzes, nur über einen Winter behauptetes Königtum in Böhmen. Gewählt im Aug. 1619, in Prag seit Oktober, gekrönt am 4.11.1619, geflohen am 8.11.1620 nach der "Schlacht am Weißen Berg" bei Prag.

 

08.11.1620
Die "Schlacht am Weißen Berg" (tsch. Bilá hora) östlich von Prag bringt mit dem Sieg der Kaiserlichen und der Flucht des "Winterkönigs" Friedrich von der Pfalz die Restauration des Katholizismus. Habsburgerzeit nun ununterbrochen bis 1918

Die von J.T. Graf von Tilly, Herzog Maximilian I. von Bayern und K.B. Graf von Buquoi geführten Truppen Kaiser FERDINANDS II. und der kath. Lig besiegten das Heer des Kurfürsten Friedrichs V. von der Pfalz unter Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg. Die völlige Niederlage beendete den Böhmischen Aufstand, der den Dreißigjährigen Krieg einleitete.
1627,
1637
Ferdinand III., Habsburger, Kaiser (seit 1637), * Graz 13. 7. 1608, † Wien 2. 4. 1657, Sohn von Kaiser Ferdinand II., Vater von Kaiser Leopold I.; wurde 1625 ungarischer, 1627 böhmischer und nach einem gescheiterten Wahlversuch (Regensburg, 1630) erst 1636 Römischer König. Als Generalissimus (seit 1634) wesentlich am Sieg bei Nördlingen (1634) und am Prager Frieden
(1635) beteiligt, suchte Ferdinand ab 1637 vergeblich die Stellung des Kaisers im Reich zu stärken. Im Westfälischen Frieden (1648) konnte er die Zersplitterung des Reiches und Gebietsabtretungen an Schweden und Frankreich nicht verhindern, im 'Jüngsten Reichsabschied' (1654) gelang nur eine 'abgebrochene Verfassungsreform' des Heiligen Römischen Reiches.
Während er seinen ältesten Sohn Ferdinand (IV.) noch zu seinen Lebzeiten (1653) zu seinem Nachfolger wählen lassen konnte, scheiterte nach dessen Tod 1654 eine erneute Nachfolgeregelung aufgrund des wachsenden Einflusses
von König Ludwig XIV. von Frankreich. In Österreich schuf Ferdinand eine straffe Verwaltung und sicherte das katholische Bekenntnis; in Ungarn hatte er sich bis zum Frieden von Linz (1645) mit Georg I. Rákóczy auseinander zu setzen, der durch Bündnisse mit Schweden und Frankreich in eine antihabsburgische Allianz eingebunden war. — Ferdinand, selbst Komponist, förderte die italienische Oper in Wien.


Literatur:
M. Koch: Geschichte des Deutschen Reiches unter der Regierung Ferdinands III., 2 Bände (Wien 1865—66);
Die Habsburger, herausgegeben von B. Hamann
1627/28
"Erneuerte Landesordnung" zugunsten des habsburgischen Absolutismus in Böhmen und Mähren. Die böhmische Hofkanzlei wird nach Wien verlegt.
1635
Prager Friedensschluss: Die Lausitz fällt an Sachsen
1655,
1656,
1658

Leopold I., Kaiser (seit 1658), als Lipót I. König von Ungarn (seit 1655), König von Böhmen (seit 1656), * Wien 9. 6. 1640, † Wien 5. 5. 1705, zweiter Sohn Kaiser Ferdinands III., Vater von Kaiser Joseph I. und Karl VI.; ursprünglich für die
geistliche Laufbahn erzogen, folgte seinem Vater 1657 in den österreichischen Erblanden, nach 15-monatigem Interregnum Wahl (1. 8.
1658) zum Römischen König und Kaiser. Leopold geriet bald in die militärischen Auseinandersetzungen seiner Zeit. Nachdem er im
1. Nordischen Krieg (1655—60) Brandenburg-Preußen und Polen gegen die schwedische Übermacht unterstützt hatte, kam er in Siebenbürgen in Krieg mit den Türken (1662—64), abgeschlossen mit dem Verzichtfrieden von Vasvár (10. 8. 1664). Leopolds absolutistische und gegenreformatorische Innenpolitik, betrieben v. a. von W. E. Fürst von Lobkowitz, stieß besonders in Ungarn auf Widerstand, da sie sich sowohl gegen die Protestanten als auch gegen die ständische Verfassung der Magyaren richtete. Trotz Niederwerfung der Wesselényischen Magnatenverschwörung 1665—70/71 (u. a. Istvan Tököly, P. Zrínyi) kam es zum Kuruzen-Aufstand des mit den Türken verbündeten Imre Tököly, den der Großwesir Kara Mustafa zur militärischen Offensive nutzte. Dessen Versuch, im 'Großen Türkenkrieg' (1683—99) Wien zu erobern, scheiterte in der Schlacht am Kahlenberg (12. 9. 1683. Der Frieden von Karlowitz (1699) leitete die Entstehung der Donaumonarchie (Förderung der Erblande) und den Aufstieg Österreichs zur europäischen Großmacht ein. Mit dem 'Einrichtungswerk' gelang Leopold 1688/89 der Zugriff auf Ungarn, das er 1687 zur
Erbmonarchie im habsburgischen Mannesstamm gemacht hatte. Gleichzeitig stand Leopold im Abwehrkampf gegen die Expansionsspolitik des französischen Königs Ludwig XIV. (Beteiligung am Holländischen Krieg 1672—78/79, dem Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688—97); 1701 trat Leopold in den Spanischen Erbfolgekrieg (1701—13/14) ein.

Im Innern veranlasste Leopold, der ab 1679 selbst die Regierung führte, eine bürokratische Straffung der Verwaltung. Im Reich gelang es ihm allmählich, das kaiserliche Ansehen wieder zu heben und über den seit 1663 permanent in Regensburg tagenden ('Immerwährenden') Reichstag reichspolitisch aktiv zu werden. Hannover sicherte er 1692 die neunte Kur. Im 'Krontraktat' mit Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg (16. 11. 1700) erkannte er die Königswürde der Hohenzollern 'in' (ab 1701; seit 1772 von) Preußen und deren Vormachtstellung im Norden des Reichs an.

Leopold war ein strenggläubiger Katholik, der Klerikern großen Einfluss einräumte, ohne sich aber von ihnen lenken zu lassen. An der durch Theater und Musik bestimmten Wiener Hofkultur des Barock nahm der hochgebildete Kaiser aktiv teil, u. a. durch (79 geistliche, 155 weltliche) eigene Kompositionen.

Er gründete die noch heute bestehenden Universitäten von Olmütz, Breslau und Insbruck.


Literatur:
J. P. Spielman: Leopold I. (aus dem Englischen, Graz 1981).

1705
Joseph I., Habsburger, König von Böhmen und Ungarnd, Kaiser (seit 1705), * Wien 26. 7. 1678, † Wien 17. 4. 1711, ältester Sohn Kaiser Leopolds I.; 1690 zum römisch-deutschen König gewählt, setzte er als Nachfolger seines Vaters mithilfe des Prinzen Eugen von Savoyen-Carignan den Spanischen Erbfolgekrieg fort, verhinderte mit der Konvention von Altranstädt (1. 9. 1707 den Kriegseintritt Schwedens aufseiten Frankreichs und suchte im Reich wie in Italien die kaiserliche Autorität wieder stärker zur Geltung zu bringen: 1706 Reichsacht gegen die mit Frankreich verbündeten Kurfürsten von Köln und Bayern, 1708 Wiedereinführung der böhmischen Kur, militärische Erfolge in Italien, u. a. Unterwerfung Mailands, Eroberung Neapels, Besetzung von Teilen des Kirchenstaats. Der Aufstand Franz' II. Rákóczi in Ungarn (Siebenbürgen) konnte erst nach Josephs Tod endgültig beendet werden.


Literatur:
C. W. Ingrao: Joseph I. Der vergessene Kaiser (aus dem Englischen, Graz 1982).
1711

Karl VI., Kaiser (seit 1711), als König von Ungarn Karl III., ungarisch Károly III., * Wien 1. 10. 1685, † Wien 20. 10. 1740; zweiter Sohn Kaiser Leopolds I., Vater von Kaiserin Maria Theresia; wurde nach dem Aussterben der spanischen Habsburger als Karl III. (spanisch Carlos III.) 1703 zum König von Spanien ausgerufen ( Spanischer Erbfolgekrieg). Nach dem frühen Tod seines Bruders, Kaiser Josephs I., wurde er dessen Nachfolger und musste im Frieden von Utrecht (1713) auf die spanische Krone verzichten, während er im Rastatter Frieden (1714) mit den spanischen Nebenlanden (Neapel, Mailand, Sardinien, Spanische Niederlande) einen Teil des spanischen Erbes erhielt. In den maßgeblich vom Prinzen Eugen von Savoyen-Carignan erfolgreich geführten ® Türkenkriegen sicherte sich Österreich im Frieden
von Passarowitz (1718) erhebliche Landgewinne (Serbien, Walachei, Banat u. a.). Als Karl die Wirtschaftspolitik auf Übersee ausdehnte und neben Triest und Fiume auch Ostende zum Hafen ausbaute, um Österreich aus seiner kontinentalen Isolierung zu lösen, geriet er in Gegensatz zu den Niederlanden und England und konnte seine zukunftsweisenden Projekte (Ostindische Handelskompanie) nicht ausführen. Durch mühevolle Verhandlungen suchte Karl seiner Regelung der Erbfolge im Hause Habsburg in der Pragmatischen Sanktion die Anerkennung der europäischen Mächte zu verschaffen. Seine Außenpolitik war davon bis zum Polnischen Thronfolgekrieg geprägt. In den Wiener Friedensschlüssen von 1735 und 1738 überließ Karl den spanischen Bourbonen Neapel und Sizilien, erhielt jedoch Parma-Piacenza und die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion.

Nicht nur Ungarn, auch Siebenbürgen, Slawonien und Kroatien waren nun unter dem Schirm des Habsburgers vereint. Karl schuf ein neues Hausgesetz, die s.g. „Pragmatische Sanktion“. Hier wurde festgelegt, daß die Töchter Karls den Vorrang in der Erbfolge vor den Töchtern seines Bruders Joseph einnehmen. Karl bemühte sich - vielleicht all zu fürsorglich - um völkerrechtliche Zustimmung zu dem Gesetz. Außer beim Schwiegersohn seines Bruders fand er weitgehend Zustimmung. Mit dem musikbegeisterten Karl, dessen Regierungszeit zum Höhepunkt des Barock in Österreich wurde, starb der Mannesstamm der Habsburger aus.
Die Gelegenheit seines Todes nutzte Friedrich II. von Preußen zur Entfesselung des 1. Schlesischen Krieges, welcher wiederum den Österreichischen Erbfolgekrieg auslöste. Friedrich August II. von Sachsen, der mit der seiner Ansicht nach wahren österreichischen Erbin Maria Josefa, der Tochter Kaiser Josefs I., verheiratet war, ließ sich vom Papst von seinem Eide auf die pragmatische Sanktion entbinden.

Seine Tochter Maria Theresia folgte ihm auf dem Thron.


Sekundärliteratur:
A. Prinz von Bayern: Das Ende der Habsburger in Spanien, 2 Bände (1929)

Maria Theresia, Erzherzogin (seit 1740), Königin von Böhmen und Ungarn (seit 1740), * Wien 13. 5. 1717, † Wien 29.11.1780; Erbtochter Kaiser Karls VI.; seit 1736 mit Herzog Franz Stephan von Lothringen (als Franz I. seit 1745 Kaiser; seitdem wurde Maria Theresia als Kaiserin bezeichnet) und Stammmutter des Hauses Habsburg-Lothringen; Mutter u. a. der späteren Kaiser Joseph II. und Leopold II., von Kurfürst Maximilian Franz von Köln. Nach dem Tod ihres Vaters übernahm Maria Theresia aufgrund der Pragmatischen Sanktion 1740 die Regierung der habsburgischen Gesamtlande, sah sich aber zahlreichen Erbansprüchen anderer europäischer Herrscher ausgesetzt. König Friedrich II., der Große, von Preußen löste mit seinem Angriff auf Schlesien ( Schlesische Kriege) den Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-48) aus, in dem die Königin von Ungarn (ungarisch Mária Terézia; 1741 durch die Stände gekrönt) ihre Länder ; ausgenommen Schlesien sowie Parma und Piacenza mithilfe Großbritanniens behauptete.

Nach dem Frieden von Dresden (1745) wurde das österreichische Heer durch L. von Daun und F. M. von Lacy reformiert (Dienstreglement von 1749, 'Generalstab', Militärschulen 1752). Die Außenpolitik,zunächst unter J. C. Bartenstein, seit 1753 unter der Leitung von W. A. von Kaunitz, richtete sich auf die Wiedergewinnung Schlesiens und war infolge der Allianz mit Frankreich (1756) gegen das jetzt mit Großbritannien verbündete Preußen durch die Umkehr der Bündnisse geprägt. Im
Siebenjährigen Krieg (1756—63) musste Maria Theresia endgültig auf Schlesien verzichten. Nach dem Tod Franz' I. (1765), der auch als Kaiser ihr Mitregent in den habsburgischen Erblanden geblieben war, setzte sie ihren ältesten Sohn Joseph als Mitregenten ein und hielt während des Dualismus mit Preußen am Status quo fest. In der ersten Teilung Polens 1772 erhielt sie Galizien und festigte 1775 mit dem Erwerb der Bukowina Österreichs Stellung in Ostmitteleuropa; mit Joseph förderte sie dort die planmäßige Neubesiedlung und Kolonisation, besonders in der Batschka und im Banat (u. a. Donauschwaben; Volkszählung 1771/72). Durch den Bayerischen Erbfolgekrieg kam 1779 das Innviertel zu Österreich.

Beraten besonders von F. W. Graf Haugwitz, begründete Maria Theresia mit der ab 1749 vorsichtig und maßvoll gehandhabten Reform der inneren Verwaltung die bis 1848 bestehende Form des österreichischen Staatswesens ('theresianische Staatsreform'; Schaffung neuer Landesbehörden und einer einheitlichen Zentralgewalt, die die nur lose miteinander verbundenen Länder zusammenfasste: u. a. 1742 Geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei, 1761 Staatsrat, 1763 Gubernien, 1765 Hofkammer). Sie förderte außerdem
(Textil-)Industrie und Handel, veranlasste 1768 die Schaffung eines neuen Strafgesetzbuchs ('Constitutio Criminalis Theresiana') und 1776 die Abschaffung der Folter, milderte die bäuerliche Leibeigenschaft und die Frondienste (Bauernbefreiung), hob die Steuerfreiheit von Adel und Klerus auf, setzte der Kirche staatliche Grenzen und wurde die eigentliche Gründerin des Volksschulwesens in Österreich (1774; G. van Swieten, J. A. Felbiger). Auch wenn sie selbst der Aufklärung distanziert gegenüberstand, waren ihre Berater davon geprägt, wodurch sie dem späteren Josephinismus den Weg ebneten.


Maria Theresias Persönlichkeit, ihre tiefe Frömmigkeit sowie ihre Mütterlichkeit — aus der Ehe mit Franz I. stammten 16 Kinder — ließen sie zu einer volkstümlichen Herrscherin werden; in der Kapuzinergruft beigesetzt.


Literatur:
Maria T. und Joseph II.: Correspondenz sammt Briefen Josephs an seinen Bruder Leopold, herausgegeben von A. von Arneth, 3 Bände (1867—68);
Maria T. Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, herausgegeben von P. Christoph (Neuausgabe 1980);
Briefe und Aktenstücke in Auswahl, herausgegeben von F. Walter (21982).
A. von Arneth: Geschichte Maria T.s, 10 Bände (Wien 1863—79, Nachdruck 1971);
P. Reinhold: Maria T. (1977);
Maria T. und ihre Zeit, herausgegeben von W. Koschatzky (Salzburg 1979);
Maria T. Ihr Leben und ihre Zeit in Dokumenten und Bildern, herausgegeben von G. und G. Mraz (1979);
A. Wandruszka: Maria T. Die große Kaiserin (1980);
V. L. Tapié: Maria T. Die Kaiserin und ihr Reich (aus dem Französischen, Graz );
F. Herre: Maria T. Die große Habsburgerin (1994).

1745
Franz I., Kaiser (seit 1745), als Herzog von Lothringen und Großherzog von Toskana Franz Stephan, * Nancy 8. 12. 1708, † Innsbruck 18. 8. 1765; wurde seit 1723 am Hof Kaiser Karls VI. in Wien erzogen, erhielt 1729 das schlesische Herzogtum Teschen und folgte im gleichen Jahr seinem Vater, Herzog Leopold, in Lothringen. 1736 musste er dieses infolge des Polnischen Thronfolgekrieges (Wiener Vorfriede 1735) an den entthronten Polenkönig Stanislaus I. Leszcynski, den Schwiegervater
Ludwigs XV. von Frankreich, abtreten, erhielt dafür 1737 das Großherzogtum Toskana und wurde Reichsgeneralfeldmarschall. Seit 1736 mit Maria Theresia vermählt, wurde er, Vater von 16 Kindern, zum Stammvater des Hauses Habsburg-Lothringen. Seit 1740 war Franz formell Mitregent in den Erblanden. Er übte zwar keinen Einfluss aus, machte sich aber durch ökonomische und administrative Reformen verdient. 1745 wurde er als Nachfolger Karls VII. Kaiser.

Literatur:
H. L. Mikoletzky: Kaiser Franz I. Stephan und der Ursprung des habsburgisch-lothringischen Familienvermögens (1961);
G. Schreiber: Franz I. Stephan (Graz 1986);
R. Zedinger: Hochzeit im Brennpunkt der Mächte. Franz Stephan von
Lothringen und Erzherzogin Maria Theresia (Wien 1994).
1740-1742
1. Schlesischer Krieg
1741/42
Der Österreichische Erbfolgekrieg bringt die Einsetzung Karl Alberts von Bayern zum böhmischen König (bis 1745) und den Verlust Schlesiens an Preußen.
1744-1745
2. Schlesischer Krieg
1749
Maria Theresia löst die böhmische Hofkanzlei in Wien auf und führt die zentralistische Verwaltung für Böhmen ein.
1756-1763
3. Schlesischer Krieg. Siebenjähriger Krieg (siehe auch Greifendorf)
1770
Bauernaufstand in Böhmen-Mähren
1765
Joseph II., Kaiser (seit 1765), * Wien 13. 3. 1741, † Wien 20. 2. 1790, ältester Sohn Kaiser Franz' I. und Maria Theresias; wurde
1764 zum römisch-deutschen König gewählt und 1765 von seiner Mutter als Mitregent in den habsburgischen Erblanden angenommen, wo sie ihm nur bei der Reform des Heerwesens freie Hand ließ. In der auswärtigen Politik geriet er oft in Gegensatz zu ihr, z. B. als er 1772 die Teilnahme Österreichs an der ersten Teilung Polens durchsetzte (Gewinn Galiziens); die Türken bewog er 1775 zur Abtretung der Bukowina. Joseph suchte eine Verständigung mit König Friedrich II., dem Großen, von Preußen (zwei persönliche Begegnungen). Sein Plan einer Erwerbung Bayerns scheiterte aber ebenso an jenem (Bayerischer Erbfolgekrieg 1778/79) wie ein groß angelegtes Projekt eines Austausches Bayerns und Salzburgs gegen die Österreichischen Niederlande; Joseph konnte lediglich das Innviertel
gewinnen. Ein weiterer Versuch stieß 1785 auf entschiedenen Widerstand der meisten Reichsfürsten (Deutscher Fürstenbund). Durch den Tod seiner Mutter wurde Joseph 1780 Alleinherrscher in den habsburgischen Erblanden. Seit dem Teschener Frieden von 1779 mit Brandenburg-Preußen verfeindet, näherte er sich der russischen Kaiserin Katharina II. und schloss 1781 ein Verteidigungsbündnis mit ihr, aufgrund dessen er 1788 in einen Türkenkrieg hineingezogen wurde, in dem die Österreicher Belgrad eroberten (8.10.1789.


Joseph II., einer der Hauptvertreter des 'aufgeklärten Absolutismus', unterzog sein Land umfassenden innenpolitischen Reformen (Recht, Verwaltung, Wirtschaft, Sozialwesen). Sein Ziel war ein zentralistisch verwalteter Staat mit deutscher Staatssprache, gestützt auf Heer und Beamtenschaft; eine Sonderstellung der Einzelländer seiner Monarchie wollte er nicht zugestehen. In Galizien und der Bukowina, in Ungarn und Siebenbürgen gründete er zahlreiche deutsche Ansiedlungen. Zur Fortsetzung der Bauernbefreiung wurde 1781 die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben und den nichtkatholischen christlichen Konfessionen Duldung zugesichert (Toleranzpatent); eine allgemeine Grundsteuer — auch für den Adel — wurde eingeführt. In seiner merkantilistischen Wirtschaftspolitik förderte er mit hohen Schutzzöllen Industrie und Handel. Schulen, Kranken- und Blindenhäuser wurden gebaut, die Zensur gemildert, die Folter abgeschafft (Josephinisches Gesetzbuch). Besonders einschneidend waren die Reformen, die das Verhältnis Staat—Kirche betrafen (Josephinismus). Gegen seine antiständische und antiföderalistische Reformpolitik regte sich wachsender Widerstand, zuerst im Adel und in der Geistlichkeit. Nationale Erhebungen in Ungarn (1788—90) und in den österreichischen Niederlanden (1787) zwangen ihn kurz vor seinem Tod, die meisten seiner Reformen für diese Länder wieder aufzuheben.

Literatur:
L. Mikoletzky: Kaiser Joseph II. Herrscher zwischen den Zeiten (1979);
Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II., bearbeitet von K. Gutkas u. a.,
D. Beales: Joseph II., auf mehrere Bände berechnet (Cambridge 1987 folgende);
K. Gutkas: Kaiser Joseph II. (Wien 1989).
1790,
1791
Leopold II., Kaiser (seit 1790), als Lipót II. König von Ungarn (seit 1790), König von Böhmen (seit 1791), als Pietro Leopoldo (I.) Großherzog von Toskana (1765—90), * Wien 5. 5. 1747, † Wien 1. 3. 1792, dritter Sohn von Kaiser Franz I. und Maria Theresia (Taufname: Peter Leopold), Vater von Kaiser Franz II., folgte seinem Vater 1765 in der Toskana und 1790 seinem Bruder Joseph II. im Reich (Krönung: 9. 10.) und in den habsburgischen Erblanden, die er zerrüttet vorfand. Im aufklärerischen Sinn erzogen, hatte er die Toskana durch umfassende Reformen zu einem Musterland der Aufklärung gemacht. Als
Kaiser war er bemüht, den von seinem Bruder bekämpften ständischen, kirchlichen und nationalen Ansprüchen vorsichtig gerecht zu werden; dennoch beließ er die Substanz der theresianisch-josephinischen Reformen. Der Aufruhr in den Österreichen Niederlanden (Belgien) und in Ungarn wurde unterdrückt, durch die Konvention von Reichenbach (1790) ein Krieg mit Brandenburg-Preußen verhindert, der Krieg mit dem Osmanischen Reich durch den Frieden von Sistowa (Swischtow; 1791) beendet, die römische Kurie
durch eine zurückhaltende Kirchenpolitik in Österreich beschwichtigt. Die Französische Revolution begrüßte der von C. de Montesquieu konstitutionell beeinflusste Bruder Marie Antoinettes zunächst verhalten, erkannte aber bald die vom revolutionären Frankreich ausgehenden Gefahren und schloss (nach der Pillnitzer Konvention, 1791) mit König Friedrich Wilhelm II. von Preußen am 7. 2. 1792 ein Schutzbündnis. — Sein Verdienst ist die schnelle Sicherung der Monarchie.


Literatur:
A. Wandruszka: Leopold II., 2 Bände (Wien 1963—65);
H. Peham: Leopold II. Herrscher mit weiser Hand (Graz 1987).
1792
Franz II., war der letzte Kaiser (1792—1806) des Heiligen Römischen Reiches, als Franz I. 1804—35 Kaiser von Österreich, * Florenz 12. 2. 1768, † Wien 2. 3. 1835, Sohn Kaiser Leopolds II.. Kurz nach seiner Thronbesteigung erklärte Frankreich Österreich und 1793 auch Kaiser und Reich den Krieg. In den Koalitionskriegen, aus denen Brandenburg-Preußen nach dem Basler Frieden (5. 4. 1795) ausschied, musste Franz in den Friedensschlüssen so große Gebietsverluste hinnehmen, dass sich der österreichische Herrschaftsbereich auf Böhmen, Ungarn, Nieder- und Oberösterreich sowie Steiermark beschränkte. Er proklamierte am 11.8.1804 das alle Erblande zusammenfassende Kaisertum Österreich, um Rang- und Würdegleichheit mit Napoleon I. zu wahren. Angesichts der inneren Auflösung des Heiligen Römischen Reiches und der immer stärkeren Hinwendung von Reichsfürsten zu Frankreich, die im Rheinbund am 12. 7. 1806 einen Höhepunkt erreichte, legte Franz am 6. 8. 1806 die Römische Kaiserkrone nieder und erklärte die Römische Kaiserwürde für erloschen, um Napoleon keine Möglichkeit zu geben, sich dieser Würde zu bemächtigen. Nach den militärischen Niederlagen von 1809 und dem Frieden von Schönbrunn (14. 10. 1809 sowie der Ernennung K. W. Fürst von Metternichs zum Außenminister suchte Franz sich Napoleon zu nähern. Er stimmte 1810 der Verheiratung seiner ältesten Tochter Marie-Luise mit diesem zu (1. 4. 1810). Im russischen Feldzug 1812 nahm Franz eine vorsichtige, vermittelnde Haltung ein, zunächst in zurückhaltender Mitwirkung, dann auf der Grundlage einer bewaffneten Neutralität. Nach dem Scheitern der Vermittlungsversuche schloss er sich zunächst geheim (1813) der großen Allianz (Russland, England, Preußen, Österreich) an. Die Quadrupelallianz von Chaumont (1814) und die Viermächtekonvention von Wien (1815) bildeten seither die Grundlage der Politik, die auf dem Wiener Kongress 1814/15 festgelegt wurde ('Heilige Allianz'). — Franz hielt an den Grundsätzen der Erhaltung der legitimen politischen und sozialen Ordnung fest und folgte im Wesentlichen der politischen Linie seines Onkels Kaiser Joseph II., ohne aber dessen Bedeutung zu erlangen. Sein Beharren auf Tradiertem und seine Gleichsetzung von Reform mit Revolution führten unter der Ägide von Metternich zu einem sozialkonservativen System.


L iteratur:
W. Tritsch: Metternich und sein Monarch (1952);
M. Rauchensteiner: Kaiser Franz u. Erzherzog Carl (1972);
C. Hattenhauer: Wahl und Krönung Franz II. AD 1792 (1995).
1800-1850
Literarische, sprach- und geschichtswissenschaftliche Begründung des tschechischen Nationalbewußtseins.
02.12.1805
"Schlacht von Austerlitz"
Napoleon I besiegte in der DREI-KAISER-SCHLACHT bei Austerlitz (heute: Slavkov u Brna) östlich von Brünn das österreichisch-russische Heer. (siehe auch Greifendorf)
06.12.1805
Waffenstillstand von Znaim
26.12.1805
Frieden von Pressburg. Der 3. Koalitionskrieg endete mit dem österreichisch-französischen Frieden. Russland zog seine Truppen ab, blieb aber im Kriegszustand mit Frankreich. Auch Großbritannien setzte den Krieg fort.
Eine wichtige politische Folge des 3. Koalitionskrieges bestand in der Gründung des Rheinbundes unter dem Protektorat Napoleons (Rheinbundakte vom 12.7.1806), dessen Mitglieder sich an einem von Frankreich geführten Krieg mit Truppen und Geld beteiligen mussten.
Die anschließende Niederlegeung der deutschen Kaiser Würde durch Kaiser Franz II am 6.8.1806 besiegelte das Ende des römisch-deutschen Reiches.
1835-48
Ferdinand I., Kaiser (1835-48), * Wien 19. 4. 1793, † Prag 29. 6. 1875; war trotz seiner körperlichen Gebrechen und geistigen Schwäche aufgrund des Legitimitätsprinzips zur Thronfolge verpflichtet. Die Regierungsgeschäfte führte (auf Anweisungen Franz I. hin) die Staatskonferenz, die sich aus Erzherzog Ludwig, dem Onkel Ferdinands, sowie seinem Bruder Franz Carl, Staatskanzler K. Fürst von Metternich und dem Staatsminister F. A. Graf von Kolowrat-Liebensteinsky zusammensetzte. Differenzen v. a. zwischen den beiden Letzteren führten zur Stagnation Österreichs im Vormärz und veranlassten 1848 Ferdinand zu zahlreichen Zugeständnissen. Nach der erfolgreichen militärischen Niederschlagung der Revolution dankte Ferdinand am 2. 12. 1848 zugunsten seines Neffen Franz Joseph I. ab.
1847
Schaffung einer einheitlichen slowakischen Schriftsprache.
02.-27.5.1848
Prager Slawenkongreß und tschechischer Aufstandsversuch in Prag. Aufstand im
Revolutionsjahr 1848 von den Österreichern niedergeschlagen.

1848/49
Teilnahme slowakischer Freiwilliger an der Niederwerfung der Revolution in Ungarn.
1848,
1867

Franz Joseph I., Kaiser von Österreich (seit 1848) und König von Ungarn (seit 1867), * Schönbrunn (heute zu Wien) 18. 8. 1830, † Wien 21. 11. 1916, Neffe von Kaiser Ferdinand I. von Österreich, verheiratet am 24. 4. 1854 mit Elisabeth von Bayern, ab um 1889 enge Verbindung zur Schauspielerin Katharina Schratt (* 1855, † 1940); trat am 2. 12. 1848 nach der Abdankung seines Onkels die Regierung an (Annahme des Doppelnamens Franz Joseph). Unter dem Eindruck der Märzrevolution von 1848 sah Franz Joseph in der Wiederherstellung der Autorität der Zentralgewalt sowie in der Sicherung von deren unbeschränkter Gewalt eine seiner Hauptaufgaben. Beeinflusst von Franz Fürst zu Schwarzenberg, widerrief er die oktroyierte Verfassung vom 4. 3. 1849 am 31. 12. 1851 (Silvesterpatent); sie wurde ersetzt durch das System des neoabsolutistischen Zentrismus, das auch durch seine klerikale Kirchenpolitik seit 1852 die monarchische Vormachtstellung betonte. Das Festhalten an Tradiertem (u. a. Österreichs Vormachtstellung in Mitteleuropa) sowie der von dynastischen Interessen eingeschränkte staatsmännische Weitblick ließen Franz Joseph auf innen- und außenpolitischen Problemstellungen nur langsam reagieren. Österreichs internationale Isolierung im Krimkrieg 1853/54—56 sowie die Niederlage im Sardinisch-Französisch-Österreichischen Krieg (Magenta und Solferino 1859) resultierten zum Teil aus seinen persönlichen Fehleinschätzungen. Danach wandte sich Franz Joseph stärker konstitutionellen Formen zu (föderatives Oktoberdiplom vom 20. 10. 1860, liberalistisch-zentralistisches Februarpatent vom 26. 2. 1861, Dezember-Verfassung vom 21. 12. 1867). Die Niederlage im Deutschen Krieg 1866 (Königgrätz, 3. 7.) erzwang eine Verständigung mit Ungarn; auch unter dem Einfluss seiner Frau ließ er den Österreichisch-Ungarischen Ausgleich (1867) abschließen, der eine Realunion von Österreich und Ungarn schuf. In der Folge orientierte sich Franz Joseph an der zentralistischen Verfassung von 1861, ohne allerdings die heftigen Nationalitätenkämpfe, besonders ab 1893—97, überwinden zu können. Die von den Thronfolgern, Kronprinz Rudolf beziehungsweise (ab 1896) Erzherzog Franz Ferdinand, angestrebten Reformen lehnte er insgesamt ab. Grundlagen seiner Außenpolitik waren (nach 1866) Zweibund (1879) und Dreibund (1882), wobei er die wachsenden Spannungen mit Russland wegen der Balkanfrage (1878/1908) nicht erkannte. Seine Fehleinschätzung der Kräfteverhältnisse trug mit zu der Krisenkonstellation bei, die schließlich den Ersten Weltkrieg auslöste, wenn ihm auch kein entscheidender Anteil am Kriegsausbruch (Julikrise 1914) zukam. — Die Epoche von 1848 bis 1914—18 wird in Österreich auch als 'Franzisko-josephinische Ära' bezeichnet.


Literatur:
Briefe Franz Josephs an seine Mutter, herausgegeben von F. Schnürer (1930);
Briefe Kaiser Franz Josephs an Kaiserin Elisabeth 1859—1898, herausgegeben von G. Nostitz-Rienek (1966);
A. Novotny: Franz Joseph I. (1968)
A. Palmer: Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn (aus dem Englischen 1995);
S. Beller: Franz Joseph. Eine Biographie (1997).
E. C. Corti und H. Sokol: Kaiser Franz Joseph (Graz).

1850-1859
Rückkehr zu absolutistischen Regierungsformen in Österreich.

1861
Februarpatent; Boykott des Reichsrats in Wien durch die tschechische Politiker.
1866
Böhmen wird Hauptkampfgebiet im Deutschen Krieg.
03.07.1866
"Schlacht von Königgrätz" Die preußischen Truppen besiegen die österreischischen Truppen.
23.08.1866
Österreich muss der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen. Unter Preußens Führung wurde der Norddeutsche Bund begründet, der mit den übrigen süddeutschen Staaten Schutz- und Trutzbündnisse schloß.
Die Länder der böhmischen Krone waren vom frühen Mittelalter bis zum Ende des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation im Jahre 1806 fester Bestandteil des Reiches. Die böhmischen Könige hatte die Würde eines deutschen Kurfürsten. Böhmen gehörte bis 1866 zum Deutschen Bund. Mit dem Ausschluß der Östereichischen Lande aus dem Deutschen Bund und der bald folgenden (kleindeutschen) Reichsgründung am 18. Januar 1871 wurden die alten Bande Böhmens zu Deutschland zerschlagen.
1867
Umwandlung des Habsburgerreiches "Österreich" in die "Österreichisch-Ungarische Doppelmonarchie", begrenzte politische Freiheiten.
1871
Ablehnung der böhmischen Autonomieforderungen durch die Wiener Regierung.
1878
Gründung der Tschechischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei.
1880
Deutsch und Tschechisch werden als gleichberechtigte Amtssprachen grundsätzlich anerkannt.
1883
Tschechische Mehrheit im böhmischen Landtag
1905
Deutsch-tschechischer Ausgleich in Mähren.
1907
Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts in den böhmischen Ländern.

1914

Franz Ferdinand, Erzherzog, * Graz 18. 12. 1863, † (ermordet) Sarajevo 28. 6. 1914, Sohn von Erzherzog Karl Ludwig, wurde nach dem Tod des Kronprinzen Rudolf (1889) und seines Vaters (1896) Thronfolger. Seit 1900 steigerte sich sein politischer Einfluss, besonders nachdem er 1898 Stellvertreter des Kaisers im Obersten Kommando und 1913 Generalinspektor der Armee geworden war. In General F. Conrad von Hötzendorf fand er einen sachlich kompetenten Berater, mit dem er aber politisch v. a. in der Frage eines Präventivkriegs, der für Franz Ferdinand das Ende der österreichischen Monarchie bedeutete, nicht immer harmonierte. In anderen Zweigen der Staatsverwaltung war sein Einfluss beschränkt, seine politischen Ambitionen ließen aber den Sitz der Militärkanzlei zu einer informellen Nebenregierung werden. Gestützt auf diesen Belvederekreis trat Franz Ferdinand nachdrücklich für die Erhaltung der Großmachtstellung der Monarchie ein ('Großösterreichische Idee') und wandte sich gegen alle sprengenden Kräfte, besonders gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen des magyarischen Adels. Um dessen Herrschaft zu brechen und die ungarischen Nationalitäten bei der Monarchie zu halten, dachte er an die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Ungarn und an einen bundesstaatlichen Umbau der Monarchie (Trialismus). In der auswärtigen Politik war er ein Anhänger des Dreikaiserbündnisses. Er befürwortete, allerdings mit manchen Schwankungen, eine friedliche Lösung der südslawischen Frage. Franz Ferdinand war seit 1900 mit Sophie Gräfin Chotek in morganatischer Ehe verheiratet. Seine Ermordung durch serbische Nationalisten ('Schwarze Hand') war der äußere Anlass zum Ersten Weltkrieg.

Literatur:
E. Franzel: Franz Ferdinand d'Este (Wien 1964);
M. Polatschek: Franz Ferdinand. Europas verlorene Hoffnung (Wien1989);
F. Weissensteiner: Franz Ferdinand. Der verhinderte Herrscher (Neuausgabe 1994)
1914-1918
Teilnahme tschechischer und slowakischer Soldaten am Ersten Weltkrieg sowohl in der österreichischen Armee als auch auf der Seite der Entente (Frankreich, Italien, Rußland).
1914
Tomas G. Masaryk emigriert nach Westeuropa. Gründung des Tschechischen Nationalrats in Paris.
1916

Karl I., Kaiser von Österreich, als König von Ungarn Karl IV., ungarisch Károly IV., * Persenbeug (Niederösterreich) 17. 8. 1887, † Funchal (Madeira) 1. 4. 1922; Großneffe Kaiser Franz Josephs I., seit 21. 10. 1911 mit Zita von Bourbon-Parma, durch den Tod seines Onkels Franz Ferdinand (Sarajewo, 1914) Thronfolger, bestieg am 21. 12. 1916 den Thron. Er erstrebte einen Verständigungsfrieden und knüpfte im Frühjahr 1917 durch seinen Schwager, den Prinzen Sixtus von Bourbon-Parma, geheime
Verhandlungen mit Frankreich an. Die daraus entstehende Zita von Sixtus-Affäre erschütterte sein innenpolitisches Ansehen und verschlechterte das Verhältnis zum Deutschen Reich. Unsicher in der Nationalitätenfrage, wich Karl entscheidenden Reformen aus.
Sein Völkermanifest vom 16. 10. 1918 zur föderativen Umgestaltung der Monarchie, von der der ungarischen Reichsteil jedoch ausgenommen war, kam zu spät und beschleunigte den Zerfall des Staates. Am 11. 11. 1918 verzichtete er unter dem Druck der Revolution auf die Ausübung der Regierung in Österreich, am 13. 11. 1918 in Ungarn, ohne formell abzudanken. Nach zwei vergeblichen Versuchen, die Monarchie in Ungarn wieder herzustellen (März und Oktober 1921), wurde er von der Entente nach Madeira verbannt.

1918
Vertrag von Pittsburgh über die Schaffung eines tschechoslowakischen Staates am 30. Mai 1918. Masaryk proklamiert in Washington die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei am 18. Oktober, Ausrufung der Tschechoslowakischen Republik (CSR) in Prag am 28. Oktober 1918, Proklamation der Republik und Wahl Masaryks zum Staatspräsidenten am 14. November 1918. Dr. Tomáš Garrigue Masaryk Staatspräsident (bis 1935).
1918/19
Besetzung des Sudetenlandes durch tschechisches Militär (November/Dezember), Zusammenstöße zwischen Deutschen und Tschechen im Sudetengebiet (März/April), Kämpfe mit Truppen der ungarischen Räterepublik (April/Mai).
Einverleibung der deutschen Gebiete in die neugegründete Republik Tschechoslowakei. Kein Minderheitenschutz, keine Autonomie für die Deutschen als zweitstärkste Volksgruppe.
10.09.1919
Friedensvertrag von St. Germain.
Auf der Friedenskonferenz von St. Germain — die Vertreter Österreich-Ungarns waren von den Verhandlungen ausgeschlossen — überwand Dr. Benesch die Vorbehalte der Siegermächte, insbesondere der USA und Großbritanniens, gegen die ethnische Vielfalt der vorgesehenen Tschechoslowakischen Republik — 1919: 48,5 % Tschechen, 27, 5 % Deutsche, 14,9 % Slowaken, 6 % Ungarn, Rutenen etc. — mit einer 9 punkte umfassenden offiziellen Note vom vom 20. Mai 1919. In Ziffer 1 dieser Note hieß es: Es ist die Absicht der tschechoslowakischen Regierung, bei der Organisation das Staates als Grundlange der nationalen Rechte die in der verfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft zur durchführung gelangten Grundsätze anzunehmen, d.h. aus der tschechoslowakischen Republik eine Art von Schweiz zu machen, wobei sie natürlich die besonderen Verhältnisse in Böhmen in Betracht zieht.”
29.02.1920
Annahme der endgültigen Verfassung in der Nationalversammlung (29. Februar). Zentralistische Verfassung im Zeichen des Tschechoslowakismus.
1920/21
Bündnisverträge mit Jugoslawien und Rumänien ("Kleine Entente").
1922/23
Wirtschaftskrise.
1924
Bündnisvertrag mit Frankreich.

1925-1927
Konflikt mit dem Vatikan.
1927
Wiederwahl Masaryks.
1932-1935
Wirtschaftskrise.
1933
Selbstauflösung der DNSAP; Gründung der Sudetendeutschen Heimatfront unter Führung von Konrad Henlein.
1934
Diplomatische Anerkennung der Sowjetunion. Wiederwahl Masaryks.
1935
Umwandlung der Sudetendeutschen Heimatfront auf tschechischem Druck zur Sudetendeutschen Partei (SdP). Defensivbündnis mit der Sowjetunion. Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten Masaryk wird Edvard Benes (bis 5. Okt. 1938). .
1938
Anschluß der bürgerlichen deutschen Parteien an die SdP (März), Programm der SdP von Karlsbad (24. April), Mobilisierung der tschechischen Armee (Mai). Münchner Abkommen (29. September), Abtretung der von Deutschen besiedelten Grenzgebiete (deutscher Einmarsch
in das Sudetenland am 1. Okt.). Polen annektiert Teschen (2. Oktober).
Die 20-jährige tschechische Verwaltung über die sudetendeutschen Gebiete wird beendet.
1939

Unabhängigkeitserklärung der Slowakei (14. März), Hácha unterzeichnet in Berlin den Vertrag über die Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren, Einmarsch deutscher Truppen in die
"Rest-Tschechei"(15. März); am Folgetag Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren.

1940
Anerkennung der von Benes in London gebildeten Exilregierung durch Großbritannien.
1941
Verurteilung des Ministerpräsidenten der tschechischen Protektoratsregierung General Alois Eliá wegen Hochverrats zum Tode (l. Oktober; Hinrichtung 19. Juni 1942).
1942
Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Heydrich (27. Mai), Zerstörung des Dorfes Lidice (10. Juni).
1943
Freundschaftsvertrag zwischen der tschechoslowakischen Exilstaatsführung unter
Beneš und der UdSSR (12. Dezember).
1944
Aufstand in der Slowakei (August bis Oktober).
1945
Besetzung Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens durch Truppen der USA und der Sowjetunion (April/Mai), Machtübernahme durch die Regierung Fierlinger in Prag, Verstaatlichung der Wirtschaft.
1945-1947
Vertreibung von 3,5 Millionen Sudeten- und Karpatendeutschen.
1946
Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung (25. Mai), Bestätigung Benes als Staatspräsident (19. Juni), Erste Parlamentswahlen in der Nachkriegszeit: KP in Böhmen und Mähren stärkste Kraft (40,2 % der Stimmen); Klement Gottwald (KP) Regierungschef der Tschechoslowakei (3. Juli).
1946
In München wird die Ackermann-Gemeinde gegründet. Ihre Mitglieder sind Vertriebene, die in der Heimat in der katholischen Jugend-, Volks- und Arbeiterbewegung tätig waren.
1947
Gründung der Seliger-Gemeinde. Aufgabe: Wahrung und Mehrung des Vermächtnisses der sudetendeutschen Arbeiterbewegung.
Gründung des Witiko-Bundes. Aufgabe: Dienst an der sudetendeutschen Volksgruppe.
25.10.1947
Gründung des Adalbert-Stifter-Vereins. Aufgabe: Betreuung der Kulturberufe und Wahrung der kulturellen Güter der Sudetendeutschen.
29./30.11.1947
Gründung des Arbeitsausschusses zur Wahrung sudetendeutscher Interessen als zentrale außenpolitische Institution des Sudetendeutschtums.
1948
Bürgerliche Minister verlassen Regierung (20. Febr.); Kabinettsneubildung (25. Febr.) öffnet Weg zu
kommunistischer Dominanz (7.6.) Rücktritt von Beneš als Staatspräsident;
Gottwald am 14. Juni dessen Nachfolger; Beneš stirbt am 3. Sept.

30.11.1949
Eichstätter Erklärung. 17 sudetendeutsche Männer des öffentlichen Lebens erklären die Grundsätze einer sudetendeutschen Europa-Politik. Es wird auch die Herstellung eines tragbaren Verhältnisses zwischen Deutschland und seinen westslawischen Nachbarn gefordert.
23.01.1950
Nach einer Anordnung des Bundesinnenministeriums in Bonn ist für die sudetendeutschen Gebiete die Bezeichnung Sudetenland zu gebrauchen.
24./25.1.1950
Gründung der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), nach dem bereits seit dem 29.8.1947 ein bayerischer Landesverband bestanden hatte, an dessen Spitze Dr. Rudolf Lodgman von Auen stand. Als Sprecher der SL wirkt Lodgman bis 1959. Von 1952-1954 leitet er auch den Verband der ostdeutschen Landsmannschaften. In der Detmolder Erklärung der SL wurde 1950 das "Grundgesetz" der SL verkündet.
14.07.1950
Der Deutsche Bundestag nimmt Stellung zum Prager Abkommen zwischen der ÖSR und der DDR. In diesem Zusammenhang wird auch von den "in die Obhut der Deutschen Bundesrepublik gegebenen Deutschen aus der Tschechoslowakei" gesprochen (Obhutserklärung).
04.08.1950
Wiesbadener Abkommen zwischen dem Tschechischen Nationalausschuß (General Lev Prchala) und der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen (Lodgman von Auen). Auf diesem Abkommen beruht die Gründung des Sudetendeutsch-Tschechischen Föderativausschusses am 15.12.1951.
05.08.1950
Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Sie erklärt den Verzicht auf Rache und Vergeltung, fordert das Selbstbestimmungsrecht als eines der Grundrechte der Menschheit und bekundet den Willen zur friedlichen Errichtung eines freien und geeinten Europa.
Oktober 1950
Behandlung der Sudetendeutschen Frage auf der Weltkonferenz für moralische Aufrüstung in Caux.
04.11.1950
Unterzeichnung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Konstituierung der Historischen Kommission der Sudetenländer und des Collegium Carolinum.
1952
Die "Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen" werden an die "Kommission für Menschenrechte" bei der UNO übersandt.
1953
Tod Gottwalds; Antonín Zapotocký am 21. März. Staatsoberhaupt, nach dessen Tod (13. Nov.
1957) Antonín Novotný (KP-Chef als Nachfolger Gottwalds seit 1953)
1953
Gründung der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich.
28.01.1954
Die Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen stellt fest: Bei der Austreibung der Sudetendeutschen sind über 300000 Personen umgekommen. Es leben noch etwa 3 Millionen Sudetendeutsche, davon 1,9 Millionen in der Bundesrepublik Deutschland.
05.06.1954
Bayern übernimmt die Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe. Die Sudetendeutschen werden als der vierte Stamm Bayerns bezeichnet.
1955
Gründung des Sudetendeutschen Archivs in München.
1958
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft stiftet den Europäischen Karlspreis.
11.07.1960
Neue Verfassung macht das Land zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (CSSR)
23.1.1961
In der Bergneustädter Erklärung der SPD zur Sudetenfrage wird festgestellt: Die Vertreibung war widerrechtlich; es ist Wiedergutmachung zu leisten. Das Recht auf die Heimat und der Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker müssen verwirklicht werden. Die Entnationalisierung der heute noch in der SSR zurückgehaltenen Deutschen widerspricht den Grundsätzen eines Volksgruppenrechts.
1968
Dr. Alexander Dubcek wird KP-Chef (5.1.); Reformbewegung "Prager Frühling" (Aktionsprogramm der KP vom 5. April); General Ludvík Svoboda wird Staatspräsident (22.3.); Einmarsch von Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten (außer Rumänien) zur Zerschlagung des Reformprozesses (20./21.8.); Letzte nichtsowjetische Truppen verlassen die CSSR (12.11.); ca. 70.000 Sowjetsoldaten bleiben im Land.
1969
CSSR wird Föderation aus der Tschechischen und der Slowakischen Sozialistischen Republik (1.1.); Dr. Gustáv Husák wird KP-Chef (17.4.)
27.7.1970
Mit Gesetz des Freistaates Bayern wird die Sudetendeutsche Stiftung als Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet. Vorsitzender ist der bayerische Ministerpräsident Dr. Strauß, sein Stellvertreter ist Staatsminister Dr. Hillermaier, Vorsitzender des Vorstands ist Dr. Wittmann MdB. Zweck der Stiftung: Pflege des sudetendeutschen Kulturgutes, Unterstützung der bayerischen Staatsregierung bei der Ausübung der Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe, die zur Verfügung stehenden Vermögensgegenstände zu nutzen und zu verwalten, Einrichtungen mit Beziehung zur sudetendeutschen Volksgruppe zu betreuen.
14.7. 1973
Rechtsverwahrung des Sudetendeutschen Rates zum paraphierten Vertrag über die gegenseitigem Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik.
12.12.1973
Vertrag über die Normalisierung der Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland; Aufnahme diplomatischer Beziehungen
24.3.1974
Beschluß der bayerischen Staatsregierung über die Errichtung eines Sudetendeutschen Zentrums durch die Sudetendeutsche Stiftung. Es soll für die Sudetendeutschen, die Gemeinschaft des vierten bayerischen Stammes, ein Stück Heimat sein und dazu beitragen, die Identität der Sudetendeutschen auch für künftige Generationen zu erhalten.
1975
Husák wird Staatspräsident
01.01.1977
Gründung der Oppositionsgruppe Charta 77 (u. a. Teilnahme des Dramatikers Václav Havel; er und weitere Charta-Vertreter erhalten am 23. Okt. 1979 mehrjährige Haftstrafen)
1979
Die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste tritt in Regensburg an die Öffentlichkeit.
17.12.1987
Miloš Jakeš wird KP-Chef (bis 24. Nov. 1989)
1989 (21.2.) Prozess gegen Havel und acht Mitangeklagte; Havel erhält neun (später acht) Monate Haft (vorzeitige Freilassung am 17. Mai).
(30.9.) Beginn der Ausreise tausender DDR-Bürger, die in der bundesdeutschen Botschaft in Prag Zuflucht gesucht hatten
(17.11.) Polizeieinsatz gegen Demonstration in Prag (50.000 Teilnehmer) löst tagelange
Massenproteste im ganzen Land aus
(19.11.) Bildung des Bürgerforums (OF) unter Leitung Havels
(29.11.) Tschechoslowakisches Parlament streicht Führungsanspruch der KP aus der Verfassung
(1.12.) KP distanziert sich von der militärischen Intervention 1968
(10.12.) Neues Kabinett unter Marián Calfa (KP-Austritt am 18. Jan. 1990 bestätigt); Kommunisten erstmals seit 40 Jahren in der Minderheit; Staatspräsident Husák tritt zurück
(29.12.) Havel vom tschechoslowakischen Parlament als erster Nichtkommunist seit 1948 zum
Staatspräsidenten gewählt
1990
(2.1.) Havel besucht beide deutsche Staaten
(15.1.) Verhandlungen über sowjetischen Truppenabzug aus der Tschechoslowakei beginnen
(30.1.) KP verliert nach 41 Jahren Sitzmehrheit im tschechoslowakischen Parlament
(6.2.) Dr. Petr Pithart (OF) tschechischer Regierungschef
(29.3.) Umbenennung der CSSR in Tschechoslowakische Föderative Republik (CSFR), am 29. April in Tschechische und Slowakische Föderative Republik (Abkürzung jeweils CSFR); der
tschechische Landesteil nennt sich schon seit Monatsanfang Tschechische Republik
(21.4.) Papst Johannes Paul II. besucht als erstes Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche die Tschechoslowakei; nach Polen ist es das zweite Land im ehem. Ostblock, das er besucht (erneute Visiten 1995 und 1997)
(29.5.) Grenzzaun zur Bundesrepublik Deutschland ist abgebaut; ab 1. Juli pass- und visumfreier
Personenverkehr
(8./9.6.) Pluralistische Parlamentswahlen auf der Ebene des Gesamtstaates und der Teilrepubliken; das OF erhält bei den tschechischen Wahlen 49,5 % der Stimmen und 127 von 200 Sitzen; Wahlbeteiligung landesweit bei 96 % (5.7.) Wiederwahl von Staatspräsident Havel durch das tschechoslowakische Parlament für zwei Jahre
1993
(1.1.) Auflösung der Tschechoslowakei in Kraft; Tschechische Republik und Slowakei sind nun
unabhängige Staaten
(26.1.) Havel vom tschechischen Parlament zum Staatspräsidenten gewählt; Amtsantritt: 2.
Febr.
(8.2.) Tschechisch-slowakische Währungsunion aufgelöst
(22.7.) Staatspräsident Havel unterzeichnet Gesetz über "Unrechtmäßigkeit des Kommunismus", das die Regierungsweise in der Zeit 1948-1989 als "verbrecherisch und illegitim" einstuft
21.01.1997
Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung
29.02.2004
Entschließung der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft zum Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und zu der europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft
01.05.2004
Tschechien ist zusammen mit neun weiteren Ländern neues EU-Mitglied
24.08.2005
Prag entschuldigt sich bei deutschen Antifaschisten

60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich Tschechien erstmals bei der deutschen Minderheit für die bisher ausgebliebene Würdigung ihrer Widerstandskämpfer entschuldigt. Zu dieser humanitären Geste sei Prag auch durch die versöhnliche Außenpolitik der rot-grünen Bundesregierung ermutigt worden, dagte Außenminister Cyril Svoboda. Die Ehrung der damaligen Antifaschisten in einer offiziellen Regierungserklärung sei ein Zeichen, dass Tschechien zur Selbstreflexion fähig sei. Viele der meist sudetendeutschen Widerstandskämpfer hatten die Tschechoslowakei später wegen der allgemein deutschfeindlichen Atmosphäre verlassen. Um heute nicht neue Ungerechtigkeiten zu schaffen, habe man auf individuelle Entschädigungszahlungen an Deutsche verzichtet, sagte Ministerpräsident Jiri Paroubek. Die Regierung stelle aber eine Million Euro für die Dokumentation von Einzelschicksalen zur Verfügung. Die Entschuldigung sei keine Neubewertung der Nachkriegsergebnisse, unterstrich Paroubek. Das gelte insbesondere für die umstrittenen Benes-Dekrete.

Nach 1945 wurden nach dem Prinzip der Kollektivschuld alle Sudetendeutschen, auch Sozialdemokraten und Kommunisten, vertrieben. Auch jene Antifaschisten, die in der Tschechoslowakei bleiben durften, wurden auf Grundlage der Benesˇ-Dekrete diskriminiert.

 

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